Liebe ist staerker als Rache
leichenblass, und in ihren Augen lag blankes Entsetzen. So hat sie mich schon einmal angesehen, schoss es Nic durch den Kopf. Er dachte an den Tag im Obsthain, als sie ebenso reagiert hatte.
„Es gibt da etwas … wovon du nichts weißt.“ Es schien sie unsägliche Überwindung zu kosten, die Worte auszusprechen. „Es ist noch etwas passiert, nachdem man uns erwischt hatte.“
Nic hatte das Gefühl, er müsse sich gegen einen Schlag wappnen. „Was ist passiert? Was weiß ich nicht?“
„Ich kann es dir einfach nicht sagen.“
„Was kannst du mir nicht sagen?“
Vielleicht bin ich es ihm schuldig, die Wahrheit zu sagen, dachte sie kläglich. „Ich habe es dir nicht gesagt, weil … weil ich nicht wollte, dass dein Herz ebenso vergiftet würde wie meines.“
Verständnislos schüttelte Nic den Kopf. „Maddie! Wir rühren uns hier nicht von der Stelle, bis du mir endlich sagst, worum es geht!“
Plötzlich fühlte sich Maddie unendlich schwach. Sie blickte sich um und setzte sich auf ein kleines Mäuerchen. Mit den Händen in der Tasche blickte Nic auf sie herab.
„Ich habe dir nicht alles erzählt. Wie du weißt, hatte ich einen Riesenstreit mit meiner Mutter … Sie war förmlich außer sich“, begann sie zögernd.
Nic verschränkte die Arme. „Ja. Und weiter?“
„Sie verbot mir, dich jemals wieder zu treffen, und ich antwortete, das könne sie nicht.“ Maddie warf Nic einen scheuen Blick zu. „Ich wollte dich unbedingt wiedersehen. Aber dann erzählte sie mir von der Affäre mit deinem Vater. Mir war nicht klar, was das mit uns zu tun haben sollte, und wollte den Raum verlassen. Aber dann sagte sie noch etwas …“ Jetzt blickte Maddie Nic voll ins Gesicht und erzählte ihm schließlich, das ihre Mutter vermutete, sie könnten Geschwister sein. „Deshalb konnte ich dich nicht mehr treffen … außerdem hat mein Vater noch alles mitgehört.“
Nic hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand einen Fausthieb in den Magen verpasst. Er musste all seine Selbstbeherrschung aufbringen, um die plötzliche Übelkeit zu unterdrücken.
Maddie sah seine Reaktion und stand auf. „Meine Mutter stimmte später einem DNA-Test zu. Mein Vater war dazu allerdings nur bereit, wenn sie bei der Scheidung auf alles verzichtete. Ich gab den Test in Auftrag. Mein Vater ist wirklich mein biologischer Vater! Aber natürlich konnte ich dir nichts davon sagen. Es war einfach zu schrecklich …“ Sie schluckte schwer. „Ich schrieb meinem Vater viele Briefe, aber er ließ nie etwas von sich hören … bis kurz vor seinem Tod.“
Allmählich kehrte die Farbe in Nics Gesicht zurück. Er fuhr sich durchs Haar, mied aber ihren Blick. „Mein Gott, Maddie!“ Er wandte sich um, und sein Blick schweifte in die Ferne.
„An diesem Tag … unserem letzten … ich konnte es dir einfach nicht sagen. So etwas kann man jemandem doch nicht erzählen. Deshalb habe ich auch so extrem reagiert, als du mich berührtest.“
„Dein Vater muss es meiner Mutter erzählt haben. Deshalb hat sie sich zu diesem drastischen Schritt entschlossen.“
„Es tut mir so leid.“
„Herrgott! Du kannst doch nichts dafür!“
Sein rauer Ton wirkte wie eine Ohrfeige. Sie begann zu zittern … und konnte einfach nicht mehr aufhören. „Es tut mir leid … ich hätte es einfach für mich behalten sollen.“
Nic fluchte, dann nahm er sie in die Arme. Er streichelte ihren Rücken, bis das Zittern allmählich nachließ. Er legte ihr die Hände auf ihre Schultern, schob sie zurück und sah ihr in die Augen. „Ich bin froh, dass du es mir gesagt hast.“
Er löste den Griff erst, als Maddie zaghaft nickte. Dann nahm er ihre Hand und brachte sie zurück zum Jeep. Beim Einsteigen half er ihr und legte sorgsam den Sicherheitsgurt an, als wäre sie ein Kind.
Schweigend fuhren sie weiter. Plötzlich bemerkte Maddie, dass er die Abfahrt zu seinem Weingut einschlug. „Wo fahren wir denn hin?“
„Du bleibst heute bei mir.“
Maddies Betäubung wich der inzwischen wohlbekannten Hitze. Aber vielleicht hatte sich ja jetzt alles zwischen ihnen geändert. Als er sie eben in den Armen gehalten hatte, war das eine rein platonische Umarmung gewesen. Vielleicht würde er sie nie mehr begehren, jetzt da er das Geheimnis kannte?
Er hielt vor der Hazienda, half ihr aus dem Wagen und führte sie geradewegs in sein Schlafzimmer. Maddie fühlte sich unsicher und verwirrt. Sie wand ihre Hand aus seinem Griff. „Was hast du vor?“ Sie versuchte mit aller Macht zu
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