Liebe kennt keine Gefahren
entführen könne, wenn er ihr zu nahe kam. Also mußte er sich von ihr fernhalten. Eine Distanz, die ihm erlaubte, den Duft ihres Haares einzufangen, war schon gefährlich für ihn.
Doch er hatte dabeistehen und Zusehen müssen, wie sie ein Mann nach dem anderen zum Tanzen aufforderte. Sie war seine Frau und war es doch nicht. Er konnte sie nicht festhalten, sie nicht berühren, mußte so tun, als wäre er müde und unbeteiligt, obwohl er ihr doch zeigen wollte, wie tatendurstig er sich in Wahrheit fühlte.
Er hatte einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen, als Eleanor sie wegführte; doch dann, als er sich vorstellte, was die beiden nun trieben, stand er wieder Todesqualen aus: Jessica wurde für sein Bett vorbereitet.
Er war noch stundenlang im Saal geblieben, nachdem Jessica fortgebracht worden war. Alle anderen waren bereits zu Bett gegangen, und Alex harrte allein im Gemeinschaftsraum aus. Er hatte sich sogar ängstlich davor gehütet, vom Freibier zu trinken, weil er befürchten mußte, der Alkohol schwäche seine Entschlossenheit. Er hatte sich eingeredet, daß sein Verhalten dem Lande zugute käme und sein ersönliches Leid ein Opfer sei, das Amerika verdient hatte.
Doch als er endlich in sein Schlafzimmer gekommen war und Jessica dort mit sanften, schlaftrunkenen Augen in seinem Bett vorgefunden hatte, wäre er fast zum Verräter seines Landes geworden. Er hatte gewußt, daß er sie so rasch wie möglich aus seinem Zimmer vertreiben mußte, oder er würde die Beherrschung verlieren.
Er hatte Jessie für seine Grobheit entschädigen wollen, als er in der Verkleidung des Schwarzen Rebellen zu ihr gekommen war. Doch diese kleine Katze war verdammt stur. Sie hatte ihn hinausgeworfen, ohne daß ihr das sonderlich schwergefallen wäre.
Da stand er nun und mußte sich einer neuen Tortur unterziehen. Sein Vater wollte das frischvermähte Paar in dessen eigenem Zimmer besichtigen. Natürlich erwartete er, die beiden zusammen im Bett zu sehen. Alex fluchte leise, während er seine Perücke aufsetzte. Sein Vater wollte wissen, ob sein verweichlichter Sohn auch seine ehelichen Pflichten erfüllt hatte. Alex fuhr mit geballten Fäusten durch die Ärmellöcher seines Nachthemds. Sayer würde niemals Adam oder Kit besucht haben, um nachzuprüfen, was sie mit ihren Bräuten angestellt hatten. Nicht seine Lieblingssöhne.
Wütend öffnete er die Verbindungstür zu Jessicas Zimmer. Der Anblick ihres Kopfes, der gerade noch über den Rand der Zudecke hinausschaute, ließ ihn Amerika und seinen Vater vergessen.
Jess drehte sich um und sah zu ihm hoch. »Alex, was... was suchst du denn hier? «
Die Angst in ihrer Stimme dämpfte seinen Eifer beträchtlich. Er ließ die Schultern nach unten sacken und gab seiner Stimme einen weinerlichen Ton: »Nick hat mir gerade erzählt, daß mein Vater das frischvermählte Paar in dessen Schlafzimmer besuchen möchte. Mein Vater wünscht sich Enkelkinder, und ich möchte ihn nicht auf die Idee bringen, daß daran nicht zu denken ist. Würdest du drüben zu mir ins Bett kommen? « Damit wirbelte er auf den Fersen herum und kehrte in sein Zimmer zurück.
Jessica sah ihm blinzelnd nach. Sie hatte einen Moment lang geglaubt, er habe vom Besuch des Schwarzen Rebellen in der vergangenen Nacht in ihrem Zimmer erfahren. Sie war erleichtert, daß er davon nichts wußte.
Sie lag still und dachte daran, wie Alex vor ihrem Bett gestanden hatte. Er sah immer so viel besser aus, wenn er nicht einen dieser albernen Röcke trug. Tatsächlich hatte sie weder seinen dicken Bauch noch seine fetten Schenkel gesehen, als er eben im langen Nachthemd durch ihr Zimmer gegangen war. Seltsam, daß sie bisher gar nicht bemerkt hatte, was für breite Schultern er besaß, Sie sprang aus dem Bett, bewegte sich auf die Verbindungstür zu und sah dabei, einem Impuls folgend, im Vorbeigehen in den Spiegel Sie nahm einen Kamm und wollte ihr Haar glätten, besann sich dann aber eines anderen. Ihr Haar war aufgebauscht, und ihre Augen glitzerten erwartungsvoll.
Sie ging in Alexanders Zimmer hinüber.
Er lag unter der Zudecke, die sich über seinem dicken Bauch wölbte, und blickte nicht zu ihr hin. Was hatte er doch für dichte, lange Wimpern! Seltsam, daß ihr das bisher noch gar nicht aufgefallen war.
Sie lächelte ihn an. »Willst du mich nicht in dein Bett einladen? « fragte sie mit halblauter Stimme.
Alex schien zu zögern, ehe er die Decke ein wenig zurückschlug, damit sie neben ihm das Bett
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