Liebe kommt auf sanften Pfoten
hervorgehoben, dass Ben nicht der dynamischste Geschäftsmann gewesen war, und dass vielleicht auch sie verzweifelt war, weil es keinen Mini-Ben gab, der gluckste, während sie den Kinderwagen mit Minton zusammen durch den Park schob.
Sie biss sich auf die Lippe. Juliet hatte heute so gar nicht das Gefühl, dass ihr eine große Last von den Schultern genommen wurde. Tatsächlich hatte sich sogar eher die bleierne Erkenntnis breitgemacht, dass das Leben zwar weitergehen würde, sie aber niemanden mehr hatte, mit dem sie ihre Witze teilen oder bei dem sie ihre Füße im Bett wärmen konnte, wenn der Regen draußen an die Fenster schlug.
Aber selbst wenn sie jemanden finden sollte – ganz gleich wie erschreckend diese Vorstellung augenblicklich noch war –, würde derjenige niemals wissen, wie sie als Teenager gewesen war oder als Mittzwanzigerin mit Pfirsichhaut. Ihre besten Jahre waren vorbei, und Ben hatte all die Erinnerungen mit ins Grab genommen. Ihr, die sie hatte dableiben müssen, blieb nichts anderes übrig, als müde und mit dem Stempel »aus zweiter Hand« durch den Rest ihres Lebens zu kriechen.
»Es macht dir ja nichts aus, wenn auf der Bankplakette nur Ray und ich erwähnt werden, oder?«
Juliet hatte gerade Mintons Wassernapf frisch aufgefüllt, doch jetzt richtete sie sich auf und konzentrierte sich auf Ruths Stimme. »Bitte?«
»Die Plakette für die Holzbank. Es ist nur eine bestimmte Anzahl von Buchstaben möglich, und es muss unbedingt darauf: ›In liebevoller Erinnerung an Benjamin Raymond Falconer, 1979–2010.‹ Neue Zeile: ›Der Sohn, der Licht in unser Leben gebracht hat.‹ Neue Zeile: ›Gestiftet von Ruth und Raymond Falconer.‹«
Lautstark trank Minton aus seinem Napf, doch Juliet ignorierte die Wasserpfützen, die rundum entstanden.
»Ich dachte, die Bank sollte gemeinsam von seinen Freunden und seiner Familie gespendet werden? Ist sie denn nicht von dem Geld gekauft worden, das bei seiner Beerdigung gestiftet wurde? Das Geld, das zur Hälfte an einen wohltätigen Zweck gehen sollte, während die andere Hälfte für ein Denkmal für ihn vorgesehen war?«
Ruth stieß ein halb beruhigendes, halb seufzendes Geräusch aus. »Ich weiß, Juliet, aber Ray und ich haben das alles organisiert, außerdem haben wir noch einiges selbst beisteuern müssen, damit wir eine solide Bank aus Eichenholz kaufen konnten. Deshalb dachten wir …« Ihre Stimme verebbte, damit sie nicht fortfahren musste: »Wir könnten das so bestimmen.«
Ben war nicht ohne Grund schon mit neunzehn Jahren von zu Hause aus- und mit Juliet zusammengezogen. Juliet fragte sich, ob Ruth ihr dies je verziehen hatte. Ob sie nicht dachte, dass Ben noch am Leben wäre, wenn er immer noch in seinem Jugendzimmer in ihrer Doppelhaushälfte leben, sich zusammen mit seinem Dad Top Gear im Fernsehen anschauen und den Rasen mähen würde.
»Er war mein Ehemann.« Juliet war angespannt vor Mühe, ihren Schmerz und diese Kränkung zu unterdrücken. »Er war nicht nur euer Sohn. Er war ein Freund, ein Geliebter und … und ein Hundebesitzer.«
»Juliet, du kannst noch einmal heiraten«, antwortete Ruth voller Dramatik, und Juliet wurde klar, dass Ruth seit Monaten darauf gewartet hatte, diesen Satz loszuwerden. »Ich werde nie wieder einen Sohn haben. Niemals.« Erneut fing sie an zu weinen – wütende, abgehackte Schluchzer, die Juliet einen Mangel an Mitgefühl vorzuwerfen schienen.
Aber Juliet wollte nicht weinen; dafür war sie viel zu beunruhigt, dass Bens biedere Bank nicht einmal an seine Ehe erinnern würde.
»Wahrscheinlich werde ich nie wieder heiraten«, protestierte Juliet erbost. »Ich weiß genau, dass ich einen Mann wie Ben nicht noch einmal finden werde.«
»Aber du kannst es wenigstens versuchen. Mein Leben ist dagegen vorbei! Juliet, ich kann jetzt nicht mehr reden. Ich melde mich.« Ruth legte auf, und Juliet war erleichtert.
Sie ging zum Fenster und schaute in den Garten hinaus, wobei sie jedoch die nackten Äste und Zweige oder die Farne, die sich vor der Backsteinmauer langsam in einen Bronzeton verfärbten, gar nicht wahrnahm.
In ihrem Kopf hörte sie einzig und allein Bens Stimme, die ihr riet, Ruth, die Drama-Queen, zu ignorieren. Die Erinnerung an ihn würde Juliet rund um sich herum, im Garten, in seinem Hund und ihrer Liebe zueinander finden.
Warum renoviere ich dann das Haus?, fragte sich Juliet. Warum geht mein Leben weiter? Ist das falsch?
Es klingelte an der Haustür, und Dianes Stimme
Weitere Kostenlose Bücher