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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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heimlich Reusin angetatscht? Ich will die Wahrheit hören. Du weißt, ich krieg sie ohnehin heraus.«
    Heftiges Kopfschütteln.
    »Du hast dich von ihr fern gehalten, wie ich es dir gesagt habe – und er hat dich trotzdem angegriffen?«
    Heftiges Nicken.
    »Weil er den Bauch voller Metzelsuppe und Bier hatte? War Jon betrunken?«
    Andres zuckte die Achseln, deutete auf seinen zungenlosen Mund.
    »Weil du stumm bist, dich nicht mit Worten wehren kannst und er gar keinen Grund braucht, um einen wie dich niederzumachen?«
    Andres schloss resigniert die Augen.
    »Dann werde ich dafür sorgen, dass das endlich aufhört.« Lando ordnete seinen Lederumhang und ging zur Tür. In einer Ecke stand das Gezähe; im Vorbeigehen packte er sein Eisen und nahm es mit.
    Es waren nicht mehr als eine Hand voll Männer, die er noch um das Feuer versammelt fand. Die meisten hatte die kalte Nacht schon zurück in die Katen getrieben, und auch Jon war nirgends zu sehen. Dann jedoch erschien er plötzlich, mit fettglänzendem Mund, als habe er sich erst gerade neu gestärkt, einen Arm besitzergreifend um Reusin gelegt. Sie hatte ihr Haar gelöst, das nun dicht und dunkel bis zu den Hüften fiel, und obwohl Lando sie nie zuvor begehrt hatte, spürte er, wie es ihm heiß in die Lenden schoss. Plötzlich wusste er genau, wie Andres sich fühlen musste, der Junge mit dem Zungenstumpf, der Mann, der bis zu seinem Ende niemals mehr Koseworte in ein weibliches Ohr flüstern würde.
    »Da will uns wohl jemand Gesellschaft leisten«, sagte Jon, »obwohl er weiß, dass wir uns nichts daraus machen.«
    »Du hast Andres den Vorderzahn ausgeschlagen«, sagte Lando mit einer kalten Ruhe, die das Eisen in seiner Hand ihm verlieh. »Du rührst ihn mir nicht wieder an. Nie mehr!«
    »Wer sagt das?« Jon gab Reusin einen kleinen Stoß.
    »Verzieh dich besser, Liebchen!«, sagte er. »Könnte ziemlich ungemütlich werden.«
    Sie gehorchte sofort.
    Dann fuhr er schnell zu Lando herum. »Du?«
    »Ja, ich.«
    Jon lachte, aber es klang dünn und verklang rasch. »Muss ich jetzt Angst bekommen?« Er begann übertrieben zu zittern, ließ es aber schnell wieder bleiben. Ohne sein gewohntes Publikum machte alles offenbar weniger Spaß, und die paar Männer, die sich vorhin noch am Feuer gewärmt hatten, hatte inzwischen die Dunkelheit verschluckt.
    »Lass Andres in Frieden – ein für alle Mal!«
    »Mit dem Idioten mache ich, was immer ich will. Und daran wird niemand mich hindern. Wieso mischst du dich überhaupt ein? Ist er vielleicht dein Bruder? Oder dein Kind?« Jon bückte sich, hob einen Stein auf und wog ihn in seiner Hand. »Ihr seid doch beide nichts als verlorene Seelen, um die keiner eine Träne vergießen würde. Und jetzt verzieh dich! Aus dem Weg, sag ich.«
    Lando stand wie angewurzelt.
    »Du wirst Andres nie wieder anrühren«, wiederholte er, da traf ihn Jons Stein an der Schläfe. Der Schmerz fuhr wie ein Blitz durch seinen Kopf, er schwankte, fiel aber nicht.
    »Der erste Streich«, hörte er den anderen sagen. »Hängt ganz von dir ab, wie viele es werden sollen.«
    Undeutlich sah er, wie Jon einen brennenden Ast ergriff und langsam näher kam. Wollte er ihn anzünden? Aber Jon war nicht der Herr über das Feuer. Das waren Algin, sein Vater, und er, als sein Nachfolger.
    Landos Hand schloss sich fester um das Gezähe, und als Jon nah genug war, holte er aus und schlug zu. Feuer brannte vor seinen Augen, in seinem Kopf, die Flammen züngelten hoch und immer höher, als wollten sie ihn verschlingen.
    Er war blind, konnte nichts mehr sehen.
    Das Eisen in seiner Hand fühlte sich an wie eine glühende Schlange, die sich in seine Hand fraß. Mit einem Schmerzenslaut ließ er es fallen. Der Körper vor ihm am Boden war eine dunkle, reglose Masse, aus der etwas rann.
    Er hörte das Knistern des Feuers, den Wind, der die kahlen Äste beutelte.
    Dann begann eine Frau gellend zu schreien.

MARTININACHT 950 GANDERSHEIM
    In banger Erwartung waren sie hinunter zur Quelle gestiegen, hatten sich fröstelnd ihrer Kleider entledigt und waren schließlich kurz untergetaucht. Blitzschnell kamen sie wieder nach oben, mit vor Kälte glasigen Augen, und warfen sich die rauen Mönchskutten über, die schon für sie bereitlagen.
    »Eure Leiber habt ihr im lebendigen Born gereinigt; nun steht die Reinigung eurer Seelen an.« Pater Johannes beobachtete mitleidlos, wie die drei vor Kälte klapperten. »Diese Nacht seid ihr namenlose Büßer, bevor ihr morgen zu Rittern

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