Liebe ist ein Kleid aus Feuer
im Sattel und nahm die entgegengesetzte Richtung.
Die Stute schien es zu genießen, endlich bewegt zu werden. Rasch gewannen sie an Geschwindigkeit, obwohl es bergauf ging und der Weg eng war, zu beiden Seiten von dornigen Hecken gesäumt. Niemand folgte ihnen, eine kurze Zeit fühlte Eila sich sicher. Dann jedoch kamen erste Zweifel auf. War der Plan missglückt, und sie jagten jetzt Adelheid statt sie?
Donnernde Pferdehufe belehrten sie eines Besseren. Es mussten mehrere Männer sein, die sie verfolgten. Was, wenn sie sie erwischten?
Sigmar hatte ihr den Weg gezeigt, war die Strecke, die sie nehmen sollte, wieder und wieder mit ihr abgeritten.
»Dir kann nichts passieren.« Er hatte eindringlich geklungen. »Nicht, wenn du dich genau an alles hältst. Genau. Versprich mir das!«
Doch das war lediglich die Vorbereitung gewesen, jetzt, im Ernstfall, sah alles plötzlich ganz anders aus. Da – die Abzweigung! Hätte sie die nicht nehmen müssen? Oder dort – der knorrige Baum! War es nicht ein ganz anderer gewesen, den sie hinter sich lassen sollte?
Die Stute flog geradezu, so schnell kamen sie voran; Eila hatte Mühe, sie noch zu dirigieren. Die Hufschläge der Verfolger hallten in ihren Ohren. Dann waren sie plötzlich verstummt. Nur noch das Geschrei der Zikaden, sonst war alles still.
Eila wurde langsamer, brachte die Stute schließlich zum Stehen. Ein Stück weiter unten sah sie den See glitzern. Nichts als Büsche, Zypressen, ein paar Olivenbäume. Von fern Schafsblöken. Kein Gebäude, nichts Vertrautes, woran sie sich hätte orientieren können.
War sie in eine Falle geraten?
Ihre Befürchtung traf zu, das wusste sie, als die Männer plötzlich vor ihr auftauchten. Sie hatten sich geteilt, mussten eine Abkürzung genommen haben, um sie von vorn und von zwei Seiten einzukeilen. Jetzt kamen sie geradewegs auf sie zu.
Es gab kein Entkommen, jetzt nicht mehr.
Etwas Helles schien vor ihren Augen zu bersten. Ihr Herz drohte zu zerspringen, dann hörte Eila auf einmal das Kriegsgebrüll der sächsischen Ritter.
»Nach rechts!«, schrie Sigmar. »Den kleinen Weg. Und dann zurück zur Kirche – mach schon! Den Rest erledigen wir.«
Sie gehorchte wortlos, stieß ihre Fersen in die Flanken der Stute, die davongaloppierte, als sei der Leibhaftige hinter ihr her. Und dieses Mal gab es niemanden, der ihnen folgte.
SEPTEMBER 951
AUGSBURG
Oda hörte das Wiehern der Pferde unten in den alten Ställen und spürte die fiebrige Stimmung, die die ganze Pfalz erfasste hatte. Es roch nach Aufbruch. Und nach Abschied.
Erst vor kurzem hatte die Delegation mit Bischof Ulrich den Palas verlassen. Oda war es nur vergönnt gewesen, aus der Ferne einen Blick auf den Mann zu werfen, der als einer der treuesten von Ottos Vasallen galt. Dennoch dauerte es nicht lange, bis die Gerüchte sie erreichten. Der Bischof würde auch dieses Mal wie ein Fels an des Königs Seite stehen. Die junge scheue Magd, die ihr jetzt immer beim Ankleiden half, hatte von der Größe seines Gefolges und der Pracht seines Ornats geschwärmt.
»Wie ein Engel, der vom Himmel herabgestiegen ist – inmitten der himmlischen Heerscharen.«
Oda schickte sie ungeduldig weg. Niemand sollte Zeuge werden, wie unerträglich das Warten für sie war. Warten – wie tief und inbrünstig sie dieses Wort inzwischen zu hassen gelernt hatte!
Als Otto nicht zu ihr kam, wieder einmal, wurde Oda immer unruhiger. Sie konnte nicht mehr sitzen, sondern lief unablässig zwischen Bett und Truhe hin und her, bis ihre Sohlen brannten. Es war kein Trost, dass ihre Kemenate groß und luftig war. Wäre Ida noch hier, die Herzogin hätte den Raum fraglos für sich beansprucht, und so bereitete er Oda keine Freude. Irgendwann schleuderte sie die Schuhe weg und setzte ihre rastlose Wanderung barfuß fort.
Sie schwitzte. Fühlte sich unhaglich, matt und weinerlich. Sehnte sich nach Malin, nicht zum ersten Mal, seit sie die Burg verlassen hatte. Jetzt das beruhigende Gebrabbel der Alten zu hören und ihre Hände zu spüren, die zärtlich durch ihr Haar fuhren! Wieso hatte sie versäumt, Malin an den Hof mitzunehmen?
Hier gab es niemanden, dem sie vertrauen konnte, und sie war noch einsamer geworden, nachdem die Verschwörer im Schutz der Nacht nach Italien aufgebrochen waren. Dass Eila an Idas Seite bleiben musste, hatte Oda nicht erstaunt; als ihre Hofdame und Vertraute blieb ihr keine andere Wahl. Dass aber auch Sigmar sich Liudolf angeschlossen hatte und Raymond dazu, der
Weitere Kostenlose Bücher