Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Boden.
»Geht jetzt«, befahl Bihilit, »bevor noch mehr Schwestern aufwachen und noch mehr unnötige Fragen stellen!« Sie schlug das Kreuzzeichen. »Gelobt sei Jesus Christus! Er möge euch auf eurer Reise segnen und beschützen!«
»In Ewigkeit. Amen«, erwiderten die beiden Mönche.
Rose trat zu Lando, nahm seinen Kopf in beide Hände und zog ihn leicht zu sich herunter. Als ihre Lippen seine Stirn sanft berührten, schien ein leises Zittern durch seinen Körper zu gehen.
»Dieser Kuss war von mir«, sagte sie, hielt kurz inne, ließ Landos Kopf aber nicht los, sondern küsste jetzt seine Lippen, länger und inniger. »Und diesen Kuss schickt dir Eila. Sie wird dich nie vergessen, niemals, auch wenn sie jetzt nicht bei dir sein kann. Sie trägt deinen Ring an ihrer Hand. Das wird dich stark machen, Lando. Was immer auch geschieht.«
Das Zittern wurde stärker. Der Kranke begann heftig zu schlucken, als stecke etwas in seiner Kehle, das sich nicht vorwärts bewegen ließ und auch nicht zurück, und Roses Herz begann schon schneller zu schlagen. Da aber spürte sie, wie er erschlaffte und wieder in sich zusammensank.
Sie sah ihm nach, wie sie ihn hinausschleiften. Ihr Herz war so schwer, als trüge es eine Ladung aus Erz.
DRITTES BUCH
Die Lerche
Acht
AUGUST 951
SAN VIGILIO
E s wurde still in der verlassenen Kirche, als Hermann Billung die Schere ansetzte. Dann sank seine Hand mit dem groben Eiseninstrument, mit dem sonst Schafe geschoren wurden, herab.
»Du musst es nicht tun«, sagte er, heftig zwinkernd, als sei ihm gerade etwas ins Auge geflogen. »Keiner von uns darf dich dazu zwingen. Und wärst du meine Tochter oder gar meine junge Braut, ich würde es dir sogar ausdrücklich verbieten. Denn du begibst dich in große Gefahr. Und für einen glücklichen Ausgang gibt es keinerlei Garantie.«
»Aber ich bin weder deine Tochter, noch bin ich deine Braut. Außerdem ist es beschlossene Sache.« Eilas Lippen wurden schmal. »Dann lass es uns auch endlich hinter uns bringen!«
Sie hörte metallische Geräusche, dann wurde es kühler an Hals und Nacken. Und wie leicht und frei der Kopf sich auf einmal anfühlte!
Unversehens überfiel Eila eine Stimme aus weiter Ferne, kalt und höhnisch wie Hexengelächter. »Die Haare sind noch dein Bestes«, hatte die Eiskönigin gesagt. Und: »Die gute Zeit für reizlose Frauen wie dich ist nur allzu schnell vorbei.«
War sie wahnsinnig geworden, ihre einzige Pracht einem womöglich ausweglosen Plan zu opfern? Es war zu spät. Die Schere schwieg. Der Billunger hatte sein Werk bereits vollendet. Kupferrote Büschel bedeckten den steinernen Boden.
» Lei guarda veramente come lei !«, rief der dicke Kaplan, der ein bisweilen nur schwer verständliches Kauderwelsch aus Italienisch, Sächsisch und wenigen rätselhaften französischen Brocken sprach. » Come la belle reine Adelaide – poverina ! Wo sie ihr haben rubati all die schöne capellini !«
Hermann Billungs Blick verriet, was er von dem schwitzenden Geistlichen hielt, dessen Gewand speckig glänzte. Doch Kaplan Martin war ihr Gewährsmann, ihre einzige Verbindung zu Adelheid, zu der er als ihr Beichtvater Zutritt hatte. Er war es, der Liudolf und seine Männer zu diesem Versteck auf der kleinen Halbinsel gebracht hatte und sie dort auch versorgen ließ, unweit der Burg zu Garda, wo Berengar die einstige Königin seit Monaten gefangen hielt. Martin hatte ihnen berichtet, dass man Adelheid wie eine Verbrecherin geschoren habe. Und dass ihre Haarfarbe der Eilas verblüffend ähnlich sei.
Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als seinen Ausrufen und Beteuerungen Glauben zu schenken. Von der Genauigkeit seiner Hinweise hing ihr ganzer Plan ab.
» È molto brava !« Der Geistliche machte Anstalten, seine dicke Hand auszustrecken und Eila zu berühren. Sie drückte sich enger an die Steinwand. » Non haben paura ! Dieux serà mit la reigne et diese junge ragazza …«
»Lass sie doch in Ruhe!«, sagte Hermann Billung. »Schon schwer genug, was ihr bevorsteht.«
Kaplan Martin zog sich beleidigt zurück. Sein Gebrabbel wurde leiser, verstummte aber nicht. Er schien immer zu reden, egal, womit er beschäftigt war. »Nur wollen essere gentile «, versicherte er. » Solamente gentile .«
»Notfalls könntest du auch einen hübschen Knappen abgeben«, wandte der Billunger sich nun an Eila, und sie mochte weder seinen Tonfall noch das knurrende Lachen, das er dabei ausstieß. »Nimm dich besser in Acht, Mädchen, wenn
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