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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Aber angehende Ritter wie wir schaffen das!«
    »Ihr drei wollt die Knappen für die Schwertleite sein, die wir erwarten?« Auf einmal war Eila bewusst, weshalb die jungen Männer im Wald auf sie gestoßen sein mussten.
    Sigmars Augen funkelten. »Und du etwa eine der frommen Schwestern, die für unser Seelenheil beten sollen?«, gab er frech zurück.

MARTININACHT 950 AM RAMMELSBERG
    Als er in den Schweinekoben kam, war es schon vorbei. Andres lag da, regte sich nicht mehr. Lando kniete sich neben ihn, ohne auf Jauche und Dreck zu achten, und leuchtete mit einem Kienspan in sein Gesicht. Auf dem linken Auge hatte Andres ein dickes Veilchen; Blut sickerte aus seinem Mund.
    Lando legte das Ohr an Andres’ Brust, hörte knappes, keuchendes Atmen.
    »Wach auf!« Lando begann ihn zu rütteln. »Du musst hier raus – und zwar schnell!«
    Andres schlug die Augen auf, begann zu würgen und zu husten und spuckte schließlich einen Zahn aus. Lando gelang es, den Jungen auf die Füße zu bekommen, doch der Verletzte schwankte, lehnte sich schwer an ihn.
    »Schling deine Arme um meinen Hals! Fester, Andres!«
    Lando zog ihn mehr, als dass er ihn führte, aber schließlich schafften sie auf diese Weise doch den Weg zu ihrer Hütte. Dort ließ Andres sich auf das Lager fallen, bohrte den Kopf in das Stroh und begann zu weinen.
    »Reusin?«, fragte Lando.
    Sie und Sepha hatten die große dampfende Schüssel aus der Küche gebracht, worauf der Geruch nach Schwarte, Blut und Fett den Raum erfüllte. Alle stürzten sich auf die Metzelsuppe, versuchten mit ihrem Holzlöffel das Beste rauszufischen – Rüssel, Ohren, Bäckchen, Füße, Schwanz. Erst waren noch ein paar Scherze über die Sau zu hören, die noch im Morgengrauen gequiekt hatte, bevor man sie abgestochen hatte, dann gab es nur noch Schlürfen, Kauen und Schlucken.
    Lando hatte schnell der Appetit verlassen. Es lag ihm nicht, sich mit den anderen um ein Stück Schwein zu schlagen, da lehnte er sich lieber zurück und sah zu, wie ihnen der Schweiß auf die Stirn trat, wie die Zähne mahlten, die Adamsäpfel tanzten. Er war schon dabei wegzudösen, da machte ihn ein Rempler wieder wach. Andres hielt ihm seinen Löffel vor die Nase, auf dem ein dickes Fleischstück schwamm.
    »Iss selber!« Lando schüttelte den Kopf. »Bis Weihnachten wirst du kein Fleisch mehr zwischen die Zähne bekommen.«
    Draußen hatten einige Montani schon den Holzstoß für das Martinsfeuer aufgeschichtet, das die bösen Geister und Dämonen vertreiben sollte. Jetzt standen wieder die langen, dunklen Nächte bevor; eine halbe Ewigkeit machte das Licht sich nun rar, bis es im Frühling endlich zurückkehren würde.
    Ein plötzliches Frösteln überfiel Lando bei diesem Gedanken, und er sehnte sich nach früheren Zeiten zurück. In Algins Schmiede hatte das Feuer jeglicher Kälte getrotzt, und manchmal war es ihm als Kind erschienen, als sei der Vater nicht nur Hüter des Feuers, sondern auch der heimliche Herrscher über die Jahreszeiten.
    Er durfte sich nicht beklagen. An Nässe und Kälte war er inzwischen gewöhnt. Was sollten erst die Bergleute sagen, die unter Lebensgefahr jeden Tag aufs Neue in den dunklen Schoß der Erde kriechen mussten, um Erz zu schlagen? Der Berg frisst die, die ihn seiner Schätze berauben, hatte sein Vater immer wieder gesagt. Er nimmt sich an Menschenleben zurück, was man ihm an Silber und Eisen stiehlt.
    Plötzlich ließ Coloman seinen Löffel sinken und begann zu stöhnen. Sein grauer Kopf fiel nach vorn, der Mund öffnete sich, und ein widerlicher Schwall troff heraus. Jon, der nicht weit von ihm saß, stand auf, riss ihn hoch und versetzte ihm ein paar Backpfeifen.
    »Raus mit dir!«, sagte er. »In den Schweinekoben, wo du hingehörst, denn der ist ja jetzt frei. Und pass bloß auf, dass Sepha dich nicht versehentlich absticht! Aber wer würde so etwas wie dich schon fressen wollen?«
    Der Alte hatte sich erhoben und war ins Freie getaumelt. Lando hatte nicht lange gewartet, dann war er ebenfalls hinausgegangen.
    »Was ist danach passiert?«, fragte er jetzt Andres. »Sag es mir!«
    Sein Schützling drehte sich zu ihm herum. Die dunklen Augen waren übergroß in dem weißen Gesicht. Er begann zu gurgeln, versuchte vergebens, einen brauchbaren Ton herauszubekommen, bis Lando ihm schließlich beruhigend die Hand über den Mund legte.
    »Scht!«, sagte er. »Es ist ja gut. Ich weiß auch so Bescheid. Erst kam der Alte an die Reihe, danach du. Hast du etwa wieder

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