Liebe ist staerker als Haß
immer nichts.«
Jetzt sah sie mit zornfunkelnden Augen zu ihm auf. »Ich werde dich heiraten!« schrie sie. »Wenn du Lady Anne dazu bringst, Severn zum Mann zu nehmen, dann heirate ich dich!« Mit verkniffenen Lippen fuhr sie fort: »Aber ich werde nie unter einem Dach mit deinem Bruder leben. Ich werde mich nie unter Oliver Howards Herrschaft begeben!«
Er sah auf sie herab, und sein Gesicht nahm einen weichen Ausdruck an. »Ich werde dort leben, wo du es wünschst, bis du bereit bist, mir überallhin zu folgen, wohin ich gehe.«
»Ha!« sagte sie. »Ha!«
Doch Tearle lächelte nur, wandte sein Roß und ritt davon.
10
Zared bebte am ganzen Körper vor Wut und Angst, als sie zu Fuß zu den Zelten zurückkehrte. Was in aller Welt hatte sie getan?
Severn fuhr sie an: »Du warst lange weg!«
Sie hätte ihm gern eine passende Antwort gegeben. Wie konnte er so mit ihr umspringen, nach allem, was sie eben für ihn getan hatte? Nicht getan, stellte sie in Gedanken richtig. Eingewilligt zu tun! Noch war nichts von dem Schrecklichen, was geschehen konnte, wirklich geschehen.
Dieser Gedanke heiterte sie ein wenig auf. Vielleicht würde überhaupt nichts Böses geschehen. Vielleicht würde sie mit Severn bis zu seinem letzten Gang auf dem Turnierplatz im Zelt bleiben. Dann konnten sie heimreiten und so tun, als wäre nichts vorgefallen. Vielleicht würden die Leute den schwarzen Ritter und den Schlamm in Severns Helm und die Fahne mit dem Satyr darauf wieder vergessen.
Ja, sicher, dachte sie, und morgen wird mir Gott Engelsflügel verleihen.
Severn ließ seinen Dolch fallen. Zared sprang erschrocken in die Höhe.
»Was ist dir?« fragte er.
»Nichts. Mir geht es gut. Mein Leben ist eine einzige Freude.«
Severn lächelte. »Dir fehlt Smith, nicht wahr?«
»Du hirnloser Kerl, du ...«
»Solche Unverschämtheiten lasse ich mir nicht von dir bieten«, sagte er. Und mit einem großen Satz quer durchs Zelt stürzte er auf sie zu.
Zared versuchte nicht auszurücken, wie sie es sonst tat. Im Gegenteil, sie wünschte sich gerade einen guten, hitzigen Kampf. Deshalb senkte sie den Kopf und
rammte ihn Severn in den Leib. Schnaufend packte er sie an ihrem Waffenrock und zog sie zu sich heran.
»Was, zum Teufel, ist denn in dich gefahren?« fragte
er.
Sie holte mit dem Fuß aus und trat ihn vor das Schienbein.
»Jetzt reicht's, du kleines ...«, keuchte er und warf sie aufs Bett.
Severn war fest entschlossen, seiner Schwester eine wohlverdiente Lektion zu erteilen. Aber in diesem Augenblick kam Smith herein. Er brachte mit festem Griff eine gutgekleidete, tränenüberströmte Frau ins Zelt. Severn ließ von Zared ab und spürte gleich darauf ihren Ellbogen in seinen Rippen. Mit einem unterdrückten Wutschrei versetzte er ihr einen Schlag an den Kopf, der sie wieder aufs Bett fallen ließ.
»Was soll das?« fragte Severn und stand auf.
Auch Zared raffte sich auf, schüttelte benommen den Kopf und schaute aus zusammengekniffenen Augen auf den Howard.
»Sag es ihm!« befahl Tearle der Frau.
Sie fing wieder an zu weinen. Dann schüttelte sie ablehnend den Kopf.
Tearle packte sie fester um den Leib. »Sonst übergebe ich dich ihm!« drohte er.
Die Frau warf einen raschen Blick auf Severn, und Angst malte sich in ihren Zügen.
»Mein Bruder ist kein ...« Zared wollte sagen, daß ihr Bruder kein Mann sei, der Frauen strafe, doch Tearle fiel ihr ins Wort.
»Sag es ihm!« wiederholte er.
Die Frau schnüffelte. »Dann bringt sie mich um.«
Tearle sagte kein weiteres Wort zu ihr. Es war auch nicht nötig. Sein Blick genügte ihr. Sie weinte noch ein bißchen, dann fing sie an zu sprechen. Die
Worte kamen so leise heraus, daß man sie kaum verstand.
»Lady ... Schlamm ... Rüstung ... Fahne.«
Zared sah verwundert Severn an. Auch der bemühte sich angestrengt, das Ganze zu begreifen.
»Lauter!« befahl Tearle.
Die Frau hob den Kopf und schaute Severn an, als wäre er der leibhaftige Teufel.
»Meine Lady hat nicht den Wunsch, Euch zum Gatten zu nehmen. Daher hat sie veranlaßt, Schlamm in Euren Helm zu schütten und Honig auf Eure Rüstung zu schmieren. Sie bezahlte einen Mann, der Eure Fahne ...«
Severn ging auf sie zu. Die Frau verstummte. Doch Tearle stellte sich schützend vor sie.
»Sie hat es nicht getan«, sagte er. »Es war Lady Anne, die dir diese üblen Streiche gespielt hat.«
»Anne?« fragte Severn verwirrt. Zared konnte sich vorstellen, was ihm durch den Kopf ging. Im allgemeinen hatten die
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