Liebe kommt auf sanften Pfoten
fit! Sie ist im Augenblick die Einzige, die den Roman auch wirklich gelesen hat, und sie hat auch keine Hemmungen, uns das deutlich spüren zu lassen. Es ist fast wie in der Schule!«
Gott, wie unfair, dachte Juliet und war für den Augenblick von Dianes Nörgelei abgelenkt. Wie kam es, dass Klavierlehrerinnen weit über achtzig Jahre alt wurden, aber körperlich fitte Gärtner, die die meiste Zeit an der frischen Luft verbracht hatten, nur einunddreißig?
»Aber sie hat doch gar keine Hunde«, entgegnete sie. »Hat sie nicht Katzen? Diese großen weißen Perserkatzen? Die Sahne vom guten Teeservice schlecken durften, während ihr aus schrecklichen alten und gesprungenen Bechern trinken solltet, als ihr Drachenläufer gelesen habt?«
»Genau diese Katzen meine ich. Sie sind ein wenig … speziell. Jedenfalls unternimmt Mrs Cox eine dieser skandinavischen Kreuzfahrten und möchte die Katzen so lange nur ungern in eine Katzenpension geben. Sie würden dort nur weinen, die armen Dinger. Ich habe ihr gesagt, dass du sie anrufst und es dir überlegst, ob du nicht in dieser Zeit bei ihr vorbeischauen und die Katzen verpflegen kannst, während Mrs Cox in Urlaub ist.«
»Mum!« Juliet fühlte sich regelrecht bedrängt. »Warum hast du das gesagt?«
»O Juliet, jetzt stell dich nicht so an! Sie wohnt in Rosehill doch nur ein paar Häuser von dir entfernt. Du könntest ganz leicht auf dem Heimweg nach den Katzen schauen, wenn du mit Coco und Minton aus dem Park zurückkommst. Hier ist ihre Telefonnummer. Jetzt nimm sie schon.«
Diane schob Juliet den Zettel hin. »Es soll ja auch nicht für einen guten Zweck sein«, fuhr Diane fort. »Sie wird dich dafür bezahlen. Außerdem wird es dir guttun, mal rauszukommen.«
Das war also der Punkt, um den es eigentlich ging, stellte Juliet fest. Dass sie das Haus verließ!
»Ich bin doch jetzt auch hier, oder?« Juliet starrte rebellisch über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg.
Es ging gar nicht darum, Mrs Cox’ Katzen zu füttern – das machte ihr nämlich nichts aus. Vielmehr hatte sie etwas dagegen, in den Tagesablauf anderer hineingeplant zu werden. Die Tagesroutine anderer zu ihrer eigenen zu machen – und das, obwohl sie die letzten Monate damit zugebracht hatte, sich vor anderen Menschen, deren Forderungen und Fragen zu schützen. Juliet sah, wie ihr sorgsam aufgebauter Schutzwall aus Fernsehsendungen und gelegentlichen Nickerchen durchbrochen wurde, was sie zutiefst beunruhigte.
»Denk doch nur mal an die Katzen«, ermahnte Diane sie. »Die Armen müssten sonst ganz allein im Katzenhotel sitzen, ohne all den Komfort, den sie von zu Hause gewohnt sind. Sie würden es hassen. Jede Wette, dass auch Minton das nicht gefallen würde. Du könntest also sowohl den Katzen als auch Mrs Cox einen großen Gefallen tun. Zweimal pro Tag eine halbe Stunde. Komm schon.«
Juliet nahm den Zettel mit der Adresse an sich. Es hatte keinen Zweck, die Sache jetzt abzulehnen. Sie konnte später immer noch Mrs Cox anrufen und einen guten Grund vorschieben, warum sie nicht nach den Katzen schauen könnte. Doch zugegebenermaßen ließ sie das Bild der einsamen Katzen nicht ganz kalt, obwohl sie insgeheim fürchtete, sich nur noch mit verzogenen Haustieren abzugeben, die betreut werden mussten, weil ihre Besitzer amüsante Kreuzfahrten unternahmen.
»Warum rufst du sie nicht gleich an?«, fragte Diane entschlossen.
Juliet versuchte, sich zu wehren, doch ihre Energie war mit einem Mal erloschen. »In Ordnung.«
Mrs Cox klang sehr erfreut, von ihr zu hören – was Juliet argwöhnen ließ, dass Diane den Deal längst unter Dach und Fach gebracht hatte. Sie lud Juliet für den Nachmittag des nächsten Tages ein, »um die pelzigen kleinen Diktatoren kennenzulernen«. Minton, so versicherte sie Juliet, sei kein Problem, er sei ebenfalls herzlich eingeladen.
»Schließlich haben meine Süßen letzte Woche beim Tierarzt einen zudringlichen Labrador erfolgreich abgewehrt.« Mrs Cox kicherte nachsichtig. »Sie sind wirklich keine Mauerblümchen.«
Juliet sah zu Minton hinunter, als sie sich von Mrs Cox verabschiedete. Er lag ihr zu Füßen, seine Schnauze ruhte auf den Vorderpfoten. »Armer Minton«, seufzte sie. »Niemand fragt dich, ob du bereit bist, meine Zeit mit anderen zu teilen, nicht wahr?«
»Er ist ein braver Junge«, erwiderte Diane und hielt ihm ein Stück Croissant unter dem Tisch hin.
»Und genau das ist der Grund, warum Coco auf Diät ist«, entgegnete Juliet.
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