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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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ihn die Treppe hinunter, bis er röchelnd am Fuß liegen blieb.
    »Mein Auge«, jammerte er. »Mein einziges Auge ist verletzt!«
    »Du wirst ihn noch umbringen!«, brüllte Oda von oben herunter. »Oder blindschlagen. Lass ihn in Frieden! Wir haben doch nichts getan!«
    »Steh auf, du Hundsfott!«, bellte Raymond. »Damit du dich wie ein Mann mit mir schlagen kannst!«
    Stöhnend kam Rochus wieder auf die Beine und spuckte zwei Zähne aus.
    »Aber ich hab doch nur …«, versuchte er gurgelnd zu sagen, da trafen ihn die nächsten harten Ohrfeigen. Seine Lippe war geplatzt, Blut rann aus seiner Nase, sein Schädel dröhnte, und den rechten Arm konnte er nicht mehr bewegen.
    »Angefasst hast du sie, du Schwein! Du wirst sie nie wieder anfassen!«
    Raymond packte den Mönch an der Kutte, schleifte ihn nach draußen, quer über den Hof.
    »Das Tor, Bodo!«, verlangte er gebieterisch. »Auf damit – aber schnell! Dieses Vieh soll nicht länger in unserer Nähe bleiben!«
    Mit einem Fußtritt stieß er Rochus hinaus in die Nacht. Das Tor fiel krachend zu.
    Für einen Augenblick war es ganz still.

    Sie hörten ihn erst, als er schon beinahe oben war. Eila zupfte noch an ihrem Kleid, Lando machte erst gar keine Anstalten, nach seinen Beinlingen zu tasten. Raymonds Fackel zitterte, als er zuerst das Mädchen ableuchtete, dann den jungen Schmied. Nichts blieb ihm verborgen, weder die aufgelösten, glühenden Gesichter der beiden noch der dunkle Fleck auf dem zerknitterten Kittel am Boden, den er angeekelt mit der Stiefelspitze wegschob.
    »Zieh dich an!« Das war an Lando gerichtet.
    »Und du, zieh dein Kleid nach unten!«
    Die beiden standen auf, stumm, angsterfüllt, aber sie gehorchten.
    »Und jetzt runter mich euch!« Raymond ließ Lando vorangehen, dem Eila folgte. Er ging als Letzter die Treppe hinunter.
    Auf einmal blieb Eila stehen und drehte sich mit angstvollem Gesicht zu ihm um.
    »Du darfst ihm nichts tun, Vater!«, sagte sie. »Bitte! Alles ist ganz allein meine Schuld.«
    »Weiter!«, sagte Raymond. »Geh weiter!«
    Als sie unten waren, packte er Eila am Arm und hielt sie fest.
    »Auf dein Zimmer«, sagte er, »und da bleibst du, bis ich dich rufen lasse! Verstanden?«
    Sie nickte tränenblind.
    »Nun zu dir!« Lando erhielt einen kräftigen Rempler, der ihn beinahe hätte straucheln lassen. »Mal sehen, was dein Vater dazu sagen wird!«

    Rochus stolperte, fiel und rappelte sich wieder auf. Der Wald schien ihn zu umschließen wie eine lebende Wand, so dicht, so dunkel. Das Hämmern im Kopf war unerträglich geworden, und sein Auge schwoll allmählich zu. Seine Zunge klebte am Gaumen, so ausgedörrt war diese, und ihm war übel, ob vor Hunger oder von den Schlägen Raymonds, wusste er nicht.
    Er krümmte sich zusammen, drückte sein Gesicht ins kühle Moos und wimmerte leise. Plötzlich wurde es hell über ihm.
    Er schielte nach oben. War der Graf ihm gefolgt, um ihn endgültig zu richten?
    »Sieh an, der fromme Bruder von der Burg! Und in so miserablem Zustand. Was hast du denn auf dem Kerbholz, dass man dich derart zugerichtet hat?«
    »Graf Raymond hat …« Dumpfes Gurgeln erstickte Rochus’ Worte.
    Der Strick packte ihn unter den Achseln und zog ihn überraschend behutsam hoch.
    »Ganz mit der Ruhe! Erst einmal werden wir dich säubern und verbinden«, sagte er. »Und dann wirst du mir alles erzählen, einverstanden?«
    Der Mönch nickte matt. Dann knickten seine Beine ein und er fiel zu Boden.

    Nun, da Lando womöglich für immer fort musste, blieb ihm nur noch diese eine, letzte Nacht, um sein Versprechen einzulösen. Mochte Eila, die dort wie eine unerreichbare Gefangene in ihrem Zimmer saß, es vielleicht auch vergessen haben, er erinnerte sich genau an jedes Wort.
    Er war froh, dass er den Ring bereits über den Runddorn gebogen und anschließend die Verbindungsstellen mit der Feile angepasst hatte. Ein paar Tage später hatte er die Lötarbeiten auf dem Schmiedefeuer erledigt, den Ring anschließend hingebungsvoll gefeilt und dann mit Schieferstückchen überschliffen.
    Er betrachtete ihn eingehend. Ob er die Größe auch wirklich getroffen hatte? Er würde keine Zeit mehr haben, sich davon zu überzeugen.
    Seine Hand zitterte. Aber er bekam sich rasch wieder in den Griff.
    Der Graf hätte ihn töten können, doch er hatte es nicht getan. Und behaupteten nicht die alten Geschichten, dass jeder Schmied auch einmal das Innere des Berges zu sehen bekommen muss?
    Er begann die Politur mit einem ovalen

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