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Liebe ist staerker als Haß

Titel: Liebe ist staerker als Haß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Tür immer verschlossen blieb. Vor Rogans Vermählung war dieses Stockwerk über dem Frauengemach überhaupt nicht benutzt worden, weil sich alle vor dem Spukgemach fürchteten. Man sagte, wenn die Lady, die darin umging, einmal dringend gebraucht würde, würde die Tür sich öffnen.
    Zared sah sich um. Sie war allein auf dem Flur. Wenn die Tür offenstand, dann stand sie für sie offen.
    Sie ging einen Schritt auf die offene Tür zu. Ihre Füße waren wie aus Stein. Sie konnte sie kaum heben. So schlurfte sie denn weiter, ganz langsam auf die Tür zu.
    Atemlos vor Spannung kam sie näher. Sie hatte keine Ahnung, was sie in dem Gemach erwarten würde. Vielleicht Ungeheuer? Gespenster?
    Am ganzen Leibe bebend, trat sie ein, und alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. Ihre Angst steigerte sich ins Maßlose. Sie wollte schreien oder weglaufen oder beides. Doch nur einen Augenblick lang. Dann atmete sie erleichtert auf. Nichts war in dem Gemach. Nichts außer Stühlen mit hübschen Kissen darauf, einem Gobelinrahmen und Teppichen an den Wänden. Obwohl das Gemach seit Jahren verschlossen gehalten wurde, war es sauber und frisch. Und niemand befand sich darin.
    Zared atmete erleichtert auf. Sie ging zu dem Rahmen und sah sich den halbfertigen Gobelin an. Mit den Fingerspitzen berührte sie die Umrisse einer Dame und eines Einhorns. In diesem Augenblick löste sich ein Blatt Papier von der Decke und schwebte herab.
    Zareds Hand erstarrte. Sie stand wie angewurzelt, mit angehaltenem Atem und zitternden Gliedern, den Blick auf das Blatt Papier auf dem Fußboden gerichtet. Sie wagte nicht, sich umzudrehen. Sie hatte Angst vor dem, was sie dann erblicken würde. Stand ein Gespenst hinter ihr?
    Es dauerte einige Minuten, bevor sie sich zu bewegen getraute. Kein Laut durchbrach die Stille des Gemachs. Und obwohl die Tür offenstand, drang auch von draußen kein Laut herein. Plötzlich nahm sie all ihren Mut zusammen, machte auf dem Hacken kehrt und schaute hinter sich.
    Nichts. Niemand. Niemand befand sich außer ihr in dem blitzsauberen Gemach, das doch eigentlich verstaubt und verschmutzt hätte sein müssen. Nur Sonnenschein, obwohl draußen ein trüber Tag war.
    Es dauerte eine Weile, bis Zared ihre zitternden Glieder so weit in der Gewalt hatte, daß sie sich bücken und das Blatt Papier aufheben konnte.
    Sie hatte noch nicht lange genug bei Tearle Unterricht genommen, um die ganze Botschaft lesen zu können. Aber das war auch nicht nötig. Sie wußte auch so, was auf dem Blatt stand. Es war dieselbe Anzahl von Worten, und es war genauso abgefaßt wie die Inschrift über dem Kamin in Rogans Privatgemach. Sie kannte, wie alle Peregrines, die Worte auswendig.
    Wenn aus Rot und Weiß Schwarz wird Wenn Schwarz und Gold eins werden Wenn der Eine und das Rot sich mischen Dann werdet ihr es wissen.
    Es war ein Rätsel, das sich seit Jahrhunderten in ihrer Familie vererbt hatte, lange bevor die Fehde zwischen den Howards und den Peregrines begonnen hatte. Niemand hatte je eine Ahnung gehabt, wie die Lösung hieß. In jüngeren Jahren hatte Zared manche schlaflose Nacht damit verbracht, die Lösung zu suchen. Manchmal war ihr der Gedanke gekommen, wenn sie die Lösung fände, könnte sie ihre Brüder vor dem Tod bewahren. Aber sie war größer geworden und hatte Vater, Mutter und Brüder um sich sterben sehen. Es gab Zeiten in ihrem Leben, da sie fieberhaft versucht hatte, die Lösung zu finden. Dann glaubte sie, daß die ganze Verantwortung, ihre Familie zu retten, auf ihren schmalen Schultern laste. Sie konnte das Schwert nicht mit gleicher Kraft wie ihre Brüder schwingen. Aber vielleicht konnte sie in anderer Weise Hilfe leisten.
    Das Blatt fest in der Hand, ging sie aus dem Gemach. Sie hörte, wie hinter ihr die Tür zuging und sich verschloß. Doch sie wollte das Geschehnis nicht wahrhaben. »Es war der Wind«, flüsterte sie und ging schneller den Flur entlang.
    Wenn sie das Rätsel löste, würde sie vielleicht begreifen, was in ihrem Leben vorging. Und vielleicht würde sie ihren Ehemann wiederbekommen.

16
    Mit einem Apfel in der Hand, von dem er ab und zu ein Stück abbiß, sah Tearle den Männern seines Bruders beim Waffentraining zu. Vielleicht sollte ich sie schon als meine Männer betrachten, dachte er. Denn sein Bruder lag schwer krank danieder. Eigentlich müßte ich angesichts seines nahen Todes das Gefühl eines schweren Verlustes haben, sagte er sich. Aber irgendwie war ihm das unmöglich. Tearle glaubte, daß der

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