Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Pierre leise, als sie mitten im Zimmer stand und sich um sich selbst drehte. Auf der Treppe hörte er Gedränge … seine Freunde, an der Spitze Madame, kamen herauf. Man hörte ihr lautes Keuchen und Ächzen. Treppensteigen mit 300 Pfund ist gleichzusetzen mit einem Gewichthebertraining. »Hier friere ich –«
    »Noch wissen wir nicht, was passiert ist.« Sie setzte sich auf den Tisch. Dort lag ein offenes Kuvert. Sie öffnete es, holte einen Scheck heraus, las ihn und hielt ihn Pierre mit ausgestrecktem Arm hin. »53.750 Francs für zweiundfünfzig verkaufte Bilder«, sagte sie. Ihre Stimme schwankte plötzlich etwas. »Ausgestellt von Marius Callac. Weißt du jetzt, was passiert ist? Pierre, du bist endlich ein Mensch geworden!«
    »Und was war ich vorher?«
    »Ein Wesen wie Bouillon.« Der Hund hörte seinen Namen, schlug einen Salto (auch eine Neudressur von Ponpon) und sprang dann auf Evs Bett, das für ihn das Sinnbild seines Hundeglücks war. »Endlich bist du Pierre de Sangries, der keine Preisschilder für einen Supermarkt mehr malen muß.«
    »Und weißt du, warum?« Pierre blieb an der Tür stehen. Sein Blick glitt über die kahlen, weißen Wände und dann hinaus über die Dächer von Paris. Es hatte begonnen zu schneien … dicke Flocken, die auf den Dächern und Giebeln, den Balkonen und Mansardenvorbauten liegenblieben und sich langsam zu einem weißen Teppich zusammenfügten. »Nicht weil ich ein Genie bin, das Callac plötzlich entdeckt hat, sondern weil ich mir für dich ein blaues Auge habe schlagen lassen.«
    Sie schwieg betroffen, zog den Scheck zurück und legte ihn wie etwas sehr Zerbrechliches auf den Tisch.
    »Du glaubst nicht an dich, Pierre, das ist es. Wovor hast du Angst?«
    »Mein Gott, ich möchte leben! Ich möchte lieben! Ich möchte diese ganze herrliche Welt so malen, wie ich sie sehe, in einem vom Himmel herunterfließenden Glanz. Keiner sieht sie so, keiner begreift, welch ein Geschenk dieses Leben ist.« Er schrie plötzlich und merkte es nicht, und Ev saß auf dem Tisch, starrte ihn an und begriff unbewußt, daß etwas in ihm war, das nach Befreiung suchte und doch nicht aus ihm heraus konnte, weil es sonst alles, was diesen Pierre de Sangries noch leben ließ, auch noch zerstörte. »Ich möchte in dieser Schönheit explodieren, ohne zerrissen zu werden, verstehst du das? Ich möchte der Schöpfung für alles danken, was sie uns gegeben hat, ohne das alles aus einem Schatten heraus zu tun, in dem ich ständig friere.«
    Er schwieg plötzlich. Hinter ihm erschien auf dem Treppenpodest Madame Coco, prustend wie ein Flußpferd. Weiter unten hörte man den ›Roten Henry‹. Er sagte gerade: »Kennt ihr meinen neuen Zweizeiler für die Kaugummiwerbung: ›Wer einmal Lombos Gummi kaut – mit seinen Zähnen Eisen klaut!‹ Hervorragend, was?«
    »Was verschweigst du, Pierre?« fragte Ev ruhig. »Du bist auf dem Wege, ein reicher Mann zu werden. Aber du wehrst dich dagegen. Das ist doch nicht normal.«
    »Natürlich ist er nicht normal!« schrie von draußen Madame Coco. »Wir alle haben uns um ihn bemüht und Paris mit seinem Namen überschwemmt, und was tut er, ha? Er spuckt mir fast ins Gesicht!«
    »Petite mère …«, sagte Pierre schwach. »Ihr versteht das alles falsch.«
    »Silvester gibt Callac einen Ball für dich!« brüllte Madame und schob Pierre in das renovierte Zimmer. »Und wo? In den Räumen des ›Vagenende à la Belle Epoque‹. Das ganze Lokal hat er für diese Nacht gemietet! Weißt du, was das bedeutet, wenn Callac ein Vermögen ausgibt, nur um ein Lokal allein für sich zu haben? Und da steht dieser Pierre herum, als habe er sich die Hose vollgeschissen! Ev, ma chère, hast du auch in Deutschland keinen vernünftigen Menschen aus ihm machen können?«
    »Ich glaube, er möchte jetzt allein sein, Madame«, sagte Ev leise. Und was niemand je geschafft hatte, nämlich Madame Cocos Meinung aufzuweichen oder gar umzustimmen, das gelang Ev mit einem einzigen Blick.
    Madame verließ das Zimmer, schloß die Tür und verscheuchte mit ihrer Donnerstimme die nachdrängenden Freunde wieder nach unten. Erst an den langen Tischen, als der warme Apfelkuchen herumgereicht wurde, sagte sie zu Fürst Globotkin: »Wladimir Andrejewitsch, von der ganzen Bande sind Sie immer noch der Vernünftigste: Verstehen Sie, was in Pierre gefahren ist? Er hat das schönste Mädchen und rührt es nicht an. Er hat über Nacht einen Namen als Maler bekommen und blickt um sich, als habe man ihm

Weitere Kostenlose Bücher