Liebe ist ein Kleid aus Feuer
mittlerweile in der Hoffnung auf besseren Verdienst abgesetzt.
Es kam Liudolf gelegen, die Murrenden in einem Wäldchen vor Verona ihr Lager aufschlagen zu lassen und mit nur einem Dutzend Auserwählter endlich eine Wende im Königsdrama herbeizuführen. Den Waffenbrüdern Raymond und Bernhard hatte er für die Zeit seiner Abwesenheit die persönliche Verantwortung für die Herzogin übertragen, keine einfache Aufgabe, denn Ida weinte und grollte, weil sie nicht mitkommen durfte.
»Dich können wir schon gar keiner Gefahr aussetzen, das musst du doch verstehen!« Vergeblich hatte Liudolf versucht, ihr das klar zu machen.
»Aber ich will dabei sein, wenn ihr Adelheid befreit. Denn ich bin doch die neue Königin Italiens!« Ida hatte aufgestampft wie ein zorniges Kind, während die Ritter betreten zu Boden schauten. »Vielleicht zieht sie euch ja auf ihre Seite, mit ihrer Schönheit und ihrer Klugheit und dem vielen Gold, das sie angeblich irgendwo versteckt hat. Aber ich werde nicht tatenlos dabei zusehen, wenn ihr meine Krone leichtsinnig verspielt.«
Zum Schluss war Liudolf wortlos aufgebrochen, unversöhnt, während sie in einem Tränenmeer versank, ein hässlicher Abschied, der Eila an die nicht minder hässlichen Auseinandersetzungen ihrer Eltern auf Burg Scharzfels erinnert hatte. Wie es wohl der Eiskönigin erging, nachdem Mann und Tochter in Herzog Liudolfs Lager übergelaufen waren?
Raymond schien sich darüber keine Gedanken zu machen, und wenn doch, so zeigte er es zumindest Eila gegenüber nicht. Allerdings war er blass geworden, als der Herzog ihn in den kühnen Plan zur Befreiung Adelheids eingeweiht hatte, und zum ersten Mal seit langem hatte Eila gespürt, wie viel sie ihrem Vater trotz allem bedeutete.
»Wenn es denn für die Krone ist …« Die wulstige Narbe auf seiner Wange war schärfer hervorgetreten als sonst.
Plötzlich hatte sein Gesicht leer und verloren gewirkt. »Aber ihr bürgt mir für ihr Leben – sonst werdet ihr mich kennen lernen!« Mit hochgezogenen Schultern war Raymond schließlich davongestapft.
Dabei sah es bislang nicht so aus, als ließe sich hier eine neue Krone erringen. Nicht, wenn auch noch dieses Vorhaben misslang, in dem Eila eine so entscheidende Rolle spielen sollte.
Es roch betäubend an ihrem Lieblingsplatz, wie jedes Mal, bevor die Dämmerung kam. Unweit ihres Fußes entdeckte Eila eine der seltsamen gelben Früchte, deren Saft so sauer schmeckte, dass man beim Trinken das Gesicht verziehen musste. Limone, so hatte der fette Kaplan sie genannt. Und die grünen kleinen Früchte, die an den Bäumen dort drüben mit dem silbrig grünen Laub wuchsen, hießen, wenn sie sich recht erinnerte, olive . Öl könne man aus ihnen gewinnen; sie schmeckten herb und bitter auf der Zunge. Celia, die Infirmarin zu Gandersheim, hätte ihre Freude an all den unbekannten Früchten und Pflanzen gehabt, die hier in Hülle und Fülle gediehen, noch mehr aber die alte Malin, die ohnehin alles sammelte, was sie in Wald und Flur entdeckte. An sie zu denken genügte, um in Eilas Kehle einen dicken Kloß wachsen zu lassen.
Vom Wasser her wehte ein leichter Wind. Die Sonne war im Westen verschwunden; das letzte Rot lag auf dem See wie ein purpurnes Band. Sobald es dunkel geworden war, würde der Tanz der Glühwürmchen einsetzen, winziger, hell leuchtender Insekten, die Eila hier zum ersten Mal gesehen hatte. Bis dahin musste sie sich allerdings der Mückenschwärme erwehren, die unzählige Stiche auf ihrer empfindlichen Haut hinterließen.
Sie erhob sich, ging hinunter zum Ufer.
Die Schuhe weggeschleudert, den Rock gehoben, um endlich das kühle Wasser an den Beinen zu spüren! Es war so erfrischend, so köstlich, dass Eila vor Erleichterung am liebsten geweint hätte. Sie stapfte hin und her, erfreute sich an den glatten Steinen unter ihren Sohlen und entfernte sich dabei so weit vom Ufer, bis ihr das Wasser an die Knie reichte und Rock und Ärmel längst klitschnass geworden waren. Jetzt einfach eintauchen zu können – wie herrlich müsste das sein!
Ein Prusten ließ sie zusammenfahren. Sie hörte Klatschen, Atemgeräusche und wandte sich um.
Tropfnass und nackt stand Sigmar vor ihr.
Blitzschnell wandte Eila sich ab. Seit jener Nacht im Zelt, die zu einem anderen Leben zu gehören schien, hatte sie ihn nicht mehr ohne Hosen gesehen. Und wieso konnte er im Tiefen schwimmen wie ein Fisch?
Sie wusste gar nichts über ihn, das wurde ihr plötzlich klar. Nicht, wo er gewesen
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