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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Gegenwart, sondern ebenso für die Zukunft gesorgt.
    Algin langte nach oben, löste das Schwert aus seiner Befestigung an der Wand und streckte es Raymond hin.
    »Hier!« Er zog es aus der Scheide. »Versuch es! Deshalb bist du doch hier. Du wirst kaum ein zweites dieser Art finden.«
    Die Waffe fühlte sich an, als würde sie in Raymonds Hand gehören, als wären Haut und Metall aus dem gleichen Material gefertigt. Trotz ihrer Leichtigkeit war sie stark und scharf. Raymond glaubte die Ruhe und Kraft Algins zu spüren, die während des Schmiedens in das Eisen geflossen waren. Mit diesem Schwert in den Kampf zu ziehen, würde Alter und Müdigkeit wettmachen. Mit seiner Hilfe könnte er jeden Feind schlagen.
    »Ich biete dir einen stattlichen Preis dafür.« Raymonds Kehle fühlte sich trocken an, so sehr begehrte er es. » Jeden Preis. Silber. Pferde. Was immer du dafür willst.«
    »Es ist nicht zu verkaufen.«
    Algin streckte seine Hand aus, und Raymond blieb nichts anderes übrig, als ihm die Waffe zurückzugeben.
    »Und wir leben gerne hier in der Pfalz.«
    Die beiden Männer sahen sich schweigend an.
    »Falls du es dir doch anders überlegen solltest«, sagte Raymond schließlich, »findest du mich oben im Palas.« Nach der ersten Nacht hatte er sich mithilfe eines mürrischen Kämmerers, der nur ungern mitgekommen war, notdürftig dort eingerichtet, auch wenn er in der Früh steif gefroren erwachte, weil das Feuer in der Nacht ausging. »Ich werde erst morgen nach Hause reiten.«
    »Gott sei mit dir!«, war Algins Antwort, und Lando lächelte bei diesen Worten.
    Dann zog der Schmied die Zange aus der Esse und setzte seine Arbeit fort.

    Erst war die Tinte eingetrocknet, dann die Gänsefeder stumpf, und selbst als der Kämmerer widerwillig beides in einigermaßen brauchbaren Zustand gebracht hatte, musste sich Raymond notgedrungen mit einem Pergament begnügen, das ganz offenbar ein Anfänger abgeschabt hatte, so liederlich war die Arbeit ausgefallen. Aber er brauchte nicht lange zu überlegen, die Sätze strömten wie von selber aus ihm, und selbst die Vorstellung, dass die hochnäsigen Mönche der Hofkapelle als Erste seine Botschaft in Händen halten würden, konnte ihn nicht bremsen.
    Er hielt sich kurz, wie es seine Art war, machte keine Umstände, sondern brachte die Sache unmissverständlich auf den Punkt. Der König schätzte Direktheit – meistens jedenfalls.
    Er wurde langsamer, als der eigentliche Bericht beendet war und er zu den Zeilen kam, die mit ihm persönlich zu tun hatten. Schließlich blieb er auch hierbei knapp. Nach all den Jahren war es die erste und einzige Bitte, die er jemals an Otto richtete.
    Schon als er Sand über das Pergament streute, um die blasse braune Tinte nicht zu verwischen, kamen in ihm die ersten Zweifel auf. Was er geschrieben hatte, klang ungeschlacht, beinahe roh. Und wenn die Bitte nun trotz allem abgeschlagen wurde?
    Raymond rollte die Botschaft zusammen. Er zwang sich, auf einen guten Ausgang zu hoffen. Zum Grübeln war dann immer noch Zeit genug.
    »Schick einen Boten los!«, sagte er zum Kämmerer, der ein Stück entfernt von ihm auf einer Bank gewartet hatte. »Den schnellsten, den du hier auftreiben kannst. Heute noch. Der König hasst es zu warten.« Er zögerte einen Augenblick. Dann erhellte sich sein Gesicht. »Und sag ihm auch, er soll auf die Antwort gleich warten und sie auf dem schnellsten Weg zu mir nach Burg Scharzfels bringen.«
    Den Segen für die Reise holte sich Raymond in der Kapelle. Den Priester des Ortes hatte das Antoniusfeuer ebenso wenig verschont wie so viele seiner Gemeinde, aber es gab ja das bescheidene Reliquiar an der Rückseite des Altars. Raymond kniete nieder und betete zu dem unbekannten Heiligen, ohne dessen physische Präsenz dieses Gotteshaus niemals hätte geweiht werden können. Er schloss die Augen, bat um Schutz und himmlisches Geleit für den Heimritt und um einen gnädigen König, der sein Gesuch nicht abschlagen würde. Schließlich fügte er noch den Wunsch nach einem Empfang auf seiner Burg hinzu, der ihn nicht gleich wieder in die Ferne treiben würde.
    Als er die Kapelle verließ, fühlte er sich getröstet und gestärkt. Nur die winzigste Reliquie im Knauf von Algins Schwert eingelassen, dachte er, und ich wäre so gut wie unbesiegbar. Auf einem weiß-grauen Ross trabte er hinaus in den fahlen Wintermorgen, bedächtig, damit Belle, die er am langen Zügel mit sich führte, ohne Schwierigkeiten folgen konnte.

FEBRUAR

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