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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Weg entschieden, die Vergangenheit mit aller Macht vergessen zu machen; es erschien ihm unmöglich, ihn jetzt noch davon abzubringen.
    »Manchmal glaube ich, er hat mich auch nicht lieb.« Rose starrte auf die abgekauten Fingernägel, die Raymond zum ersten Mal auffielen. »Vielleicht hasst er mich sogar.« Er hörte, wie sie schluckte. »Weil er denkt, es ist ihr Blut, das in mir fließt. Schlechtes Blut. Böses Blut. Blut, das mich manchmal krank macht. Dann schämt er sich für mich und wünscht sich, ich wäre gar nicht seine Tochter.«
    »Das bildest du dir nur ein.« Er hüstelte verlegen. »Außerdem ist es doch schon eine ganze Weile her, dass du das letzte Mal krank warst, oder nicht?«
    »Du weißt also auch schon davon«, sagte Rose. »Das hätte ich mir denken können. Du musst mich nicht trösten. Ich weiß, was ich weiß. Auch wenn ich manchmal davon träume, es sei ganz anders.«
    »Mehr zu spüren als andere, kann eine Last sein«, erwiderte Raymond sanft. Sie war so jung, so schutzlos! Wenn ihr Vater nicht für sie sorgen wollte, dann würde ab jetzt er es tun. Auf diese Verantwortung mehr kam es ihm nicht an. »Besonders für ein Mädchen in deinem Alter. Du bist so ernst, Rose. Viel zu ernst. Und reden tust du wie eine Erwachsene.«
    »Weil ich am liebsten drinnen bin und auf meiner Tafel herumkritzle?« Sie lachte, sah plötzlich fröhlicher aus. »Das hat Tante Almut auch immer gesagt. Dabei ist es in Wirklichkeit ganz anders. Soll ich dir ein Geheimnis verraten?«
    Er nickte, bezaubert von ihrer Lebendigkeit.
    »Wenn ich die Worte lang genug aneinander reihe, dann geschieht etwas Wunderbares: Geschichten keimen und beginnen zu wachsen, so wie es im Sommer die Früchte an einem Baum tun. Sie reifen, werden prächtig und immer runder, und auf einmal bin ich nicht mehr allein, sondern hab die ganze große Welt auf meiner kleinen Wachstafel eingefangen. Es gibt nichts Schöneres, nichts, was mich glücklicher machen könnte.«
    »Ich wünschte, du könntest etwas davon auch Eila beibringen«, sagte er bewegt. Niemals zuvor hatte er jemanden so reden hören wie dieses magere kleine Mädchen.
    »Eila?« Rose schüttelte den Kopf. »Die will doch nur den ganzen Tag rennen und reiten und jagen.«
    »Versuch es trotzdem!«, bat er sie. »Und ich werde zusehen, wie ich euch dabei unterstützen kann. Ihr beide sollt einen guten Lehrer bekommen. Dann wird die Welt bald noch größer und bunter.«
    Sie hatte sich bei seinen Worten erhoben, stand nun in ihrem Leinenhemdchen vor ihm, blass und fröstelnd.
    »Komm bald zurück!« Rose musste sich strecken, um ihre Hand an seine Wange zu legen, und als sie es tat, war es wie ein freundlicher warmer Hauch. »Lass uns nicht zu lange warten! Wir brauchen dich hier. Ohne dich ist es hier finster und kalt. So, als würde die Sonne gar nicht mehr aufgehen wollen.«
    »Bete für mich!«, sagte er und legte die Hand auf ihren Kopf, den das Haar wie eine dunkle Kappe umschloss. »Versprichst du mir das, mein Mädchen?«
    »Das will ich gerne tun«, entgegnete Rose ernst.

MÄRZ 946
MAGDEBURG
    »Und du bist dir wirklich sicher?« Der Blick des Paters hatte etwas Zwingendes.
    »Ja.« Otto hielt ihm stand. »Ich bin nur ein einfacher Heerführer.«
    »Du bist gekrönt und gesalbt«, sagte der Mönch. »Das Volk würde dich sehr gern an Palmsonntag mit frischem Grün in die Klosterkirche einziehen sehen – und ich bin überzeugt, deine Ritter würden es ebenfalls zu schätzen wissen.«
    »Ich diene Gott auf meine Weise: auf dem Schlachtfeld, während der Messe und in der Stille meiner Kammer. Das muss genügen.« Otto griff nach den Pergamenten vor ihm.
    »Die neuen Schenkungsurkunden finden also deinen Beifall?«, wechselte der Pater geschickt das Thema. Er musste seinen Plan ändern. Aber er war erfahren darin, das je nach Bedarf zu tun.
    Otto betrachtete die beiden Pergamente nacheinander. Prächtig sahen sie aus, kunstvoll beschrieben. Die Worte, von denen man ihm versichert hatte, dass sie bestes, feinstes Latein seien, reihten sich in ordentlichen Zeilen aneinander. Sein königliches Siegel würde das Ganze vervollständigen.
    Schließlich legte er die Pergamente wieder auf den Tisch zurück.
    »Es macht mich froh, dass wir dem Kloster neues Land und damit neue Einkünfte zusichern können, selbst wenn es für den Moment auch nur ein paar Weiler und Äcker sind. Wir werden diese Absicht mit aller Konsequenz weiterverfolgen. Ich möchte, dass das Moritzkloster bald

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