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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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tragen.«
    Jetzt war es ihm gelungen, sie abzuschütteln. Er trat einen Schritt zurück und starrte sie ungläubig an.
    »Willst du damit sagen …«
    »… dass Eila deine Tochter ist!«, schrie Oda. » Dein Bankert! Mach doch endlich die Augen auf, Leif – wie aus dem Gesicht geschnitten ist sie dir, vom ersten Tag an. Und dafür hab ich mein Kind gehasst, seit man es aus meinem Leib gezerrt hat.«
    Eine große schwarze Welle erfasste Eila und riss sie nach unten, als wolle sie sie für immer verschlingen. Und während sie noch vergeblich nach einem Halt tastete und der Boden unausweichlich immer näher kam, sah sie als Letztes Sigmar, der sich mit einem Ausdruck des Entsetzens über sie beugte.

    Raue Mauern, ein winziges vergittertes Fenster, durch das Mondlicht fiel. Es roch muffig, nach Trauer und Angst. Eila kauerte auf dem nackten Boden, die Arme um die Knie geschlungen, und schaukelte vor und zurück, vor und zurück.
    Es mochten Stunden vergangen sein, seit man sie hierher gebracht hatte, vielleicht auch Tage. Und wenn schon – was hatte das noch für eine Bedeutung?
    Alles in ihr war tot und leer. Sie hatte ihren Vater verloren, war stattdessen die Tochter eines Mannes, den sie fürchtete und hasste. Einzig die Eiskönigin konnte sie nun besser verstehen, die Mutter, die ihre Tochter stets gehasst hatte, weil diese ihrem Verführer zu sehr glich.
    Wie hatte sie nur so blind sein können, all die Jahre?
    Eila hatte Rose bedauert, die sich ohne Mutter und Vater einsam gefühlt hatte – und war doch selber um vieles einsamer als sie! Die Sehnsucht nach der Freundin schnürte ihr die Kehle zu. Ob sie Rose jemals wiedersehen würde? Vielleicht hatte sie sie für immer verloren, ebenso wie Lando, den Geliebten, den man auch irgendwo hier unten eingesperrt hatte.
    Den Napf mit dem Brei hatte sie nicht angerührt; das Wasser im Krug dagegen bis zur Neige getrunken. Jetzt quälte sie der Durst. Bruder Rochus hatte ihnen einmal erzählt, dass man, wenn man zu lange nichts trank, Dinge sehen würde, die es gar nicht gab. Vielleicht war es ja bald so weit. Dann würden endlich diese hässlichen Mauern verschwinden, und sie wäre wenigstens im Geiste wieder frei.
    Sie glaubte Schritte zu hören, dann jedoch war alles still. Fing es bereits an? Hatte Rochus damals etwas verschwiegen, und spielten einem in jenem Zustand nicht nur die Augen böse Streiche, sondern auch die Ohren?
    Die Schritte kamen wieder, nun um einiges näher.
    Es war keine Einbildung, sondern Wirklichkeit, das begriff Eila, als sich ein Schlüssel schwer im Schloss drehte und die Holztür aufschwang.
    »Sigmar!«
    Er sah sie finster an, und doch spürte Eila, wie bewegt er innerlich war.
    »Verschwindet!«, sagte er.
    »Ich soll …« Jetzt erst sah sie, dass Lando hinter ihm stand, bleich und leicht gebeugt. Ihre Augen begannen zu strahlen. »Du hast ihn …«
    »Verschwindet!«, wiederholte Sigmar, nun heftiger. »Ich lasse euch einen Vorsprung, doch wenn ich euch erwische, seid ihr dran. Alle beide.«
    »Wie sollen wir …«
    »Pferde stehen bereit«, sagte er. »Nicht eben die besten, aber es wird mir auch so schon schwer genug fallen, eine einleuchtende Erklärung zu finden.« Er sah sie durchdringend an. »Worauf wartest du noch, Eila? Willst du hier sterben?«
    »Nein«, sagte sie. »Ich möchte dir danken, Sigmar …«
    Er wandte sich jäh ab.
    Sie hätte ihn gerne noch einmal kurz zum Abschied berührt, ihm gesagt, dass ihr alles unendlich Leid tat, sie ihn schätzte und achtete und niemals hatte täuschen wollen. Doch sein stocksteifer Rücken verriet ihr, dass alles gesagt war.
    »Komm, Lando!«, sagte sie. »Die Nacht wartet auf uns!«

    Es war leichter, in das Gemach des Königs vorzudringen, als Oda es sich vorgestellt hatte. Keine der Wachen war zu sehen, nicht einmal Sigmar. Sie öffnete die Tür sehr leise und ging dann auf Zehenspitzen weiter.
    Er lag auf dem Bett, allein, mit halb geöffnetem Mund schlafend. Oda nickte höhnisch. Sie hätte sich denken können, dass er sein schwangeres Weib irgendwo anders einquartiert hatte, er, der von all seinen Frauen nur das haben wollte, was ihm angenehm war.
    Der Schlaf musste ihn regelrecht überfallen haben; zwei Kerzen auf einem niedrigen Tisch spendeten warmes Licht. Otto trug noch Hemd und Beinlinge und hatte nicht einmal den breiten Ledergürtel abgelegt. Jetzt waren seine Züge glatt und entspannt, nicht mehr so verkrampft wie vorhin in der Kapelle, wo er wortlos zugelassen hatte,

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