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Liebe ist staerker als Haß

Titel: Liebe ist staerker als Haß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Zehenspitzen verließ Zared das Gemach und trat auf den Flur. Sie folgte dem weiblichen Geist, der vor ihr herschwebte.
    Mit der Zeit nahm Zareds Angst zu, und ihr Herz klopfte immer stärker. Es kam ihr vor, als wäre sie der Frau schon stundenlang durch endlose Flure gefolgt. Plötzlich geriet sie in Bedrängnis. Denn aus einer dunklen Nische schossen vier Hunde hervor und rannten zähnefletschend auf sie zu.
    Sie wollte fliehen, aber da erschien die Frau wieder und stellte sich zwischen Zared und die Hunde. Die Tiere erschraken, machten kehrt und rannten in entgegengesetzter Richtung davon. Zareds Knie waren so schwach, daß sie kaum noch gehen konnte. Nun wurde die Frau ungeduldig. Zared riß sich zusammen und brachte es fertig, ihr weiter zu folgen.
    Es ging durch weitere Flure an hell erleuchteten Gemächern vorbei und schließlich in den ältesten Teil des ausgedehnten Schlosses. Manche Gemächer waren ohne Licht. Schmutz und Trümmer deuteten darauf hin, daß sie seit langer Zeit nicht mehr benutzt wurden. Eine Ratte flitzte unter Zareds Beinen davon, aber sie bemerkte sie kaum. Was waren schon Ratten, wenn man hinter einem Geist herging?
    Schließlich blieb die Frau stehen und zeigte auf etwas. Es war wohl eine Tür. Im Flur war es so dunkel, daß Zared kaum die Hand vor den Augen sehen konnte. Wäre nicht von dem weiblichen Geist ein matter Schein ausgegangen, hätte sie ihm nicht mehr folgen können.
    Zared starrte auf die Stelle, wohin die Frau gezeigt hatte, konnte aber nichts erkennen. Zu ihrem Entsetzen fing die Frau an, im Kreis herumzugehen. Sie bewegte sich schneller und schneller, und Zared sah ihr offenen Mundes zu. Dann blieb die Frau wieder stehen, und jetzt war es so hell wie im Sonnenschein.
    Die Frau strich sich eine Haarsträhne zurück und blickte Zared an, der die Beine nachzugeben drohten. Sie streckte die Hand aus, als wollte sie Zared anfassen. Doch ihre Hand glitt körperlos durch Zareds Arm.
    Nach allem, was sie bereits erlebt hatte, war das fast zuviel für Zared. Sie merkte, daß sie fiel. Sie wäre zu Boden gestürzt, hätte sie nicht den verärgerten Blick der Frau aufgefangen. Mit heftigen Bewegungen zeigte der Geist auf etwas, das jetzt deutlich und klar als Tür zu erkennen war.
    Mit letzter Kraft gewann Zared wieder die Herrschaft über ihren Körper. Mit zitternder Hand griff sie nach dem Riegel. Er ließ sich ziemlich leicht zurückziehen. Die Tür ging auf, und bebend trat Zared über die Schwelle.
    Es war ein altes, verdrecktes Gemach. Seit Jahren schien es von keinem Menschen betreten worden zu sein. An den zerfetzten seidenen Bettvorhängen hingen große Spinnweben. In einer Ecke hielten sich Fledermäuse auf. Durch die zerbrochenen Fensterscheiben pfiff der Wind.
    Zared schaute zu der Frau hin. Seit sie sich in diesem Gemach befanden, ging nicht mehr dieser matte Glanz von ihr aus. Sie glaubte, Tränen in ihren Augen zu erkennen. Können Geister weinen? fragte sie sich.
    Die Frau richtete sich auf und kniff die Lippen zusammen. Dann winkte sie mit dem Arm, und zu Zareds Schrecken verwandelte sich das Gemach von einem Augenblick zum anderen. Jetzt war es nicht mehr schmutzig, trübe und verblichen. Plötzlich erstrahlte es wieder in einstiger Pracht. Die Bettvorhänge leuchteten in hellem Karmesinrot, und auf dem Fußboden lagen funkelnagelneue Läufer. Fresken und Gobelins schmückten die Wände.
    Am liebsten wäre Zared ins Bett gestiegen und hätte sich unter der Decke verkrochen. Aber eine Ahnung sagte ihr, daß alles Illusion sei und das Bett in Wirklichkeit immer noch voller Spinnen und Rattendreck sein müsse.
    Sie holte tief Luft und fragte die Frau: »Was wollt Ihr mir zeigen?«
    Die Frau schwebte auf einen Gobelin zu und zeigte darauf. Nach einigem Nachdenken kam Zared zu dem Schluß, daß die Frau von ihr verlangte, sie solle den Gobelin entfernen. Aber als sie ihn berührte, fiel er sogleich von der Wand herab. Obwohl er neu, sauber und fest ausgesehen hatte, war er in der feuchten Luft hier unten längst vermodert.
    Zared ließ los und stieß die Überreste beiseite. Die Frau schwebte zur Wand und streckte die Hand aus. Für Zareds Augen war es die einzige feste Wand im Gemach. »Ist darunter etwas verborgen?«
    Die Frau nickte.
    »Ich sehe aber nichts.«
    Wieder drehte sich die Frau im Kreise, und Zared ahnte, daß sie es so lange tun würde, bis sie erneut Licht ausstrahlen würde. »Bitte nicht«, sagte sie. »Ich werde nachsehen.«
    Die Frau schien sie

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