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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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die Hände der beiden Jungvermählten ineinander legte und den Segen sprach, begannen ihre Tränen zu fließen.
    In diesem Augenblick öffnete man Dutzende kleiner Weidenkörbe, und nun flogen lebendige weiße Tauben durch das Kirchenschiff. Eine war besonders mutig und steuerte den Kopf der Braut an, auf dem sie laut gurrend sitzen blieb.
    Ida blieb regungslos wie eine Statue, bis Liudolf das Tier vorsichtig herunternahm. Nun erst schien wieder Leben in sie zu strömen. Er wollte ihr die Taube vorsichtig auf die Hand setzen; in diesem Augenblick kotete der Vogel.
    Liudolf ließ ihn blitzschnell fallen.
    Ida lachte, und nach einem Augenblick des Schreckens lachte auch ihr frisch gebackener Gatte. Der zarte Schleier war unversehrt geblieben, ebenso der goldene Reif, der ihn hielt, und auch das rote Kleid, das ein breiter, juwelenbesetzter Gürtel schmückte, hatte nichts abgekommen.
    »Es soll Glück bringen, meine Liebste!«, sagte Liudolf und küsste Ida. »Alles Glück dieser Welt – und das werden wir haben, du und ich!«
    »Hast du ihr Haar gesehen?«, flüsterte Eila. »Es ist ebenso hell und glänzend wie das der Eiskönigin, aber nicht silbern, sondern golden wie reifer Sommerweizen. Ich wette, es ist so lang, dass sie sich ganz darin einwickeln kann.«
    Rose presste die Lippen zusammen, um die Freundin zum Schweigen zu bringen. Der strenge Kirchenraum, geprägt von dem weißen Kalkstein der Wände und dem roten Sandstein der schlanken Säulen, übte eine merkwürdige Faszination auf sie aus, sprach zu ihr und hieß sie willkommen. Eine seltsame Erregung hatte sie ergriffen, die sie sich nicht erklären konnte. Immer wieder fuhren ihre Hände an den Falten des Kleides entlang, ohne Ruhe zu finden, und die silberne Lunula brannte auf ihrer Haut.
    Zum ersten Mal wünschte sie sich, anstatt des mütterlichen Amuletts, das sie stets von allen getrennt hatte, eines der schlichten Kreuze zu tragen, wie Tante Almut und die anderen Kanonissinnen es taten.
    Dann setzte oben auf dem Chor das Lied der frommen Frauen ein. » Angelis suis mandavit de te, ut custodiant te in omnibus viis tuis. «
    Roses Lippen formten lautlos die Übersetzung: »Seinen Engeln hat Er befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.« Sie verstand jedes Wort – endlich!
    Tiefes Glücksgefühl erfüllte sie. Am liebsten wäre sie stehen geblieben, um weiter alles auf sich einwirken zu lassen, aber die Messe war vorüber, und Eila, ungeduldig wie meistens, versetzte ihr einen kräftigen Rempler.
    »Schläfst du jetzt schon mit offenen Augen? Komm, ich will nach draußen und mir die schöne Braut endlich ganz aus der Nähe ansehen!«
    Noch immer halb benommen folgte ihr Rose. Draußen hatten die Damen und Herren des Hofes mit Armen und Händen einen lebendigen Bogen gebildet, den das Brautpaar durchschreiten musste. Liudolfs Gesicht verriet seine Aufregung, denn Flecken brannten auf seiner hellen Haut; die blutjunge Braut dagegen lächelte entspannt. Raymond hatte also nicht übertrieben. Die hohe, leicht gewölbte Stirn gab ihr etwas Königliches; ihre Nase war schmal und herrisch, der Mund fein gezeichnet und rosig, als liege ein Schimmer auf ihm.
    Man hatte in der warmen Maiensonne lange Tische und Bänke aufgestellt, die reich mit Speisen und Getränken gedeckt waren; eine Stärkung, bevor die Hochzeitsgesellschaft weiter nach Werla reiten würde, wo das eigentliche Fest stattfinden sollte.
    »Gefällt es dir?«, fragte Raymond.
    Eila nickte so heftig, dass der straff geflochtene rote Zopf auf ihrem Rücken hüpfte.
    »Alles! Die weißen Tauben und die schöne Braut und überhaupt …«
    »Gunna wird euch helfen, damit ihr heute Abend genauso anziehend sein werdet«, sagte er lächelnd, weil ihre ungekünstelte Begeisterung sein Herz wärmte. »Sie hat es mir versprochen. Wo ist eigentlich Rose?«
    »Dort drüben«, sagte Eila, »bei der Dame in Grau. Tante Almut, wie ich vermute.« Etwas Bitteres stieg in ihr hoch, als sie die beiden betrachtete. Hatte Rose nicht immer erzählt, Almut sei kalt und eigennützig? Wie sie nun aber nebeneinander dastanden und lachten, hätte man sie für Mutter und Tochter halten können, so innig vertraut wirkten sie. Würde sie die Freundin verlieren, jetzt, nachdem sie sich endlich näher kannten?
    Jemand zog so derb an Eilas Zopf, dass sie wütend herumfuhr. Vor ihr stand Sigmar, über das ganze Gesicht grinsend.
    »Jetzt hätte ich mich beinahe verbrannt«, sagte er anzüglich und blies in seine

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