Liebe ist staerker als Haß
er klemmte sie sich einfach unter den Arm und zog mit dem Fuß eine Bank in den freien Raum zwischen den Tischen - wo die Akrobaten und Schauspieler aufzutreten pflegen. Dann setzte er sich.
»Hilfe!« schrie Anne. »Hilfe! Bitte, helft mir doch!«
Severn legte sich Anne über die Knie, hob alle Unterröcke bis auf einen hoch und ließ die Hand auf ihr festes kleines Hinterteil heruntersausen.
Klatsch! »Das ist für den Schlamm in meinem Helm!« sagte er. Klatsch! »Und das ist für den Dreck an meinem Kopf!«
Erst in diesem Augenblick erfaßten die Mittagsgäste, worum es eigentlich ging. Sie wußten alle über die Schlamperei Bescheid, die bei den Peregrines herrschte, und sie hatten über lange Zeit die vornehmen Gewohnheiten der allzu verwöhnten Lady Anne beobachtet. Jetzt brauchten sie nur zwei und zwei zusammenzuzählen.
Als erster lachte Hugh Marshall los. Es war für ihn ein Fest, mitzuerleben, wie seine allzu kluge Tochter auf diese Art gedemütigt wurde.
»Und das für die angesägten Lanzen! Und das für den Honig! Und das für die Fahne!« Und bei jedem
Satz verabreichte ihr Severn einen wohlgezielten Klaps.
Als Anne das erste Lachen vernahm, hörte sie auf, sich zu wehren. Eben hatte sie noch Angst gehabt, jetzt empfand sie nur Wut und Haß. Sie ballte die Fäuste und knirschte mit dem Zähnen. Aber wenn sie schon so erniedrigt wurde, so sollte sie doch niemand weinen sehen. Und es war eine Erniedrigung. Er schlug nicht mit voller Kraft zu, aber doch so, daß es weh tat - und das erhöhte noch ihren Zorn, falls das überhaupt möglich war.
Der riesige Saal widerhallte vor Gelächter. Denn alle lachten: Gäste, Diener, Schausteller und Kinder. Und es lachten auch die umherschweifenden Hunde.
Schließlich zog Severn Annes Röcke wieder herunter und stellte sie auf die Füße. Er blieb auf der Bank sitzen. Schweigen befiel die Menge. Alle wollten hören, was Severn zu sagen hatte.
»Das wird dich lehren, Männern üble Streiche zu spielen!«
Da er saß und sie vor ihm stand, waren sie etwa auf gleicher Augenhöhe. Sein Gesicht zeigte, wie er den Triumph genoß. Sie spuckte ihm ins Gesicht.
Im Saal wurde es totenstill.
Nur einen Augenblick schien Severn verärgert. Dann packte er sie um den Hals, zog sie an sich, schaute ihr kurz in die Augen und drückte seinen Mund auf ihre Lippen.
Die Versammelten brachen in schallendes Gelächter aus und klatschten Beifall. Und als Severn Anne nicht losließ, sondern den Kuß in die Länge zog, stampften sie zustimmend mit den Füßen auf den Boden.
Anne wehrte sich verzweifelt gegen den Kuß, konnte aber gegen seine überlegene Kraft nichts ausrichten.
Endlich ließ Severn von ihr ab, nahm sie auf die Arme, trug sie zur Tafel und ließ sie mit dem Hintern voran auf die halbgeleerte Schüssel vor ihrem Vater fallen.
»Ihr solltet in Zukunft besser auf Eure Tochter aufpassen!« verkündete Severn laut, drehte sich um und wandte sich zum Gehen.
Wieder lachten die Leute. Aber diesmal, dachte er, lachen sie nicht über mich.
Während der ganzen Zeit hatte Tearle Zared fest an sich gedrückt. Er hätte ihr nicht den Mund zuhalten müssen, um sie am Schreien zu hindern. Wahrscheinlich hätte er sie nicht einmal festzuhalten brauchen. Jedenfalls ließ er sie nicht los.
Erst als Severn sich zum Gehen wandte und hinter sich die schöne Lady Anne auf einer großen Schüssel Schweinebraten zurückließ, riß sich Zared mit einem Ruck los. »Jetzt wird Hugh Marshall seiner Tochter nie gestatten, einen Peregrine zu heiraten!« zischte sie.
»Halt!« schrie Hugh Marshall, und wieder wurde es totenstill in dem riesigen Saal.
Severn blieb stehen, bereit, das Schwert zu ziehen, falls er sich zu verteidigen hätte. Aus dem Dunkel kam Zared, um notfalls an seiner Seite zu kämpfen.
Langsam drehte Severn sich zu Hugh Marshall um.
Hugh erhob sich. Anne wollte von der Tischplatte herunter, doch er stieß sie zurück.
»Peregrine, ich habe Euch etwas zu sagen.«
»Ich höre.«
Man hätte eine Stecknadel fallen hören. Die große Zahl von Menschen hielten den Atem an. Würde der grimmige alte Hugh den armen Peregrines jetzt den Krieg erklären, weil Severn seine Tochter so gedemütigt hatte?
Die Arme vor der Brust gekreuzt, den Hintern im
Schweinebraten, die Füße im gekochten Kohl, schaute Anne triumphierend Severn an. Sie hoffte, ihr Vater würde den Mann zu einem besonders grausamen Tod verurteilen.
In das Schweigen hinein sprach Hugh: »Es ist mein Wunsch,
Weitere Kostenlose Bücher