Liebe ist staerker als Haß
Mann, der sich schwarzer Ritter nannte. Und dachte: Severn muß ihn besiegen!
Unbemerkt war Severn gekommen und stand nun hinter ihr.
»Was hältst du von ihm?« fragte er leise.
»Du kannst es mit ihm aufnehmen«, antwortete sie. »Die meisten haben sich durch ihn nur einschüchtern lassen. Die Hälfte dieser Männer erwartet, von ihm zu Boden geworfen zu werden. Er macht ihnen Angst. Für ihn sprechen Gewicht und Kraft, aber er ist auch nicht größer und stärker als du.«
»Du scheinst dir deiner Sache sicher zu sein.«
Sie sah ihn herausfordernd an. »Das bin ich auch.« Am Blick ihres Bruders erkannte sie, daß ihn das Gelächter am Vormittag tief verletzt hatte. »Er hat dir den Dreck in den Helm geschmiert, und er hat die Bienen losgelassen.«
Severn starrte sie an. »Meinst du wirklich?«
»Ja«, sagte sie mit Überzeugung. »Er verläßt sich nicht auf seine Fähigkeiten, sondern verbreitet Angst um sich her. Warum tritt er denn in Verkleidung und Maske auf? Er wußte, daß er dich nicht schlagen kann. Er wußte, daß er dir keine Furcht einflößen kann.
Darum machte er dich lächerlich, um deinen Kampfgeist zu brechen.«
Sie hätte ihrem Bruder auch sagen können, daß der Mann in der schwarzen Rüstung niemand anders als Smith war, den Severn für seinen Freund hielt, unterließ es aber. Sie wußte selber nicht, warum sie Severn nicht die Wahrheit sagte. Vielleicht fürchtete sie einen Wutausbruch, wenn er von dem Betrug erfuhr. Vielleicht fürchtete sie auch, daß weitere Auskünfte zu weiteren Fragen führen würden und Severn Tearles wahre Identität erraten könnte.
Severn richtete sich hoch auf und faßte den Mann auf dem schwarzen Roß ins Auge. Zared sah, daß ein neuer Ausdruck in seine Augen getreten war. Ihr Bruder hatte zu sich selbst zurückgefunden. Nun war er wieder der Mann der unbedingten Zuversicht. Jetzt quälten ihn keine Zweifel mehr.
»Ja«, flüsterte er, »ich kann es mit ihm aufnehmen.«
Du mußt ihn für mich auf den Boden werfen, dachte Zared. Du mußt ihn besiegen, um mich für die Demütigungen zu rächen, die er mir zugefügt hat. Dann ging sie mit ihrem Bruder zum Zelt zurück, um ihm beim Anlegen der Rüstung behilflich zu sein.
Eine Stunde später begleitete sie ihn zu den Schranken. Als die Zuschauer Severn erblickten, lächelten sie und stießen sich gegenseitig vielsagend an. Gleich darauf erfuhr Zared, daß der schwarze Ritter Colbrand aus dem Sattel gehoben und ihn anschließend zum Fußkampf mit Streitäxten herausgefordert hatte. Colbrand hatte die Herausforderung abgelehnt.
»Wenn der schwarze Ritter Colbrand schlagen kann, dann kann er alle schlagen«, sagten die Menschen, als Severn in klirrender Rüstung an ihnen vorbeischritt.
Severn stieg aufs Pferd, und Zared reichte ihm die Lanze. »Denk an die Bienen!« sagte sie.
Severn nickte und schlug das Visier zu. Als der Herold in die Trompete blies, ritt er donnernd zum Angriff vor.
Beim ersten Gang zersplitterten die Lanzen beider Ritter. Unentschieden.
Beim zweiten Gang zersplitterten wieder beide Lanzen. Immer noch unentschieden.
»Denk an den Schlamm im Helm!« sagte Zared.
Beim dritten Gang brach Severn seine Lanze an der Rüstung des schwarzen Ritters, und es gelang ihm, der Lanze des Gegners auszuweichen. Ein Punkt für Severn.
Zared reichte ihm Wasser zur Erfrischung. »Ich glaube, er will Lady Anne erobern«, sagte sie. »Er will erreichen, daß die Leute wieder über dich lachen. Dann gehört ihm ihre Hand und ihr Geld.«
Severns Augen blitzten, als er das Visier herabließ. Er griff den schwarzen Ritter an, wie er den Feind auf dem Schlachtfeld anzugreifen pflegte. Er wollte sein Blut. Fest saß er im Sattel, leicht vorgebeugt, die Lanze in der behandschuhten Hand, und ritt entschlossen auf ihn zu.
Alles geschah so schnell, daß Zared es gar nicht mitbekam. Eben ritt ihr Bruder noch zum Angriff vor, im nächsten Augenblick lag er schon am Boden. Der Beifall für den Sieg des schwarzen Ritters war ohrenbetäubend. In dem allgemeinen Lärm schlüpfte Zared unter der Barriere durch und kam ihrem Bruder zu Hilfe.
Severn war schlimmer gedemütigt, als es sich mit Worten sagen ließ. Er stieß seine Schwester weg und stampfte zum Zelt zurück. Zared folgte ihm mit seinem Helm.
Als sie allein waren, fragte sie: »Was war los?«
»Er hat mich besiegt«, antwortete Severn. »Der bessere Kämpfer hat gewonnen.«
»Das glaube ich nicht. Du bist besser als er.«
Severn nahm einen Apfel von
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