Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Weiße zu sehen war. Sie schien entrückt und doch so klar wie selten zuvor, zum Greifen nah und doch unendlich fern.
Der Druck auf seiner Brust wurde so schwer bei diesem Anblick, dass er beinahe aufgeschrien hätte. Doch nicht einmal ein Schrei hätte sie erreicht.
Raymond drehte sich um und ging wortlos hinaus.
Am folgenden Morgen besprach er sich ausführlich mit Bodo und Gissel und ordnete an, dass die Bewachung während seiner Abwesenheit verdreifacht werden solle. Um dies zu gewährleisten, musste ein Teil der Kriegsknechte verpflichtet werden, hier als Wache für einige Zeit Dienst zu tun.
»Das Tor muss Tag und Nacht bewacht werden«, befahl Raymond. »Ebenso der Burgfried, von dem aus ständig Meldung zu machen ist. Kein Fremder darf die Burg betreten. Und ihr verlasst sie nur, wenn es unbedingt sein muss.«
»Ich fürchte, das wird nicht ohne Schwierigkeiten gehen, Herr«, wandte Bodo ein. »Es ist mitten im Frühling, und die Leute haben auf ihren Feldern zu tun …«
»Versprich ihnen Silber«, sagte Raymond. »Das wird die Mäuler rasch stopfen.«
»Ich bin mir trotzdem nicht sicher«, pflichtete Gissel dem Kämmerer bei. »Wenn wir im Krieg wären … aber so?«
»Wir sind im Krieg!«, sagte Raymond heftig. »Wie sonst würdest du die Plünderungen, Morde und Vergewaltigungen der Turci nennen, mit denen sie das Land überziehen? Wir haben Glück, wenn sie unsere Gegend kurze Zeit verschonen, aber das heißt noch lange nicht, dass sie nicht bald schon wiederkommen werden.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Es hat schon einmal einen langen, goldenen Frieden gegeben, unter dem Vater des Königs«, sagte Gissel. »Solange er sich an die Abmachungen mit den Steppenreitern gehalten hat. Wieso folgt ihm sein Sohn nicht darin? Das wäre hilfreicher für uns alle.«
»Diese Zeiten sind vorbei. Solange die Mordbrenner uns bedrohen, muss der Krieg gegen sie weitergehen.«
»Die Herrin wird dich also nicht begleiten?«, fragte Bodo mutig. »Deshalb all diese Maßnahmen?«
»Die Herrin fühlt sich nicht wohl.«
Bodo und Gissel nickten zustimmend, als sie die Lüge hörten.
»Ich denke, es ist besser, ihr keine unnötigen Strapazen zuzumuten. Außerdem bin ich bald wieder zurück.«
Raymond wusste, wie treu die beiden ihm ergeben waren, und dennoch glaubte er, ihre skeptischen Blicke im Rücken zu spüren, als er hinüber zur Schmiede ging. Drinnen sah er Vater und Sohn an der Esse arbeiten, und der Vorschlag Algins, Eisen direkt von der Mine im Rammelsberg zu kaufen, kam ihm in den Sinn. Zunächst war er sehr angetan davon gewesen; dann jedoch hatten seine Zweifel und Überlegungen eingesetzt. Er würde den König fragen müssen, das stand fest, aber wie viel konnte er noch von Otto erbeten, ohne dass dieser die Geduld verlor?
Er ging weiter zu den einst verwahrlosten Räumen, die Gunna nach der Rückkehr ihres Mannes so wohnlich gemacht hatte. Im vordersten arbeitete sie an der Töpferscheibe, die kleine Lenya zu ihren Füßen, die in ihren dicken Händchen ebenfalls ein Stück Ton knetete.
»Du wirst die Mädchen begleiten«, sagte Raymond. »Und lass uns nicht zu viele Worte darum machen, denn meine Stimmung ist denkbar schlecht. Ich könnte es dir befehlen, aber viel lieber möchte ich darum bitten, Gunna.«
Ihre dunklen Augen sahen ihn aufmerksam an.
»Nach Werla«, setzte er hinzu. »Zur Prinzenhochzeit. Schon übermorgen. Die gesamte Ritterschaft wird dort anwesend sein, viele schöne Damen, und die beiden Mädchen brauchen jemanden, der sich während der Festlichkeiten um sie kümmert. Jemand, der mehr ist als eine Dienerin.«
»Etwa so?« Gunna berührte ihre Wangen, dann das einfache, lehmbespritzte Kleid. »Willst du, dass ich dir dort Schande bereite?«
»Keineswegs! Es gibt genügend Frauengewänder auf dieser Burg«, sagte er mit einer wegwerfenden Geste. »Malin soll dir zur Hand gehen, damit du rasch das Passende findest. Und was dein Gesicht anbelangt«, für einen Augenblick zeigte er beinahe so etwas wie Verlegenheit, aber er fasste sich schnell wieder, »so gibt es wenig andere, die man auch nur halb so gern betrachtet.«
»Als Erstes werde ich mit Algin reden müssen«, sagte Gunna, die nun lächelte. »Du kennst ihn. Es wird nicht leicht sein, ihn zu überzeugen, doch ich denke, es ist zu schaffen. Und dann wäre da noch etwas Wichtiges: Lenya. Du weißt, dass ich sie niemals alleine lasse.«
Die Kleine wandte den Kopf, als sie ihren Namen hörte, und
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