Liebe ist staerker als Haß
gewandt und schnell auf den Beinen. So gelang es ihm, den meisten gegen ihn geführten Schlägen rechtzeitig auszuweichen.
Plötzlich fuhr Tearle auf. Das war kein Jüngling -das war seine Frau!
Im ersten Impuls wollte er sie an den Haaren packen und vom Übungsplatz zerren. Aber dann hielt er es doch für besser, nicht einzugreifen. Wenn einer der Männer seines Bruders in dem Gör die jüngste Peregrine erkannte, würde Oliver Howard in kürzester Zeit dafür sorgen, daß sie umgebracht wurde.
Es kostete ihn Überwindung, seinen Platz an der Mauer nicht zu verlassen. Wie lange war sie schon in der Burg der Howards? Wie hielt sie ihr Geschlecht vor den übrigen jungen Männern geheim? Sie mußte doch mit ihnen Zusammenleben und in einem Bett mit den Jünglingen schlafen!
Wieder spürte er den Drang, sie fortzureißen, aber er nahm sich zusammen und blieb, wo er war. Sie und ihre ganze Familie sollten verdammt sein, dachte er.
Jetzt gelang es ihr wieder, einen Schlag ihres jungen Gegners zu vermeiden. Jedesmal wenn ihr ein Treffer mit dem Schwert drohte, sprang Tearle beinahe in die Höhe. Dann schlug der andere Zared das Schwert aus der Hand, daß es weit wegflog. Tearle war nahe daran einzugreifen, aber noch einmal bezwang er sich und blieb sitzen. Mit Ekel besah er sich den Apfel in seiner Hand. Er hatte ihn in der Aufregung völlig zerquetscht.
Er sah, wie sich Zared unter dem Jungen duckte und dann ihrem Schwert nachlief. Als sie sich bückte, um es aufzuheben, fand sie noch Zeit, Tearle zuzulächeln. Sie hatte also die ganze Zeit über gewußt, daß er ihr zusah, und sie wußte sehr gut, wie ihn das mitnahm.
Er wandte den Kopf ab. Sie sollte nicht sehen, daß er um sie besorgt war. Nein, er wollte nicht um sie besorgt sein! Was scherte es ihn, was ihr oder einem aus ihrer Familie zustieß!
Dann klang erneut Stahl auf Stahl, und rasch drehte er sich wieder um. Der Jüngling hatte Zared zu Boden gestreckt, setzte ihr die Schwertspitze an die Kehle und tat so, als wollte er sie lächelnd aufspießen.
Blitzschnell war Tearle auf den Beinen und stieß den Jüngling zu Boden.
Zared lag still da und lächelte ihn an. »Wie ich sehe, hast du dich gut erholt«, sagte sie leise.
»Deine Familie hatte jedenfalls keinen Anteil daran«, entgegnete er. Bei ihrem Anblick versuchte er, sich allen Zorn und alle Verachtung ins Gedächtnis zurückzurufen, die er an dem Tag empfunden hatte, als er von der Burg der Peregrines fortgeritten war. Dabei entging ihm nicht, daß sie sehr hübsch aussah und an der Wange einen Schmutzfleck hatte.
Ihren Augen war anzusehen, was sie für ihn empfand. »Ich kam her, um wieder bei dir zu sein. Ich habe dich so vermißt. Ich ... mir gefällt es nicht ohne dich.«
Um ein Haar hätte er ihr gestanden, daß er sie auch vermißt hatte. Ihm hatte ihr Lachen gefehlt. Ihm hatte gefehlt, daß er ihr die Welt erklären konnte. Er hatte ihre ungekünstelte Begeisterungsfähigkeit vermißt. Selbst als er noch krank war, hätte er sie gern bei sich gehabt. Er hätte ihr gern gesagt, daß er sich noch schwach fühle, obwohl er eigentlich schon seit Tagen wieder auf den Beinen hätte sein müssen.
Statt dessen sagte er von oben herab: »Ich habe nicht einmal an dich gedacht.«
Sie lächelte ihn nur schweigend an.
Wie war es möglich, daß niemand in ihr die Frau erkannte? fragte er sich zum tausendsten Mal. Sie ist so weiblich wie eine Blüte und wie die Natur.
Sie machte Miene aufzustehen, aber er setzte ihr den Fuß auf den Leib. »Ich brauche nur einem Menschen zu sagen, wer du bist, und mein Bruder wird dich töten lassen«, sagte er leise.
Sie legte die Hand an sein Fußgelenk. Sein Fuß auf ihr war leicht. »Mußt du immer noch lachen, wenn man dich unter den Sohlen kitzelt?«
»Nein«, sagte er finster. »Du mußt hier verschwinden. Ich will dich nicht haben.«
»Aber ich will dich haben. Ich habe mich die ganze Zeit über elend gefühlt.«
»An dem Tag, als ich fortritt, war ich dir gleichgültig. An diesem Tag glaubtest du, ich hätte ein Kind entführt. Du hast geglaubt, ich könnte einem Kind ein Leid an tun.«
»Die Leute gucken schon auf uns«, sagte sie und wollte wieder aufstehen, aber er nahm den Fuß nicht weg. Seufzend schob sie die Hand unter den Kopf. »Ja, ich hielt dich für schuldig. Kannst du mir das vorwerfen? Schließlich warst du zusammen mit dem Jungen verschwunden. Woher sollte ich wissen, daß du ihm nichts tun würdest?«
»Du warst so lange mit mir
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