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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Turmschlüssel holen.
    Oben angelangt, bereute sie, dass sie so lange nicht mehr hier gewesen war. Sie konnte den Sommer riechen, der sich über das Land gelegt hatte, das Gras, die Blumen, die Bäume, alles schien bis zu ihr herauf zu duften, und sie beneidete die einfachen Leute, die jetzt an ihren Johannisfeuern die kürzeste Nacht des Jahres feiern konnten. Wind hatte sich erhoben, der Eilas Fackel wie wild flackern und schließlich erlöschen ließ. Aber sie fühlte sich behaglich in der Dunkelheit.
    Nach einer Weile öffnete sich mit einem Knarzen die Tür; jetzt war sie nicht mehr allein auf der Plattform.
    »Rose?«, fragte sie über die Schulter, bereits halb entschlossen, sich wegen ihrer Patzigkeit von vorhin zu entschuldigen. Da merkte Eila, dass sie sich getäuscht hatte.
    »Du?«
    »Ich dachte, ich sollte bei dir sein – in dieser Nacht.«
    »Aber die anderen … und das Feuer …«
    »Welche anderen, Eila?« Landos Stimme war sanft. »Du und ich – ist das nicht genug?«
    Er war da, war nur ihretwegen zurückgekommen!
    Halb benommen vor Überraschung und Freude stand sie vor ihm. Er musste gerannt sein; sie roch seinen frischen Schweiß und etwas Bitteres, Strenges, das sie an die vielfältigen Gerüche der Schmiede erinnerte, die sie so sehr mochte.
    »Deine Haut riecht nach Eisen«, sagte sie. »Als sei es tief in dich eingedrungen.«
    »Kann schon sein!« Er klang stolz. »Aber mein Herz ist nicht aus Eisen.«
    Sie kam ihm ganz nah, schmiegte ihr Gesicht in die Beuge seines Halses, stand einfach still da. Ihr Zopf war halb aufgelöst; Lando berührte die warmen Flechten, und alles war genau so, wie er es sich immer erträumt hatte. Ohne Angst lag sie in seinen Armen, nachgiebig und weich, als geschähe es nicht zum ersten Mal, sondern als wäre es schon geschehen, wieder und wieder.
    Dann trafen sich ihre Lippen, und sie küssten sich.
    »Zieh dein Gewand aus!«, sagte Eila nach einer Weile.
    »Weshalb?«
    »Weil sonst der Boden zu hart ist.«
    Er starrte sie verblüfft an, seine schöne, wilde junge Braut dieser Rotnacht. Dann begann er schallend zu lachen.

    Bruder Rochus kniete vor Oda, die ihn kühl lächelnd musterte.
    »Ich kann nicht mehr, Herrin! Dem Wahnsinn bin ich näher als dem Leben, und du allein bist schuld daran.«
    »Weshalb liest du nicht einfach weiter?« Um ihn herum lagen Pergamente auf dem Boden verteilt, alles Oden und Gedichte, von denen allerdings bisher keines ihre Gnade gefunden hatte.
    »Aber was nur, in Gottes Namen! Horaz ist dir zu langweilig, Catull zu gewagt, Martial zu geschwollen …«
    Von draußen hörte man Hundegebell und Pferdewiehern. Aber die beiden scherten sich nicht darum.
    »Warum nimmst du nicht diesen Ovid?« Ihre Stimme war leicht schleppend, was den Mönch noch mehr in Liebesglut versetzte. »Der hat mir noch am besten gefallen.«
    Er krabbelte auf allen vieren und suchte nach dem entsprechenden Pergament. »Aus der Liebeskunst ?«
    »Meinetwegen.«
    Sein Finger fuhr die Zeilen entlang, plötzlich hielt er inne. Ein schiefes, hoffnungsvolles Lächeln, dann begann Rochus zu lesen:
    »Zuerst durchdringe dich die Zuversicht, dass alle erobert werden können. Du wirst sie fangen, spanne nur die Netze aus! Eher können im Frühjahr die Vögel schweigen, im Sommer die Zikaden, eher kann der arkadische Jagdhund vor dem Hasen fliehen, als eine Frau einem jungen Mann widerstehen, wenn er sie schmeichelnd in Versuchung führt; auch eine, von der man glauben könne, sie wolle nicht, wird wollen …«
    Bruder Rochus leckte sich die Lippen. Sein Durst war unerträglich, aber er würde standhaft bleiben. Noch.
    »Das hat Ovid gesagt?«
    »Geschrieben, schönste Herrin, geschrieben! Und meine ärmliche Übersetzung, die ich dir hier vortrage, vermag womöglich nicht die ganze Größe wiederzugeben.«
    Sie hatte unversehens ihren Schuh fallen lassen. Ihr nackter Fuß schwebte direkt vor seinem Gesicht. Der Mönch ließ sein Pergament sinken, packte ihn und begann ihn mit heißen Küssen zu bedecken. Oda war so überrascht, dass sie ihn zunächst gewähren ließ.
    In diesem Moment sprang die Tür zur Kemenate auf, und Raymond stürzte sich wie ein Rasender auf Rochus.
    »Das wirst du mir büßen!«, schrie er, packte den Mönch, riss ihn hoch und schlug auf ihn ein. »Mein Vertrauen derart zu missbrauchen!«
    Der Mönch versuchte, den Hieben und Schlägen auszuweichen, aber gegen Raymond war er hoffnungslos unterlegen. Der Graf trieb ihn aus der Tür und prügelte

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