Liebe ist ein Kleid aus Feuer
mehr zurückkehre? Ich brauche es jetzt. Jetzt !«
»So eilig hast du es?«
»Also?«
»Ich hab die entsprechende Quelle tatsächlich ausfindig machen können.« Nachdenklich rieb der Strick sein stoppeliges Kinn. »Ein stattliches neues Kloster, im Westen gelegen, genau genommen gar nicht so weit entfernt von deiner alten Heimat.« Raymond öffnete den Mund, als wolle er etwas einwenden, der andere jedoch ließ sich nicht beirren und redete einfach weiter. »Mit einem Abt, der sich erfreulich aufgeschlossen zeigt. Und der zudem jahrelang in Rom gelebt hat, wenn du begreifst, was ich damit sagen will.«
»Welches Kloster?«, fragte Raymond, der sich nicht anmerken lassen wollte, dass er rein gar nichts begriff.
»Besser, du weißt nicht zu viel. Ein Abt jedenfalls, der bereit ist, mit uns zusammenzuarbeiten, und das ist doch die Hauptsache.«
Raymond spürte, wie sein Mund trocken wurde. »Was hat er denn konkret anzubieten, dein Abt?«
»Das Schlüsselbein der heiligen Bibiana«, raunte der Strick. »Allerdings möchte er eine ordentliche Stange Silber dafür.«
»Wer soll das sein?« Raymond spürte, wie Enttäuschung in ihm aufstieg. »Die heilige Balbina – diesen Namen hab ich noch nie im Leben gehört.«
»Bibiana, nicht Balbina! Sie musste ihr Leben lassen, weil sie die heidnischen Götter nicht anbeten wollte. Eine echte Märtyrerin, selbstredend vor vielen hundert Jahren in Rom begraben – eben dort, wo unser Abt so lange gelebt hat.«
Raymond wiegte seinen Kopf hin und her und sah alles andere als glücklich aus. »Hast du nichts anderes? Ich brauche etwas für den Kampf, verstehst du? Einen echten Heiligen. Jemanden, zu dem ich meine Gebete schicken kann, wenn die Hiebe der Feinde auf mich niederprasseln.«
Der Strick ließ seine Augen ausgiebig in der Halle umherschweifen.
»Du hast gründlich aufräumen lassen«, sagte er schließlich. »Ein Mann, der weiß, was er will. Solche Männer gefallen mir. Und deshalb bin ich auch bereit, dir zu helfen.« Er beugte sich zu Raymond, und in diesem Augenblick begriff der Graf, was Eila vorhin gemeint hatte. Etwas Modriges strömte der Mann aus, einen kalten, muffigen Geruch, dem Raymond am liebsten ausgewichen wäre, aber er nahm sich zusammen und hielt stand. »Ich hätte da genau das Richtige für dich«, fuhr der Strick fort. »Ein Fund, der dir den Atem verschlagen wird – und jedem anderen dazu, falls du dein Glück teilen willst.«
»Von mir erfährt niemand etwas. Worauf wartest du noch?«
Der Strick entblößte beim Lächeln seine großen, gelblichen Zähne. Dann griff er in die Falten seines Gewandes und zog ein Stoffbündel hervor. Lage um Lage musste er öffnen, bis schließlich ein kleines weißes Kästchen mit schönen Schnitzereien zum Vorschein kam.
»Echtes Elfenbein.« Er klappte den Deckel auf. »Und schon allein als Behältnis ein hübsches Vermögen wert. Aber nun sieh erst einmal genauer hinein!«
Raymond beugte sich vor. Zuerst sah er gar nichts, weil das Talglicht ihn blendete, dann aber hielt der Strick das Kästchen ein Stück höher, und jetzt endlich hoben sich die Umrisse eines kleinen weißlichen Gegenstandes schärfer von dem ebenfalls hellen Untergrund ab.
»Erkennst du das zarte Leuchten?«, fragte der Strick. »Man könnte meinen, er strahle von innen, und vielleicht tut er das ja sogar. Und fällt dir auch auf, wie ausnehmend gut erhalten er ist? Keinerlei Spur von Alter oder gar Fäulnis. Wie neu und dabei doch uralt!«
»Das ist ja nur ein Zahn!«
»Aber was für ein Zahn! Einer, der einst im Mund des heiligen Petrus steckte. Petrus, der Fels Christi. Der Mann, auf den Jesus seine Kirche gebaut hat. Ein Streiter und Kämpfer. Was könntest du dir Besseres für dein Kriegsglück wünschen?«
»Und woher will ich wissen, dass er auch echt ist?«
Blitzschnell klappte der Strick das Kästchen wieder zu.
»Du musst ihn nicht nehmen«, sagte er. »Man wird ihn mir anderweitig aus den Händen reißen. Doch dir würde ich ihn natürlich am liebsten anvertrauen. Weil ich weiß, wie sehr du ihn zu schätzen wüsstest. Vorausgesetzt allerdings, auch du bist bereit, mir entgegenzukommen.«
Raymond fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Was verlangst du? Silber? Pferde? Waffen? Land?«
»Nichts von alledem.«
»Hörige?« Es würde schwierig werden, aber er war bereit, alles einzusetzen.
»Was sollte ich mit denen? Nein, behalte dein dreckiges Bauernpack ruhig selber! Mir geht es um etwas anderes.«
»Dann
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