Liebe kennt keine Gefahren
daß er seiner Schwester erstaunlich ähnlich sah.
»Und was könnte Nathaniel gefallen? « fragte Sayer, während er anfing, Stücke von der Strickrolle abzuschneiden und mit dem Messingring zu verbinden.
»Mein eigenes kleines Boot, damit ich Fische fangen und verkaufen kann. «
Sayer lächelte. »Einverstanden! Und wir werden es Schwarzer Rebell taufen. Und nun halte mir mal das andere Ende des Stricks fest. Sam, du schaust in der Schachtel nach, ob du dort Pfefferminzplätzchen findest. «
Nathaniel und Sayer lächelten sich gegenseitig zu.
Jessica wischte sich mit dem Ärmel die letzten Tränen aus dem Gesicht und machte sich auf den Weg durch den Wald zur Taggert-Hütte.
Sie hielt erschrocken die Luft an, als John Pitman plötzlich zwischen den Bäumen hervortrat. Normalerweise war er immer tadellos angezogen, hatte nicht einen Knopf an Hemd und Weste offen, als wollte er den Amerikanern zeigen, wie man sich kleidet. Doch heute abend machte er einen abgerissenen Eindruck — ohne Jacke, die Weste aufgeknöpft. Außerdem rollte er wild mit den Augen und roch nach Rum.
»Mistress Jessica«, sagte er mit trunkener Stimme, »die einzige, die ihm einen Korb gegeben hat. «
Jessica war dem Zollbevollmächtigten noch nie zu nahe gekommen, und daran sollte sich auch jetzt nichts ändern. Sie lächelte zaghaft und versuchte, an ihm vorbeizukommen. Das letzte, was sie sich wünschte, war eine Begegnung ohne Zeugen mit diesem Mann, der gewohnt war, seinen Willen durchzusetzen.
»Ah, Mistress Jessica«, sagte Pitman leise, während er ihr den Weg verstellte und die Schnüre an ihrem Hemd betrachtete. »Sind Ihre Kleider wieder trocken? Ist die Erinnerung an diesen infamen Burschen schon verblaßt? «
Sie wich einen Schritt zurück. »Sie sind in den Wald gegangen und haben sich betrunken, nur weil Sie sich über diesen ruhmsüchtigen Kerl, diesen Schwarzen Rebellen, geärgert haben? « fragte sie ungläubig.
Er rückte wieder dichter an sie heran. »Wissen Sie denn nicht, wie spät es ist? Würde ein Mann, den zu Hause eine heißblütige, hübsche Frau erwartet, sich zu dieser Stunde mit einer Flasche im Wald herumtreiben? Ich komme jede Nacht hierher. « Nun war er ihr so nahe, daß er sie fast berührte, und nahm die Schnur, die ihre Bluse zusammenhielt, in die Hand. »Ich komme hierher und träume von Ihnen, Mistress Jessica — von Jessica mit den aufregenden Hüften. Von Jessica... «
Mit geweiteten Augen schob Jess ihn heftig von sich und begann zu laufen. Er war so betrunken, daß er eine Weile brauchte, sein Gleichgewicht wiederzufinden, und da war Jessica schon zwischen den Bäumen verschwunden. Sie rannte quer durch den Wald, mied den Pfad, bis sie das Taggert Haus erreichte, und warf dort die Tür hinter sich zu. Rasch legte sie das dicke Querholz aus Eiche vor, das innen als Riegel diente.
Eleanor kam im Nachtgewand und mit ihrer Schlafhaube in die Küche. »Wo bist du so lange gewesen? « fragte sie. »Wir haben uns Sorgen gemacht. «
Als Jessica ihr keine Antwort gab, legte Eleanor die Arme um ihre Schwester. »Du hattest einen schlimmen Tag, nicht wahr? Ich habe gehört, was dir heute abend passiert ist. «
Jess wollte nicht an den Schwarzen Rebellen erinnert werden — auch nicht an den Waschzuber oder den betrunkenen John Pitman, der an ihrer Bluse nestelte. »Geh wieder ins Bett«, sagte sie zu Eleanor. »Wenn ich mir den Schmutz vom Leib gewaschen habe, komme ich nach. «
Eleanor nickte schlaftrunken und stapfte ins Bett zurück. Nachdem Jessica sich mit einem Schwamm am ganzen Körper gewaschen hatte, wobei sie alle Männer dieser Welt verfluchte, kletterte sie die Leiter zum Boden hinauf. Alle Taggerts lagen in einem Bett, die größeren mit dem Kopf nach Norden, die kleineren mit dem Scheitel nach Süden. Sie steckte die Steppdecke am Rande fest und küßte die ihr erreichbaren Köpfe.
Nathaniel stemmte sich auf einem Ellenbogen hoch. »Warum bist du gerannt? «
Dem Kind entging doch gar nichts. »Das werde ich dir vielleicht morgen erzählen. Jetzt wird geschlafen. «
Nate legte sich wieder zwischen zwei Brüdern auf das Kissen zurück. »Ich werde ihn für dich finden, Jess. Ich werde den Schwarzen Rebellen finden, und dann kannst du ihn aufhängen. «
Jess lächelte bei diesem Gedanken. »Ich werde Mrs. Coffins Wäscheleine dafür benutzen. Aber jetzt schläfst du. « Sie lächelte noch immer, als sie sich neben Eleanor und dem Baby Samuel ins Bett legte.
Jessica wuchtete den
Weitere Kostenlose Bücher