Liebe ist kein Beinbruch
sie zu sehen.
Nikki griff in ihre Schreibtischschublade und holte das letzte Stück von der Lakritze hervor, die Doc Riley ihr geschenkt hatte. Langsam aß sie es auf, während sich in ihrem Kopf die Gedanken überschlugen. Hatte sie nicht schon beschlossen, Sweetness zu verlassen? Die Arbeiter hatten ihr deutlich gezeigt, dass sie ihre Dienste nicht in Anspruch nehmen wollten. Warum also klammerte sie sich noch immer an diesen Arbeitsvertrag?
Weil sie tief in ihrem Inneren noch immer an dem Traum festhielt, Porter Armstrong würde ihr seine Liebe gestehen und sie bitten, bei ihm zu bleiben. Der Herzschmerz, der sie durchzuckte, als sie ihn vorhin gesehen hatte, bestätigte nur, dass sie für einen One-Night-Stand nicht geschaffen war. Statt ihre Neugierde zu befriedigen, hatte die Nacht im Hotel nur die Gefühle verstärkt, die sie für ihn entwickelt hatte.
Und die Tatsache, dass er nicht dasselbe für sie empfand, war schmerzhaft.
Nikki schloss kurz die Augen. Die Tatsache, dass er nicht dasselbe für sie empfand – war das nicht die Antwort, die sie brauchte?
Sie nahm den Vertrag und warf ihn in den Mülleimer neben ihrem Schreibtisch. Dann beschäftigte sie sich damit, die restliche Ausrüstung aus ihrer provisorischen Praxis in Kisten zu packen, um sie in die neue Ambulanz bringen zu können. Ihr Puls beschleunigte sich, als die Dusche abgeschaltet wurde. Sie fürchtete sich vor der bevorstehenden Unterhaltung mit Darren. Doch sie wusste auch, dass es Zeit wurde.
Als die Tür zum Bad aufging, blickte sie auf. Erstaunt stellte sie fest, dass Darren nur ein Handtuch um die Hüftengeschlungen hatte. Er war schmaler als Porter, aber mit Tennis hielt er sich fit. Er war ohne Zweifel ein attraktiver Mann.
Ein attraktiver Mann, der sie betrogen hatte.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie aufgeräumt.
„Gibt es auf diesem Berg auch heißes Wasser?“
„Nur ganz wenig. Tut mir leid.“
Seine Augen wirkten mit einem Mal dunkler. „Egal. Nachdem ich dich wiedergesehen habe, hatte ich sowieso eine kalte Dusche nötig …“ Plötzlich stand er vor ihr. „Nikki, ich habe dich vermisst.“
Ihr Herz pochte. Sie hatte ihn auch vermisst. So viele einsame Nächte hatte sie ihn vermisst. Zusammengerollt, weinend, mit Socken an den Füßen, weil er nicht da gewesen war, um sie zu wärmen, hatte sie in ihrem Bett gelegen. Und sie hatte sich gequält, hatte sich überlegt, wann es angefangen hatte, schiefzulaufen, und warum sie seine Veränderung nicht bemerkt hatte.
„Warum hast du das getan?“, wollte sie leise wissen. „Wie konntest du das tun?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Ich habe eine Zeit lang einfach nicht nachgedacht. Jetzt habe ich wieder einen klaren Kopf. Ich liebe dich … und es tut mir so leid, was ich dir angetan habe.“
Sie betrachtete sein Gesicht und bemerkte, dass es ihm wirklich leidtat. Sie wurde weich und fragte sich, ob wohl die meisten verlobten Männer Panik bekamen und dumme Dinge taten, die sie später bereuten. Ging es während der Verlobungszeit nicht darum, sich zu testen? War es nicht eine Probezeit? Es war ja nicht so, als wären sie verheiratet und er hätte einen Schwur gebrochen.
„Lass uns nach Hause fahren“, sagte er. Seine Stimme klang rau und flehentlich. „Ich werde alles wiedergutmachen. Ich werde es besser machen, als es je war. Das verspreche ich dir.“
Er wollte sie in den Arm nehmen, doch Nikki wich zurückund versuchte ihre Gedanken zu sammeln. „Ich brauche Zeit, um nachzudenken, Darren.“
„Gut“, entgegnete er und nickte. „Warum schläfst du nicht eine Nacht darüber?“ Er sah sich um. „Kann ich hier bei dir übernachten?“
Sie schüttelte den Kopf. „In der Pension sind Männer nicht gestattet. Du musst in der Männerunterkunft schlafen.“
Er wurde bleich. „O…okay.“
Sie war nicht gerade erpicht darauf, einen ganzen Abend lang noch einmal alles mit ihm durchzusprechen. Plötzlich fiel ihr die Nachricht auf der wiederbeschreibbaren Tafel in der Küche ein. „Heute Abend findet unten im Medienraum für alle ein Filmabend statt.“
„Das klingt lustig“, sagte er. In dem Moment wusste sie, dass er sich wirklich Mühe gab, denn der alte Darren hätte über einen gemeinsamen Filmabend in der Gruppe die Nase gerümpft.
Er ergriff ihre Hand. „Liebst du mich noch, Nikki?“
Sie schluckte schwer. Aber ein kurzes Klopfen an der Tür bewahrte sie davor, antworten zu müssen. Die Tür ging auf, und Porter
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