Liebe ist ein Kleid aus Feuer
dass der rote Mönch Schmutz und stinkenden Unrat über sie ausgegossen hatte.
Alles war ihr in einem einzigen Augenblick genommen worden: Mann, Rang und Hab und Gut, das nun die rechtmäßige Ehefrau aus dem fernen Lotharingen beanspruchen konnte, vorausgesetzt, Raymond wurde nicht zuvor als Bigamist angeklagt und verurteilt.
Was also hatte sie noch zu verlieren?
Oda legte sich vorsichtig neben den König, spürte seine Wärme, die sie immer wieder erstaunt hatte, strich ihm fast zärtlich das schüttere Haar aus der Stirn. In ihren Armen hatte er gestammelt und gestöhnt, nun würde er in ihren Armen sterben.
Große, tiefe Ruhe senkte sich über sie. Sie musste nicht mehr länger leiden. Alles würde sehr schnell vorbei sein.
Behutsam zog sie den Dolch aus der Scheide, wog ihn prüfend in der Hand. Wohin sollte sie als Erstes stechen?
In den Arm, der sie umfangen hatte, den er aber nicht zu ihrem Schutz hatte erheben wollen? In die kräftigen Beine, die er voller Wollust um sie geschlungen hatte, mit denen er aber dem roten Mönch nicht die Tritte versetzen wollte, die dieser verdient hatte? Oder lieber gleich mitten in sein feiges, treuloses Herz?
Er war aufgewacht. Seine hellen Augen unter den blonden Wimpern sahen sie an, erst erstaunt, schließlich argwöhnisch.
»Beweg dich nicht!«, sagte Oda. »Sonst bist du auf der Stelle tot.«
»Du wirst nicht weit kommen.« Seine Stimme war erstaunlich gelassen. »Weißt du das, Oda?«
»Ich bin bereits genau da, wo ich sein will.« Sie setzte sich langsam auf, die Dolchspitze auf ihn gerichtet. »Beweg dich nicht!«, wiederholte sie.
»Du willst mir Angst machen? Ich habe keine Angst«, sagte der König. »Denn töten wirst du mich doch ohnehin, wenn du kannst, sonst wärst du nicht hier.«
Oda lächelte.
»Deine Schlagfertigkeit war schon immer größer als deine Güte«, sagte sie. »Wieso hast du das alles zugelassen?«
»Du meinst das mit der Frau und dem Sohn?« Er schüttelte langsam den Kopf. »Da war nichts zuzulassen. Pater Johannes hat alles alleine eingefädelt. Ich wusste nichts davon, das musst du mir glauben! Ich war ebenso überrascht wie du.«
»Du lügst, großer König, und du lügst schlecht!«
Er hatte unwillkürlich den Arm bewegt, da stieß sie zu. Nicht tief, aber immerhin so tief, dass er zusammenzuckte und ein Wimmern ausstieß. Blut tropfte aus der Wunde.
»Ich hab dich gewarnt«, sagte Oda. »Es kann schnell gehen oder sehr langsam – ganz deine Entscheidung.«
»Was willst du?«, fragte Otto.
»Du sollst spüren, was ich spüre – wie es ist, wenn alles Leben sich für immer verabschiedet.«
»Deine Tochter Eila hat …«
»Nimm ihren Namen nicht in den Mund! Wie konntest du dem Galgenstrick glauben?«
»Alles spricht gegen sie.«
»Schweig!«
Das war der nächste Stich, tiefer, und Otto presste die Lippen fest zusammen, um nicht vor Schmerz aufzuschreien.
»Mich kannst du vernichten«, sagte Oda. »Vielleicht auch Raymond. Aber nicht Eila. Eila wird …«
Er kam blitzschnell nach oben und versetzte ihr einen Stoß, der sie vom Bett fegte. Als sie sich gerade aufrappelte, flog die Tür auf und Raymond betrat das Gemach. Sein Blick erfasste den blutenden König und Oda, die, halb am Boden kauernd, noch immer den Dolch umklammerte.
»Die Frau ist gekommen, um mir das zu nehmen, was der Mann mir einst geschenkt hat«, sagte Otto. »Ist das deine Art, Raimund, alte Rechnungen zu begleichen?«
»Gib mir den Dolch, Oda!«, befahl Raymond.
Sie schüttelte den Kopf, presste die Waffe wie einen Schatz an ihre Brust.
»Damals war es ein Pfeil«, sagte der König, »der den Prinzen Otto durchbohrt hätte, hättest du dich nicht mutig dazwischengeworfen. Dein Körper als lebendiger Schild. So tief und wahrhaftig war damals deine Treue.«
»Du blutest, Sire«, sagte Raymond.
»Diese Kratzer sind nichts. Meine Seele blutet, weil du mich verraten hast. Der Mann, der einst mein Leben gerettet hat! Mein Bruder im Blut und im Geist! Kein Verrat kann jemals schwerer wiegen.«
»Und du, was hast du getan?« Raymond kam langsam auf ihn zu. »Nimmt man einem Bruder etwa die Frau? Selbst wenn man die Krone trägt?«
»Bist du deshalb gekommen?«, fragte Otto kalt.
»Nein. Ich bin hier, um dich zu warnen. Liudolf will dich beseitigen lassen. Er sucht noch den richtigen Mann dafür. Ich hab ihn vorerst in dem Glauben gelassen, ich könnte es sein.«
»Ach, jetzt verrätst du ihn, meinen Sohn?«
»Denk, was du willst! Ich hab
Weitere Kostenlose Bücher