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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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da kann ihr gar nichts Schlimmes zugestoßen sein. Eila, hörst du mich? Eila, rede!«
    »Ja«, hörte sie sich sagen. Sie konnte sprechen, obwohl ihre Oberlippe schmerzhaft geschwollen war und der Kopf sich anfühlte, als sei er mit spitzen Steinen gefüllt.
    »Dann schau mich an! Schau mich an, Eila!«
    Sie strengte sich an, dieser Aufforderung zu folgen, öffnete die Lider einen winzigen Spalt. Sah erst etwas Blaues, dann etwas Blondes.
    Michael?
    War der Erzengel vom Himmel gekommen, um sie zu erretten? Es musste so sein, denn er wusste ja ihren Namen.
    »Michael«, murmelte sie. »Michael!«
    »Sie scheint zu fantasieren. Vielleicht ist sie doch schwerer verletzt.« Die Stimme klang besorgt. »Eila, schau mich an! Ich weiß, du kannst es. Sei ein braves Mädchen und versuch es noch einmal!«
    Unter größter Anstrengung schlug sie die Augen auf.
    Es war nicht der Erzengel, der sich zu ihr herunterbeugte – es war Sigmar.
    Die Verblüffung, ihm unter diesen Umständen wieder zu begegnen, war so übermächtig, dass sie die Lider schnell wieder zufallen ließ.
    »Nichts da! Hier bleiben – nicht gleich wieder wegsinken!« Er rüttelte sie überraschend sanft und begann, ihre Wangen leicht zu klopfen. »Du musst wach bleiben, Eila! Das ist jetzt wichtig. Kannst du dich bewegen? Versuch es, mir zuliebe!«
    Ihre Beine waren schwer wie Blei, und als sie ihre Lage nur geringfügig veränderte, fühlte sie links in ihrem Brustkorb einen Stich, als würde eine Messerspitze in ihr wühlen.
    »Meine Seite!«, sagte sie mühsam beherrscht. »Links!«
    »Das sind bestimmt die Rippen«, hörte sie einen der anderen jungen Männer sagen. Dass es mit Sigmar drei waren, hatte sie trotz ihrer Schmerzen bereits mitbekommen. »Ist mir auch passiert, im letzten Herbst, als ich beim Lanzenstechen unsanft vom Pferd gehoben wurde. Tut leidig weh und dauert ein paar Wochen, wird aber wieder.«
    »Was ist geschehen?« Immer noch versuchte Eila, klar im Kopf zu werden. Der Regen hatte ausgesetzt, aber sie hörte den Sturm wütend heulen. Sie zitterte. Ihr war so kalt, als könne sie jeden Moment am Boden festfrieren. »Wo ist Blasi? Ist er …«
    »Eine Bärenfalle«, sagte Sigmar. »Eine Unart, die in den Wäldern immer mehr um sich greift. Blieb uns nichts anderes übrig, als ihn zu erlösen.«
    Sie wollte den Kopf nach dem Pferd wenden. Blasi hatte den Stall nicht verlassen wollen. Sie hatte ihn gezwungen. War sie jetzt schuld an seinem Tod?
    »Das würde ich an deiner Stelle lieber bleiben lassen.« Eine schnelle Bewegung Sigmars hinderte Eila an dem Anblick. »Sieht nicht schön aus, aber es ging wenigstens schnell. Vorausgesetzt, man hat so scharfe Messer wie wir.« Jetzt klang er beinahe wieder so wie damals, hochfahrend und selbstverliebt.
    Inzwischen konnte sie wieder so klar denken, dass nach und nach alles zurück in ihr Gedächtnis strömte.
    Die Prinzenhochzeit! Sie hatten getanzt und gelacht und getrunken. Später dann im Zelt hatte sie zugelassen, dass Sigmar ihre Brüste berührte und ihre Röcke hochschob, bis sie …
    Jetzt stand alles wieder so lebendig vor ihr, als wäre es erst gestern geschehen. Ihr Körper fühlte sich zwar noch immer eisig an, ihr Gesicht jedoch begann zu glühen.
    »Leg deine Arme um meinen Hals!«, befahl Sigmar. Ahnte er, was gerade in ihr vorging? Etwas machte ihr die Kehle eng. Wieso war nicht der Erzengel Michael herabgestiegen, um ihr zu helfen? Weshalb musste es ausgerechnet Sigmar sein, der sie so sehr in Verlegenheit bringen konnte? »Wenn wir uns beeilen, sind wir bald im Stift. Dort wird man dich besser versorgen können.«
    »Behalt gefälligst deine Hände bei dir«, fuhr sie ihn an, »sonst kannst du was erleben!«
    »Und wie soll ich dich dann nach oben hieven?«
    Eila gab ein hilfloses Knurren von sich.
    »Immer erst mal schön kratzbürstig sein, sogar wenn man in der Klemme sitzt. Ja, so kenne ich dich. Sieht ganz so aus, als hättest du dich kein bisschen verändert.« Sigmar grinste, als er unter sie langte und sie sich nicht dagegen wehren konnte. »Doch, schwerer bist du geworden. He, Tankred und Jost, wollt ihr mir nicht endlich zu Hilfe kommen? Waffenbrüder helfen sich gegenseitig, schon vergessen?«
    Gemeinschaftlich hoben sie die Verletzte aus der Falle. Sie konnte stehen, aber nicht aus eigener Kraft und nur unter stechenden Schmerzen, die sie kurzatmig und hilflos machten.
    »Jetzt müssen wir sie nur noch auf ein Pferd bekommen. Und das wird nicht ganz einfach sein.

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