Liebe ist staerker als Rache
die attraktive Blondine, mit der er den Ball in Mendoza besucht hatte.
Ein Kellner ging mit einem Tablett Champagner vorbei, und Maddie griff sich ein Glas. Nic hatte seine Begleiterin bei der Hand genommen, und die beiden kamen auf sie zu. Maddie war unfähig, sich zu rühren. Dabei wusste sie genau – gleich würde er ihr seine Geliebte vorstellen, und sie würde sich fühlen wie ein Stück Dreck.
Unerbittlich kamen die beiden näher. Nics Gesichtsausdruck wirkte seltsam angespannt. Sie fühlte sich wie ein Reh, das von Scheinwerfern erfasst wurde und unfähig war zu flüchten. Nie zuvor hatte sie sich derart ausgeliefert gefühlt.
Ich hätte nicht kommen sollen. Ich hätte wissen müssen, dass er die Gelegenheit nutzen würde, um mich zu demütigen.
„Maddie! Du bist wirklich gekommen! Ich verkneife mir jetzt taktvollerweise zu fragen, wie du das geschafft hast.“
Ihre Stimme schien ihr nicht gehorchen zu wollen. Sie fühlte den Blick der blonden Schönheit auf sich ruhen und wurde rot. Nie zuvor hatte sie sich in einer derartigen Situation befunden – nie zuvor hatte sie den Mann einer anderen Frau geküsst. Sie fühlte, wie sich eine eigenartige Enttäuschung in ihr ausbreitete. Nie hätte sie Nic ein derartiges Verhalten zugetraut.
„… möchte dir gern vorstellen“, drang es an ihr Ohr wie durch eine Watteschicht hindurch. Es gelang ihr, ein höfliches Lächeln aufzusetzen. Die Blondine war viel jünger, als sie gedacht hatte – höchstens zwanzig. Ihr wurde fast übel. Als weitaus schlimmer empfand sie jedoch das unstillbare Bedürfnis, dieser Frau die Augen auszukratzen.
„Das ist Estella, meine Cousine. Eigentlich solltet ihr euch schon bei der Weinprobe kennenlernen, aber sie hatte einen Model-Job. Sie ist im Moment heiß begehrt. Außerdem bekommt sie unglücklicherweise immer Ausschlag, wenn sie mehr als einen Tag auf dem Land verbringen soll.“
Die junge Frau boxte Nics Arm. „Also, wirklich! Du musst immer übertreiben.“
Erst jetzt drang in ihr Bewusstsein, dass Nic sie als „Cousine“ vorgestellt hatte.
Maddie unterdrückte die Erleichterung, die sie durchströmte. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Estella.“
„Ich freue mich auch, Maddie.“ Sie wandte sich Nic zu. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt zu meinem Begleiter zurückkehre, sonst sendet er noch einen Suchtrupp aus.“
„Ich bitte doch inständig, dem jungen Mann noch vorgestellt zu werden! Er wird natürlich so tun, als würde er heute Nacht nicht dein Hotelzimmer teilen.“
Maddie registrierte, dass Nic seine Cousine gespielt streng ansah. Estelle rollte die Augen. „Okay, Nic. Aber bitte kein Kreuzverhör. Er ist wirklich ein netter Kerl.“
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte einen Kuss auf Nics Wange. Dann verschwand sie in der Menge.
Maddie beobachtete, wie weich Nics Züge waren, als er seiner Cousine nachblickte. Als er sich jetzt ihr zuwandte, wurde sein Gesichtsausdruck merklich kühler. „Ihr Vater war der Bruder meiner Mutter. Er starb, als Estelle noch ein Baby war. Ich bin sozusagen eine Art Vaterfigur für sie.“
Ein unerklärlicher Schmerz durchzuckte Maddie, als er so liebevoll von seiner Cousine sprach. „Sie scheint sehr nett zu sein“, sagte sie in gezwungenem Ton.
Jemand rempelte Maddie an, und sie zuckte heftig zusammen. Ihr tat immer noch jeder Knochen weh von der langen und holprigen Fahrt.
„Was ist?“
Die Besorgnis in Nics Stimme überraschte sie. „Nichts, ich fühle mich nur etwas …“ Sie brach abrupt ab, als sie den Ausdruck in Nics Augen sah.
„Du bist mit dem Bus gekommen, richtig?“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Ich glaube es nicht! Wie kann ein Mensch derart stur sein. Wie lang dauert die Fahrt? Vierzehn Stunden?“
„Sechzehn“, gestand Maddie kleinlaut. „Wir hatten eine Reifenpanne.“
Wieder schüttelte Nic den Kopf. „Ich nehme an, du bist hier, um einen Investor zu finden.“
Maddie errötete. „Mir bleibt keine andere Wahl. Sonst verliere ich alles.“
„Du könntest eine sehr reiche Frau sein.“
Es tat ihr in der Seele weh, zu spüren, wie sehr er sich offensichtlich wünschte, dass sie verschwände. „Kannst du es nicht in deinen Dickschädel bekommen, dass es mir nicht ums Geld geht? Ich liebe unser Weingut und will es wieder aufbauen.“
Nic öffnete den Mund zu einer Erwiderung, aber in diesem Augenblick ertönte der Gong, der das Galadiner für eröffnet erklärte. Maddie nutzte die
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