Liebe kommt auf sanften Pfoten
über den Sommer hinweg erschien es ihr immer normaler, im lärmerfüllten Haus der Kellys vorbeizuschauen. Vielleicht weil bei der Hitze die Türen immer weit offen standen. Juliet stattete ihnen oftmals einen Besuch zwischen zwei Aufträgen ab; um für Lorcan einen Schraubenzieher zu holen; um zu fragen, ob Emer einen nützlichen Tipp hatte, wie man verkrusteten Lehm aus Katzenfell entfernen konnte; um Roisin zu zeigen, wie man Baisermäuse herstellen konnte, und um Florrie ihre Tierarztfähigkeiten am geduldigen Minton testen zu lassen. Es gab Hunderte verschiedene, aber gute Gründe, um an Emers abgenutztem Küchentisch Platz zu nehmen, anstatt sich zu Hause an ihren eigenen Klapptisch zu setzen.
Der Hauptgrund jedoch war, dass sich Juliet zum ersten Mal seit Monaten mit jemandem über ein anderes Thema als Ben unterhalten wollte. Und jenes Thema war nicht eines, das sie mit ihrer Mutter oder gar ihrer Schwester diskutieren wollte.
Mark beanspruchte mehr Zeit als jeder andere ihrer Kunden – und nicht etwa, weil sie mit Damson eine gute halbe Stunde länger Gassi ging als mit den anderen Hunden. Vielmehr benötigte Juliet nach dem Spaziergang noch eine weitere halbe Stunde, um sich das Hirn zu zermartern, was sie auf die Nachricht antworten sollte, die Mark ihr nun jedes Mal deutlich sichtbar hinterließ.
Es sollte witzig und geistreich sein, gleichzeitig aber so spontan klingen, als hätte sie es im Vorbeigehen hingekritzelt. Ihre Antwort sollte zwar kokett, aber nicht nach Flirten klingen. Und normalerweise sollte sie so verfasst sein, als habe entweder Damson oder Minton den Brief geschrieben. Das Problem war nur, dass diese kryptischen Verklausulierungen allmählich begannen, ihr Probleme zu machen. Und sie war reichlich unerfahren, was die Kunst des Flirtens anbelangte.
Juliet wusste, dass sie sich höchstwahrscheinlich auf ein Minenfeld begab, doch gleichzeitig bekam sie eine Gänsehaut, wenn sie die Tür öffnete und ihr Blick auf Marks zusammengefaltete Nachricht fiel, die dort auf sie wartete. Seine Worte waren immer witzig und klug und klangen voll und ganz nach ihm – genau so sollten eigentlich auch ihre eigenen Antworten klingen. Vielleicht ließ sie sich aber auch von der vornehmen Höflichkeit der Jane-Austen-Hörbücher beeinflussen, die sie auf dem Weg rund um die Stadt hörte. Doch Juliet merkte, wie sich der erste Nervenkitzel einer echten Schwärmerei allmählich zu etwas Größerem entwickelte.
Vieles an Mark schien wirklich schicksalhaft zu sein. In einem schüchternen Versuch eines Kompliments hatte sie ihm erzählt, dass er sie an einen der Antiquitätenexperten und Auktionatoren im Fernsehen erinnerte, woraufhin er gelacht und erklärt hatte, dass dies sicherlich so sei, weil er tatsächlich einer sei: Er arbeite für ein großes örtliches Auktionshaus und taxiere hauptsächlich den Wert von Ländereien und Höfen, habe aber auch schon einige Verkäufe selbst geleitet. Minton und Damson besuchten den gleichen Tierarzt; zudem war er auch schon bei einigen Partys gewesen, bei denen Juliet und Kim das Catering übernommen hatten. Man konnte sich unheimlich gut mit ihm unterhalten, und er gab ihr das Gefühl, interessant zu sein. Auch brachte er sie dazu, Dinge zu erzählen, mit denen sie nie zuvor irgendjemanden hatte behelligen wollen. Zudem war er natürlich äußerst attraktiv, und sein Blick schien ihr jedes Mal, wenn er sie ansah, ein unausgesprochenes Kompliment zu machen. Juliet ertappte sich dabei, dass sie beinahe so oft wie Jane Austens Elizabeth Bennet errötete.
Die heißen Augusttage gingen vorüber, und die Ausstellungseröffnung rückte langsam näher. Weder wusste Juliet, ob dies nun ein Date war oder nicht, noch, ob sie wollte , dass es eines war. Sämtliche Websites und Ratgeber warnten sie davor, dass es wahrscheinlich eine Katastrophe mit Ankündigung werden würde. Doch das war nur das, was im Internet und in den Büchern stand. Juliet wünschte sich einen echten Ratschlag – von jemandem, der sie nicht so entsetzt anschauen würde, weil sie angeblich die Erinnerung an Ben vernachlässigte.
Glücklicherweise wartete Emer erst gar nicht darauf, dass Juliet dieses Thema anschnitt, sondern sprach sie eines Nachmittags einfach darauf an, als Juliet und Minton mit glänzenden Gesichtern und voller Kletten von einem ihrer Spaziergänge zurückgekehrt und auf der Suche nach einem kühlen Drink waren.
Roisin versorgte Juliet sogleich mit einer Cola light mit
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