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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Holzkohlenstück aus der Esse, das in seiner Hand immer kleiner wurde und sich den Rundungen des Eisens anpasste. Danach öffnete er das Kästchen, in dem die Reste des pulverisierten Ziegelsteins lagen, nahm ein Häufchen davon, vermischte es mit Leinöl und trug es mit einem Stückchen Leder auf.
    Das Eisen schien die Flüssigkeit regelrecht zu trinken. Es wurde dunkler und glänzender, aber es war und blieb trotz allem einfaches Eisen und würde niemals Silber sein oder gar Gold. Vielleicht wäre es angebracht gewesen, das Leinöl auch noch mit Feuer einzubrennen, aber es war zu spät, um jetzt noch die Esse anzuheizen.
    »Ein Ring für das Liebchen eines Schmiedes«, sagte Lando halblaut. »Ich hoffe nur, sie vergisst ihn nicht zu bald.«
    Er wickelte den Ring in ein Stück Leder ein. Niemals würden sie ihn mehr zu Eila lassen, das war gewiss. Doch er konnte ihn an den Fuß der Treppe legen und darauf hoffen, dass sie ihn dort entdecken würde.
    Lando sah sich noch einmal um, bevor er die Schmiede verließ. Noch vor Sonnenaufgang würde Gissel ihn fortbringen. Die Mutter hatte geweint, der Vater war stumm geblieben.
    Er konnte nur beten, dass der Rammelsberg ihn nicht verschlingen würde.

    Eila weinte in Roses Armen, die ihr das nasse Haar aus der Stirn strich und ihr leise Besänftigendes ins Ohr murmelte.
    »Aber ich will nicht in dieses Stift!«, sagte Eila. »Dort werde ich verkümmern wie eine Pflanze, der man das Wasser verweigert.«
    »Der hortus dort ist wunderschön«, murmelte Rose. »Man kann ihn von jedem Raum aus sehen, wusstest du das? Und erst das Scriptorium! Außerdem wären wir beide immer zusammen …«
    Weinend fuhr Eila auf.
    »Wird er ihn töten, was meinst du? Wird er Lando jagen und umbringen wie ein flüchtiges Wild? Dann will ich auch nicht mehr leben!«
    »Das wird er nicht. Was sagst du da! Dein Vater würde doch niemals …«
    »Mein Vater!« Das Schluchzen wurde nur noch stärker. »Wieso sehe ich dann aus wie dieser rote Mönch, den du mir gezeigt hast? Ich wollte Vater danach fragen, schon die ganze Zeit, aber ich wusste doch nicht, wie, und jetzt ist ohnehin …« Erschöpft sank sie in sich zusammen.
    »Du brauchst vor allem einen klaren Kopf«, sagte Rose. »Ich geh dir frisches Wasser holen. Bin gleich wieder da.«
    Mit einer Öllampe in der Hand ging sie die Treppe hinunter, als ihr Fuß plötzlich an etwas stieß. Sie bückte sich, hob das Lederpäckchen auf und öffnete es. Dann rannte sie die Stufen wieder nach oben.
    »Eila!«, rief sie. »Sieh doch nur, was ich unten an der Treppe gefunden habe! Ich glaube, Lando …«
    Eila setzte sich auf, riss Rose den Fund aus der Hand.
    Ihre Augen wurden groß. Beinahe ehrfürchtig steckte sie sich den eisernen Ring an den linken Mittelfinger.
    »Er hat es nicht vergessen«, sagte sie. »Der Ring, den er mir versprochen hat! Bis zu meinem Tod werde ich ihn tragen und nur ablegen, wenn ich Lando zuvor wieder sehe.«
    Sie versuchte, ihn abzustreifen, um ihn auf dem Ringfinger auszuprobieren – vergebens.
    Der Ring saß, als wäre er mit ihrem Finger verschmolzen. Man hätte glauben können, er habe ihren Schwur gehört.

ZWEITES BUCH
    Der Rabicht

Fünf

NOVEMBER 950
GANDERSHEIM
    I n der Kate herrschte Dämmerlicht, obwohl die Frömmsten im Stift jetzt erst die nachmittägliche Non beenden würden, und es war unerträglich stickig, weil der Rauch der Feuerstelle nur durch die Holzritzen der Wände und das winzige Eulenloch im Giebel entweichen konnte. An das meiste, was sie hier zu sehen und riechen bekam, war Eila inzwischen gewöhnt: an die Enge und den Schmutz, den Gestank nach dem immer gleichen Kohl, der bis weit ins Frühjahr hinein in der Suppe schwimmen würde, und nach noch etwas Strengerem, weil die Ziegen im gleichen Raum gehalten wurden; ebenso wie an die müden, blassen Gesichter des Jungen und der Frau, die schon wieder neues Leben unter dem ausgefransten Kleid trug. Doch als sie auf das kleine Mädchen stieß, dessen Lider dick verklebt waren, schwand ihre sonstige Beherrschung.
    Sie zog die Kleine nach draußen, obwohl ein kalter Nordostwind pfiff, der die letzten bunten Blätter tanzen ließ, und hob ihr spitzes Gesichtchen an, um den Schaden näher zu inspizieren. Als Eilas Hand nur in Augennähe kam, zuckte die Kleine zurück, als hätte sich eine Schlange vor ihr aufgerichtet.
    »So schlimm ist es?«, sagte Eila. »Ich werde dir nicht wehtun, versprochen! Aber sehen kannst du mich offenbar noch ganz gut, oder

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