Liebe kommt auf sanften Pfoten
Eiswürfeln und Salzbrezeln als Beilage, nachdem sie sie durch ein Samtband, das quer über den Türrahmen gespannt war, in den VIP-Bereich der Küche gelotst hatte (es war Studio-54 -Woche »chez Kelly«, wie Emer erklärte).
»Dann schieß mal los«, begann Emer und beugte sich verschwörerisch vor, nachdem sie die Mädchen in den Garten geschickt hatte, um auf Spike aufzupassen. »Wer ist der Mann mit dem Spaniel?«
»Wer?«
»Dieser attraktive Typ mit dem Spaniel. Ich habe neulich gesehen, wie du im Park mit ihm einen Kaffee getrunken hast. Ich hätte dich beinahe nicht erkannt, weil du so fröhlich aussahst, aber dann habe ich Minton und Coco entdeckt. Du musstest es also sein.«
»Wann soll das gewesen sein?« Juliet hatte Emer nicht bemerkt, aber es hätte sie auch nicht im Mindesten überrascht, wenn Emer sie in ihrer Kristallkugel im Schlafzimmer gesehen hätte.
»Keine Ahnung. Freitag? Wie heißt er eigentlich?«
»Es ist eine Sie. Damson«, erwiderte Juliet. »Ich gehe regelmäßig mit ihr Gassi.«
»Nein!« Emer sah sie entsetzt an. »Nicht der Hund! Der Mann! Wie heißt er?«
»Oh, der. Mark, glaube ich.« Juliet hätte dieses winzige Detail beinahe vergessen. Sie sprachen einander nie mit Namen an, sondern unterschrieben die Nachrichten immer mit einem J oder M. Oder eben mit Damson und Minton.
»Glaubst du?«
»Ja, klar. Unter Gassigängern tauscht man die Namen nicht aus«, antwortete Juliet. »Das ist Standard. Man benutzt eigentlich immer nur den Hundenamen und erinnert sich dann meistens gar nicht mehr daran, wie der Besitzer heißt.«
»Also, ich würde mich an den Namen eines so heißen Typen erinnern.«
Juliet errötete. »Tue ich doch. Er heißt Mark.«
»Und das ist alles nur rein geschäftlich?«, entgegnete Emer in einem Tonfall, der keinerlei Zweifel daran ließ, dass sie die Angelegenheit für alles andere als das hielt.
Juliet holte tief Luft. »Er hat mich zu einer Vernissage nächste Woche eingeladen …«
»Das freut mich für dich!«
»Nein, nein!«, rief Juliet schnell. »Ich wollte sagen, dass ich nicht weiß, ob ich hingehen soll. Das war’s auch schon. Ich habe keine Ahnung, ob da etwas zwischen uns ist und ich einfach nur unfähig bin, irgendwelche Signale zu verstehen, oder ob ich mir alles nur einbilde und ich mich total lächerlich mache. Schließlich ist es ja auch möglich, dass er einfach nur nett sein will.«
»Triffst du ihn jedes Mal an der gleichen Stelle, wenn du mit den Hunden unterwegs bist?«, erkundigte sich Emer scharfsinnig.
»Mehr oder weniger.« Juliet dachte kurz nach. »Er kommt normalerweise immer den Hügel herunter, wenn wir gerade hinaufgehen wollen. Dann treffen wir uns am Kaffeestand …«
»Ziemlich weitläufig, dieser Park«, stellte Emer fest. »Das ist ja dann schon ein echter Zufall, was?« Sie tätschelte Juliets Hand. »Ich gehe davon aus, dass das ein Date ist. Warte mal – er ist doch nicht etwa verheiratet, oder?«
»Getrennt. Obwohl er ein Kind hat. Ich nehme mal an, dass das auch der Grund ist, warum er nichts überstürzen will.« Juliet merkte, wie sich ihre Wangen röteten. »Darüber haben wir so noch nie gesprochen, aber wir haben sehr wohl schon Witze darüber gemacht, dass es viel einfacher ist, neue Hunde kennenzulernen als Leute.«
»Er weiß also von deinem Mann?«
Juliet nickte.
»Wie lange ist dein Mann jetzt schon tot?« Emer zog den Teller mit den Plätzchen näher heran und bediente sich. »Tut mir leid, dass ich das fragen muss, eigentlich sollte ich das wissen.«
»Zehn Monate«, erwiderte Juliet, ohne nachdenken zu müssen. »Am Dreizehnten.«
»Das ist lange genug, um sich daran zu gewöhnen, aber noch nicht lange genug, um darüber hinweg zu sein«, stellte Emer mitfühlend fest. »Wart ihr lange zusammen?«
»Seit unserem fünfzehnten Lebensjahr.«
»Und ihr wart immer noch zusammen? Wow.« Emer nippte an ihrem Kaffee. »Wäre ich immer noch mit dem Jungen aus der Schule zusammen, säße ich jetzt wahlweise entweder im Gefängnis oder im Irrenhaus.« Entrüstet fuhr sie fort: »Und ich würde sicherlich nicht mehr in dieser verdammten Pink Floyd Tribute Band spielen, bei der Hopfen und Malz verloren sind. Jedenfalls nicht ohne Gage!«
Juliet lächelte. Emers ehrliche Redseligkeit hatte etwas Schmeichelhaftes, doch andererseits konnte sie diese Vertraulichkeit nicht völlig gefahrlos genießen. Juliet hatte nämlich keinen blassen Schimmer, was Emer als Nächstes sagen würde – doch sie
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