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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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noch immer nicht mit Raymond gesprochen. Aber ausgerechnet jetzt damit anzufangen, in dieser unguten, gereizten Stimmung, erschien ihr unmöglich.
    Eila starrte auf ihre Schuhspitzen und auf ihr grünes Kleid, das eine Spur zu lang war und am Boden schleifte, sodass sie jeden Moment stolpern und hinfallen konnte. Aber sie würde weder stolpern noch hinfallen. Nicht jetzt, während der Mann, den sie einmal zu heiraten versprochen hatte, sie zum König führte.
    Die Kapelle kam Eila vor wie eine kleine Burg inmitten der Feste, so geschlossen, so wehrhaft erschien sie ihr. Rötlicher und weißer Stein wechselten sich bei Säulen und Pfeilern ab, Farben, die sie an Gandersheim erinnerten. Die Wände zierten farbige Malereien, die zu leuchten schienen, so frisch waren sie offenbar aufgetragen. Im Vorbeigehen erkannte sie die Bildnisse der vier Evangelisten, dann zog ein goldenes Strahlen vorne am Altar ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich.
    Es war, als sei die Sonne aufgegangen. Erst in dieser feierlichen Umgebung entfaltete Lukas’ und Landos Schöpfung ihre ganze Magie. Dem Kunstwerk schien alles zuzustreben, alles schien sich ihm unterzuordnen.
    »Dieses Reliquiar war dazu gedacht, für alle Zeiten die Zunge des Täufers zu bergen.« Die Stimme des Königs war tief und voll. Er saß in der vordersten Bank, neben ihm die schwangere Königin. »Seine äußere Schönheit sollte lediglich die innere jenes Mannes preisen, der einst Jesus Christus erkannt hat. Meiner geliebten Königin hatte ich das Kleinod als Morgengabe zugedacht.«
    Raymond war stehen geblieben, Oda ein Stück zurückgewichen, während Eila als Einzige weitergegangen war.
    »Doch was ist die äußere Hülle ohne das Heilige? Nichts als eitler Tand!«, sagte der König.
    Etwas Kaltes begann in Eila hochzukriechen. Auch ohne Erfahrung wusste sie, dass was sich hier abspielte nichts mit der Huldigung an ein Königspaar zu tun hatte.
    Ihr Blick glitt weiter zur linken Seite. Dort saßen der rote Mönch, der verhasste Strick – und Lando.
    Sie wollte zu ihm, doch ihre Schuhe schienen am Grund festzukleben, und auch er bewegte sich nicht. Lando konnte sich nicht bewegen, das erkannte sie erst jetzt. Hände wie Füße hatte man ihm gebunden wie einem Verbrecher.
    »Feige Hände haben die Zunge entwendet.« Der König hatte sich erhoben, kein sehr großer Mann, aber doch groß genug, um auf Eila herabzuschauen. »Waren das deine Hände?«
    Vor Überraschung hätte sie sich beinahe verschluckt. »Wie kommst du darauf, Sire? Ich habe das Reliquiar angeschaut, aber niemals berührt.«
    »Du behauptest also, die Zunge des Täufers nicht gestohlen zu haben?«
    Jetzt gelang es ihr, ihn offen anzusehen. »Ich habe sie niemals gesehen. Wie hätte ich sie da an mich nehmen können?«
    »Es gibt Zeugen«, sagte der König. »Jenen Mann.« Er deutete auf den Strick. »Der will dich dabei beobachtet haben.«
    »Er lügt …«
    »Du konntest mich nicht sehen, Eila«, sagte der Strick. »Aber ich dich sehr wohl. Wie ihr euch wollüstig auf den Gräbern gewälzt habt, bis du ihn« – er deutete auf Lando – »vollständig um den Verstand gebracht hast und er dich besteigen konnte wie eine läufige Hündin …«
    »Schweig!«, donnerte Raymond. »Du sprichst von meiner Tochter, Hundsfott, vergiss das nicht!«
    »Später hat er dich dann in das alte Taubenhaus geführt, wo das Reliquiar stand – mitsamt seinem heiligen Inhalt. Im Morgengrauen hast du dann Kloster Corvey verlassen, als könne es dir nicht schnell genug gehen. Eine Flucht, genauso sah es aus.« Er grinste. »Und du willst noch immer behaupten, die Zunge nicht gestohlen zu haben? Welch eine Schande, an diesem heiligen Ort derart unverschämt zu lügen!«
    »Aber ich lüge nicht!«, rief Eila und wandte sich zu Adelheid. »Du kennst mich! Du weißt, dass ich niemals lüge.«
    »Ich weiß nur, dass du schnell Versprechen gibst und sie dann nicht einhältst.« Die Königin klang matt. »Ich habe dir alles angeboten, was eine junge Frau sich nur wünschen kann. Doch du hast dich einfach davongemacht, ohne Erklärung, ohne Entschuldigung …«
    »Was soll meine Tochter mit einer Zunge?«, fiel Oda ihr ins Wort. »Sie sich vielleicht ins Haar stecken – das sie für jemanden geopfert hat, der keinen Funken Dankbarkeit kennt?«
    Alle Blicke flogen zu ihr. Auch der König starrte sie an.
    »Ein wahrhaft scheußliches Spiel, was du dir hier erdacht hast.« Jetzt sprach sie nur noch mit Otto. »Aber du scheinst

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