Liebe ist ein Kleid aus Feuer
wir zu den Anderen zurückkommen! So ausgehungert, wie manche unserer Ritter inzwischen sind …«
Eila fühlte sich schwindelig, weil sie den ganzen Tag kaum einen Bissen hinunterbekommen hatte, aber das ging nur sie etwas an. Jedem setzte dieser Italienzug auf unterschiedlichste Weise zu; keiner, der nicht unter der sengenden Sonne gelitten hätte, die seit Wochen gnadenlos auf sie herunterschien. Das ganze Land glühte und brannte. Der italische Sommer schob seine Feuerzungen unter die Brünnen der sächsischen Ritter, ließ sie schwitzen und ächzen, brachte ihnen Übelkeit, Magenverstimmung, Durchfall und andere Malaisen.
Tage wie flüssiges Blei. Rissig brach die Erde auf, Bäume schienen ihre Schatten zu verlieren, und die Luft begann, kaum stand die Sonne höher, zu flirren. Das unendliche Lied der Grillen und Zikaden, das sie zunächst als südlichen Willkommensgruß empfunden hatten, erschien ihnen mittlerweile wie ein grelles, kaum noch erträgliches Hohngelächter. Verlierer!, schrie es ihnen zu. Usurpatoren aus dem nebligen Norden, verzieht euch wieder! Niemals werden wir uns euch ergeben. Wie denn auch – einem versprengten Häuflein halb verdursteter Schreckgestalten, zu müde und krank, um noch kriegerisch die Schwerter zu schwingen.
»Du musst trinken!«, sagte Liudolf, der zu Eila getreten war, besorgt. »Und später auch etwas essen, selbst wenn es dir schwer fällt. Damit du bei Kräften bleibst. An dir hängt jetzt sehr viel. Versagst du, ist alles für immer verloren.«
Ist es das nicht schon?, hätte Eila ihm am liebsten entgegengeschrien. Hast du nicht längst alles verdorben? Doch sie ließ es bleiben, denn eigentlich wollte sie jetzt nur allein sein.
»Ich geh zum See«, sagte sie, nachdem sie einen Becher von dem leicht schwefelig schmeckenden Wasser aus der alten Zisterne neben der Kirche getrunken hatte.
»Vergiss deinen Schleier nicht!«, rief Hermann Billung ihr hinterher. »Den musst du jetzt immer tragen, zur Vorsicht, bis wir …«
Allein fühlte sie sich sofort besser, obwohl es noch immer drückend heiß war. Aber auf dieser kleinen Halbinsel, die wie eine Zunge in den dunkelblauen See ragte, war die Hitze weitaus angenehmer zu ertragen als auf dem endlosen Ritt hierher, auf dem Eila den Sommer manchmal hatte brüllen hören wie eine gereizte Bestie. Ihren Lieblingsplatz, die alte, entwurzelte Zypresse, hatte sie schnell erreicht. Sie legte sich auf den verwitterten Stamm, spürte seine harte Rinde unter ihrem Rücken wie einen schützenden Schild und versuchte, zur Ruhe zu kommen.
Dieser Italienzug hätte bislang verheerender kaum ausfallen können. Keine Stadt, die Liudolf und seinen Rittern freiwillig die Tore geöffnet hätte, weder Padua noch Vicenza, ebenso wenig wie das stolze Verona, das sie als die Letzte abgewiesen hatte. Wiewohl sich an vielen Orten Unzufriedenheit mit Berengars Herrschaft regte, schien niemand hier Wert auf einen neuen Herrscher zu legen, schon gar nicht auf einen, der als fremder Königssohn ungerufen den Weg über die Alpen genommen hatte.
»Das alles ist einzig und allein das Werk meines tückischen Oheims«, sagte Herzog Liudolf bedrückt. »Auf diese Weise glaubt er uns vernichten zu können. Und er wird nicht damit aufhören, bis er sein Ziel erreicht hat.«
Unverdrossen versuchten seine Berater, ihm neuen Mut zuzusprechen, doch allmählich drohten ihnen die Argumente auszugehen. Denn in der Tat setzten ihnen Heinrich von Bayerns Listen und Bündnisse, in denen sie sich verfingen wie in einem unsichtbaren Spinnennetz, mehr zu, als seine Ritter es mit ihren Lanzen und Schwertern jemals vermocht hätten. Wo auch immer sie sich hinwandten – der jüngere Bruder König Ottos schien bereits vor ihnen da gewesen zu sein, hatte verhandelt, intrigiert, bestochen. Allenfalls für schweres Silber war man überhaupt bereit, Wasser und Vorräte herauszurücken, und das zu weit überteuerten Preisen. In der Hitze verdarb alles im Handumdrehen; kaum hatte man Lebensmittel erworben, musste man bereits erneut auf Beschaffung gehen, ein großer Aufwand, der viel Zeit und Kraft verschlang. Liudolf mochte fluchen und toben, es blieb ihm nichts anderes übrig, als schließlich doch zu bezahlen, was immer gefordert wurde, wollte er seine Ritter und ihre Tiere nicht hungern und dürsten lassen. Die Stimmung in seiner zusammengewürfelten Truppe verschlechterte sich; die Ritter begannen aufzubegehren. Sogar die meisten der Hübschlerinnen hatten sich
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