Liebe kennt keine Gefahren
Boot neben Bens großem Schiff am Kai vertäut, das soeben aus Jamaika heimgekommen war. Während sie Ben zu Hause willkommen hieß, hatte einer von seiner Mannschaft eine Kiste fallenlassen, unter dem falschen Boden der Kiste war Tee gewesen — also Schmuggelware. »Er braucht seine Kisten nur vierundzwanzig Stunden zu lagern und kann sie dann heimlich nach Boston weitertransportieren. «
»Wenn du gesehen hast, wie die Kiste zerbrach, werden auch andere Zeugen des Vorfalls gewesen sein. «
»Nein. « Jessica nahm ihren Holzbecher in die Hand und krampfte die Finger darum. »Nicht einmal dein kostbarer Alexander hat es bemerkt. «
»Was soll das nun wieder heißen? Ich sagte doch nur, daß er wirklich nicht viel ißt, wenn man seine Korpulenz berücksichtigt, und mich außerordentlich höflich und rücksichtsvoll behandelt. Nie muß ich oder ein anderer ihm etwas nachräumen oder ihm irgendeinen Wunsch erfüllen«, sagte Eleanor, während sie einem großen Schellfisch den Kopf abhieb.
»Du kennst ihn überhaupt nicht«, sagte Jess, während sie an das dachte, was Nate belauscht hatte. Wenn Ben ertappt und sein Eigentum beschlagnahmt wurde, würde Alexander davon profitieren. »Ich wünschte nur, Adam oder Kit kämen nach Hause. Die würden Pitman schon nach fünf Minuten vor die Tür setzen. «
»Ihren Schwager? Einen Beamten des Königs? Das glaubst du doch selbst nicht. Willst du hier sitzen und den Abend vertrödeln? Ich muß wieder zu den Montgomerys zurück, und du wirst diese Fische zu Mrs. Wentworth bringen. «
Jess warf einen Blick auf den Korb mit den ausgenommenen Fischen. »Ein faules Pack, diese Frauen«, meinte sie höhnisch, »Mistress Abigail hat Angst, die Männer würden ihr nicht mehr nachsteigen, wenn ihre lilienweißen Hände nach Fisch röchen. «
Eleanor setzte den Korb ziemlich heftig auf den Tisch. »Es könnte nicht schaden, wenn dir hin und wieder einfiele, wonach deine Kleider riechen. Und jetzt nimm den Korb und fang mir nicht wieder einen Streit mit Abigail an. «
Jessica versuchte sich zu verteidigen, doch Eleanor hörte ihr gar nicht zu und machte sich wieder auf den Weg zu den Montgomerys. Jessica zögerte, nahm dann seufzend den Korb hoch und begab sich damit zu dem großen Haus der Wentworth.
Sie lieferte ihre Fische bei Mrs. Wentworth ab und glaubte, entwischen zu können, ohne Abigail zu Gesicht zu bekommen. Doch als sie das Haus durch die Hintertür verließ, hörte sie Abigail rufen:
»Jessica! Wie nett, dich mal wieder bei uns zu sehen! « Jess wußte, daß Abigails Worte die reine Lüge waren. »Guten Abend. Das wird heute aber eine schöne klare Nacht nicht wahr? «
Abigail lehnte sich mit einer Verschwöreremiene über das Geländer und sagte: »Hast du schon gehört, daß Mr. Sampson heute mit einer Ladung Tee in den Hafen eingelaufen ist, die nicht den Weg über England gemacht hat? Glaubst du, daß Mr. Pitman ihm auf die Schliche kommt? «
Jessica war so verblüfft, daß sie darauf nichts erwidern konnte. Wenn Abigail von dem Tee erfahren hatte, wußte auch Pitman davon. »Ich muß Ben warnen«, stieß sie schließlich hervor und rannte die Veranda hinunter, Abigail ihr dicht auf den Fersen, da diese sich die Aufregung, die ihre Worte hervorgerufen hatten, natürlich nicht entgehen lassen wollte. Als sie auf die Straße kamen, wären sie dort um ein Haar von einem Reiter in einem schwarzen Trikot niedergeritten worden.
Beide Frauen blieben erschrocken stehen, und Jess hielt schützend ihren Arm vor Abigails Brust.
»Jess«, meinte Abigail atemlos, »hatte der Mann eben nicht eine Maske vor dem Gesicht? «
Jessica gab ihr keine Antwort, sondern rannte der Staubfahne nach, die das Pferd des maskierten schwarzen Reiters zurückließ. Abigail raffte ihre Röcke bis zu den Knien hinauf, betete zum Himmel, daß weder ihre Mutter noch einer von den Kirchenvorstehern sie so sehen mochten, und lief dann Jessica hinterher.
Sie hielt vor Ben Sampsons Haus an. Dort standen sechs britische Soldaten, die ihre Musketen auf Ben richteten.
»Ich weiß gar nicht, wovon ihr redet«, log Ben. Doch der Schweiß, der ihm trotz der empfindlich kalten Abendluft vom Gesicht lief, widerlegte seine Beteuerung.
»Öffnen Sie im Namen von John Pitman, der den König vertritt! « rief einer der Soldaten und hob seine Muskete noch ein Stückchen höher.
»Wo ist der Mann in Schwarz? « flüsterte Abigail. Jessica lauschte den Geräuschen der Stadt und des Abends. »Dort«,
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