Liebe läßt alle Blumen blühen
Frisur.«
»Das fällt Ihnen auf?«
»Die andere gefiel mir besser.«
»Mir nicht!«
»Sie machte Ihr Gesicht weicher.«
»Ich will kein weiches Gesicht haben. Ich hasse Weichheit in jeglicher Form.«
»Sie sahen wie ein Engel aus …«
»Hören Sie auf! Ich bin kein Engel.«
»Sie haben mich nicht ausreden lassen: Sie sahen wie ein Engel aus, der im Auftrage Gottes die Sünder auf Erden testet!«
»Ich hätte die größte Lust, Sie aus dem Wagen zu werfen.«
»Das ist schwierig. Ich bin angeschnallt. Beim ersten Flitzer, dem Götterboten Hermes – er stehe uns bei! – donnern Sie los, Tinka!«
Sie zuckte wie unter einem Schlag zusammen und drehte sich dann blitzschnell zu Zipka um. Ihre Augen sprühten förmlich Funken. »Was haben Sie da eben gesagt?« zischte sie böse.
»Ich habe nur Hermes beschworen. Den olympischen Rallyefahrer …«
»Nein! Das letzte Wort!«
»Tinka.«
»Sind Sie total verrückt?«
»Tinka ist meiner Meinung nach die zärtlichste Kurzform von Kathinka. Kathi – das ist doch Kartoffelsuppe gegen Tinka! Tinka, das ist der herbe Hauch von Steppe und Kirschblüten. Ihr Vater muß hellseherische Fähigkeiten besessen haben.«
Sie suchte nach einer passenden Antwort, fand jedoch keine, was sie noch wütender machte. Es war wohl das erstemal, daß sie einem Mann eine Antwort schuldig blieb. Dafür trat sie das Gaspedal durch und umklammerte das Lenkrad. Der Wagen machte einen Satz nach vorn und raste mit heulendem Motor davon. Zipka wurde in das Polster gepreßt und suchte Halt am Armaturenbrett.
»Hoppla!« rief er fröhlich. »Geht es schon los? Glauben Sie, daß wir die Autobahnauffahrt ohne gesundheitliche Schäden erreichen?«
»Wenn Sie Angst haben, können Sie jederzeit aussteigen.«
»Ich halte es schon durch.«
Sie waren die Hotelauffahrt hinuntergefahren und kamen dabei an einem blauen VW vorbei. Sie beachteten ihn nicht, aber um so mehr wurden sie von den beiden jungen Männern beobachtet, die mißmutig durch die Scheibe starrten.
»Ich denke, sie fährt allein?« fragte der eine.
»Das hat sie in der Werkstatt auch gesagt.«
»Und wer ist der Typ, der da neben ihr sitzt?«
»Keine Ahnung. Von dem war nie die Rede.«
»Was nun?«
»Es läuft alles so wie geplant. Dem Typ hauen wir eins vor die Nuß, und still ist er! Für zwei Millionen ist so'n Risiko eben drin.«
Sie starteten den Motor und fuhren rasch dem Sportwagen nach. Ein paar hundert Meter danach hatten sie ihn eingeholt, denn Kathinka Braun war auf ein normales Tempo heruntergegangen. Ludwig Zipka hatte ihr erklärt, so schnell, wie er wolle, könne er gar nicht mit den Zähnen klappern.
»Wie haben Sie sich diese Reise eigentlich vorgestellt?« fragte Kathinka.
»Das ist eine schwer zu beantwortende Frage«, entgegnet Zipka.
»Was erwarten Sie?«
»Sonne, Meer, blauen Himmel, süßes Nichtstun. Ich muß ja umdenken.«
»Wieso umdenken?«
»Zuerst hieß das Ziel Riviera. Da hätte ich mit wilden Nächten gerechnet. Aber jetzt, in der Camargue, da werden wir ganz in der Natur aufgehen. Wir werden die Flamingos beobachten, wie sich ihre Federchen rupfen …«
»Mir ist es ein Rätsel, warum Sie überhaupt mitfahren, wenn Sie alles und jedes albern finden und ins Lächerliche ziehen.«
»Und mir ist es ein Rätsel, warum Sie per Zeitungsanzeige einen Begleiter suchten. Meine Neugier ist deshalb grenzenlos …«
»Sie werden sehr enttäuscht sein.«
»Abwarten.«
»Vielleicht bin ich eine hysterische Person, die für sechs Wochen einen Blitzableiter für ihre Launen braucht …«
»Nur zu!« Zipka lachte wieder einmal fröhlich. »Ich bin für alles zu gebrauchen. Nur noch eine Frage, Tinka …«
»Sie sollen das gräßliche Wort nicht gebrauchen.«
»Wir haben getrennte Kasse.«
»Natürlich.«
»Ich beanspruche aber auch eine getrennte – Biologie.«
»Was bitte?« Sie schielte zu ihm hinüber. Vor ihnen lag der Zubringer zur Autobahn, Kathinka fuhr jetzt wieder schneller.
»Wie soll ich das ohne Anstößigkeit ausdrücken? Erklären wir es so: Wenn mir in den sechs Wochen ein nettes Mädchen begegnet, das nicht abgeneigt ist … Sie verstehen? Dann beanspruche ich meine persönliche Freiheit in Dingen der Erotik. Sechs Wochen jodhaltige Meeresluft, die Sonneneinstrahlung, das Gefühl der Freiheit, da muß es einem ja in den Adern prickeln! Ich habe nicht vor, sechs Wochen lang den Mönch zu spielen.«
»Ich auch nicht. Wir haben jeder unsere persönliche Freiheit. Und wir
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