Liebe ist staerker als Haß
ihre Toilette. Nicht immer würde sie die richtigen Worte finden, die ihn in die Schranken wiesen. Er war ebenso gemein wie dumm. Irgendwann würde er alle Vernunft außer acht lassen und sich nur von seinen Instinkten leiten lassen. Deshalb mußte sie selbst einen Gatten für sich wählen und ihren Vater dazu bringen, daß er ihre Wahl guthieß. Einen Mann, der diesen schmutzigen Peregrine aus den Plänen ihres Vaters verdrängte.
Sie setzte sich den fast einen Meter langen kegelförmigen Kopfschmuck auf, genau im richtigen Winkel, so daß die Spitze schräg nach oben zeige. Das schwere Stirnband, das ihn in dieser Stellung festhielt, schnitt ins Fleisch. Doch bald spürte sie den Schmerz nicht mehr. Über dem Kopfschmuck befestigte sie den durchsichtigen, weichen Schleier und besah sich ein letztes Mal im Spiegel. Sie wollte strahlend schön aussehen, denn sie ging auf die Jagd. Auf die Jagd nach einem Mann.
Als Zared erwachte, lag sie auf einem Feldbett im Zelt ihres Bruders. Durch die offene Klappe sah sie die Sonne schon tief am Himmel stehen. Sie fühlte sich so matt, daß sie gar nicht erst versuchte, sich aufzusetzen. Das letzte, woran sie sich erinnern könne, war der Augenblick, in dem Colbrand sie in die Arme genommen hatte.
Selig lächelte sie das Zeltdach an. Sie dachte daran, wie er aussah, wie er duftete, wie seine Stimme klang, wie ...
»So, du bist also wach.«
Müde wandte sie den Kopf dem Manne zu, der am Bett stand. Aber da er das Licht hinter sich hatte, konnte sie ihn nicht gut sehen. »Ist etwas zu essen da?« fragte sie. »Ich habe Hunger.«
Der Mann lachte spöttisch. »Es muß doch sehr anstrengend sein, sich so lächerlich zu machen.«
»Ich habe mich lächerlich gemacht?« Verwirrt bewegte sie die Lider. Der Mann kam ihr irgendwie bekannt vor, aber sie wußte nicht, woher. Jetzt trat er aus dem hellen Licht und wandte ihr den Rücken zu. Geistesabwesend hörte sie Teller klappern. Dann wurde ein Krug gefüllt. Doch sie war noch ganz im Banne Colbrands. Vielleicht hatte sie ihn nur im Traum gesehen. Vielleicht gab es in Wirklichkeit keinen solchen Mann.
»Iß das!« sagte der Mann und stellte ihr einen Holzteller mit Fleisch und Brot hin.
Sie griff danach, stützte sich auf einen Ellbogen und begann zu essen. Der Mann setzte sich neben das Bett auf einen Schemel. Von draußen klang Waffengeklirr herein. »Es hat angefangen!« rief sie und setzte sich auf. »Die Kämpfe haben begonnen. Colbrand wird mich brauchen.« Sie wollte sich erheben, aber eine große Hand packte sie an der Brust dicht unter dem Hals und schob sie zurück.
»Was bildest du dir ...«, rief sie. Dann weiteten sich ihre Augen. Sie hatte den Mann erkannt. Es war der jüngste Howard! »Du!« sagte sie mit unterdrückter Stimme, und gleichzeitig fuhr ihre Hand nach dem im Stiefel verborgenen Messer.
»Es ist nicht mehr da«, sagte er ruhig. »Ich habe dir alle Waffen abgenommen, und ich muß sagen, es hat mir Spaß gemacht, danach zu suchen.«
Sie neigte den Kopf und rammte ihn gegen seine Brust. »Uff«, stöhnte er leise. Dann fing er sie in den Armen auf und hielt sie fest.
Sie schrie: »Severn!«
Er verschloß ihr mit der Hand den Mund. »Dein Bruder ist auf dem Turnierplatz.« Nach einer Pause setzte er hinzu: »Und Colbrand, der Schwächling, auch.«
Zared hörte auf, sich gegen ihn zu sträuben. »Colbrand ist kein Schwächling.«
»Du weißt eine Menge über ihn, wie? Hast ihn schon hundertmal kämpfen sehen, nicht wahr?«
»Laß mich los! Mein Bruder wird dich in Stücke reißen. Er wird ...«
»Ja, ja, das hast du mir schon einmal gesagt.«
Wieder wehrte sie sich gegen ihn, merkte aber, daß er gegen sie so leichtes Spiel hatte, als wäre sie ein kleines Kind. Seine Hände glitten über ihre Hüften und Oberschenkel. Mit einem Stoß befreite sie sich und fiel aufs Bett zurück. Sie schob das Kinn vor und sah ihn zornig an.
»Nimm mich doch gefangen! Aber schleich nicht um meinen Bruder herum! Wenn du meinen Bruder in Ruhe läßt, gehe ich als deine Gefangene mit dir. Ich ... tue, was du willst, aber hetz dein Heer nicht auf meine Brüder!«
Tearle betrachtete sie geraume Zeit. Er wußte, daß sie jedes Wort ernst meinte. Trotz ihres männlichen Haarschnitts und der Kleidung war sie eine echte Frau, die um der Liebe willen alles zu opfern bereit war.
»Ich bin nicht hergekommen, um jemanden ein Leid anzutun. Dein Bruder glaubt, ich hieße Smith und wäre ihm von Lady Liana nachgesandt
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