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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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etwa nicht?«
    Zaghaftes Nicken, auch das war ihr vertraut.
    »Wie heißt du denn?«
    »Trinchen«, kam es fast unhörbar zurück. »Getauft nach der heiligen Katharina.«
    Eila verzichtete darauf, zur Beruhigung die Hand auf den krumm gezogenen Scheitel zu legen, von dem zwei dunkelblonde Rattenschwänze abstanden. Das Mädchen würde erst Vertrauen fassen, wenn sie öfter kam, und obwohl die Liste der Anwärter, die auf eine mildtätige Unterstützung der Kanonissinnen hofften, von Jahr zu Jahr länger wurde, beschloss Eila, genau das zu tun. Wenigstens war ihr zweiter Korb voller Lebensmittel, die sie abermals der Küchenmeisterin abgeschwatzt hatte, schon bei der Schwangeren angelangt. Für die nächsten Tage würden Eier, Mehl, Speck und ein paar geräucherte Würste die hungrigen Mägen füllen, aber das war jetzt nicht das Wichtigste.
    »Wir müssen deine Augen reinigen, Trinchen«, sagte sie und verfluchte sich innerlich zum aberdutzendsten Mal dafür, dass sie daheim auf der Burg nicht besser aufgepasst hatte, wenn Malin in der Küche ihre Kräutertinkturen zusammengebraut hatte. Ein wenig war offenbar trotzdem hängen geblieben, und endlich fiel ihr die Pflanze wieder ein, nach der sie sich das Gehirn so lange zermartert hatte. »Später kochen wir dir einen Sud aus Augentrost, mit dem du die Augen benetzen kannst.«
    »Und der macht sie dann wieder ganz heil?« Das Mädchen blinzelte zu ihr hinauf. Die Pupillen erschienen Eila trüb; das Weiß der Augen war stark gerötet.
    Sollte sie Trinchen noch einschärfen, sich bis zu ihrer Wiederkehr besser von der Feuerstelle fern zu halten? Eila entschied sich dagegen. Die Enge der Kate würde das ohnehin nicht zulassen, und zudem war die karge Erde vor den Hütten des kleinen Weilers, der zu den Besitzungen des Gandersheimer Stifts gehörte, bereits allmorgendlich mit Reif überzogen. Eine Lungenentzündung, die das magere Ding in seinen Lumpen sich nur zu schnell einfangen konnte, würde die Sache keinesfalls besser machen.
    »Einen Versuch wert ist es allemal«, sagte sie stattdessen, froh, dass die strenge Priorin ihre Unterhaltung nicht mithören konnte. Bihilit, die als Unterstützung der Kaisernichte dem Stift vorstand, bis Gerberga alt genug sein würde, um selber als Äbtissin zu walten, hätte sicherlich ausführliche Gebete und den regelmäßigen Besuch der heiligen Messe empfohlen. Aber diese Kleine mit ihren verklebten Augen wirkte so jämmerlich, dass Eila sich fragte, ob sie sich in der zugigen Kapelle nicht auf der Stelle den Tod holen würde. »Und ich denke, du wirst Glück haben.«
    »Dann müssen wir jetzt zum Brunnen. Komm, ich zeig dir den Weg! Ist gar nicht weit.« Trinchen hob den Arm und deutete nach Westen.
    »Müssen wir nicht. Warte!«
    Eila fasste in ihre einstige Falknertasche, die längst anderen Zwecken diente, und holte ein Tongefäß heraus. Für einen Moment glaubte sie, Sivs Keckern zu hören und ihr geliebtes Gewicht auf dem Arm zu spüren, doch die Empfindung war ebenso schnell wieder vorbei, wie sie sie angeflogen hatte. Nur in ihren Träumen trug sie noch den Falknerhandschuh und war glücklich und frei; der Alltag dagegen, den sie hier kennen gelernt hatte, verlief streng geordnet und erlaubte kaum Ausnahmen. Etwas besser ging es ihr, wenn sie am Stiftsbrunnen war und sich das kalte Wasser über die Hände rinnen ließ. Viele behaupteten, die Quelle besitze wahre Wunderkräfte und könne viele Krankheiten lindern, wenn nicht sogar heilen. Auf alle Fälle war sie klar und sprudelte überreichlich, und dass Eila das mitgebrachte Wasser zusätzlich mit etwas geweihtem Rosenöl versetzt hatte, konnte sicherlich nicht schaden.
    Sie hatte die sauberen Lappen in der Eile vergessen. In Ermangelung eines sinnvollen Ersatzes hob sie ihr Kleid hoch, riss einen Streifen von dem leinenen Unterkleid ab, das vom langen Tragen und vom vielen Waschen schon ganz brüchig geworden war, und benetzte ihn. Die Kleine hielt still, während Eila die Augen damit säuberte, so gut es eben ging.
    »Die richtige Medizin bring ich dir dann beim nächsten Besuch mit«, sagte sie. »Ich muss erst jemanden überreden, sie für dich anzusetzen. Doch ich denke, diese Person wird es tun.« Celia, die Infirmarin, konnte unwirsch auffahren, wenn man sie mit zu vielen Wünschen und Anliegen auf einmal überfiel, aber inzwischen kam Eila mit ihren rasch wechselnden Launen ganz gut zurecht. Seitdem sie Bihilit überredet hatte, sie regelmäßig zu den Armen gehen

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