Liebe läßt alle Blumen blühen
können uns jederzeit trennen, wenn wir merken, daß wir uns gegenseitig zu stark auf die Nerven fallen.«
»Genau das wollte ich gesagt haben!« Zipka lehnte sich zufrieden zurück. »Es soll nämlich sehr schöne Mädchen in der Camargue geben. Urgesund, mit runden Hüften und stämmigen Beinen. Mit der Natur verwachsen, von der Zivilisation noch nicht angekränkelt. Ha!«
Kathinka zuckte zusammen. »Was haben Sie denn? Warum schreien Sie so?«
»Das war ein Vorfreudenlaut!«
»Bei der ersten Autobahnraststätte steigen Sie aus!« erklärte Kathinka wütend. »Wenn Sie nur deswegen mitfahren … Sie können mit einem Taxi nach Hannover zurück. Ich stelle fest, daß Sie der denkbar ungeeignetste Reisebegleiter sind, den man sich überhaupt vorstellen kann. Überheblich, arrogant, geschwätzig – kurz: ein Ekel!«
Sie hatten die Autobahn erreicht. Kathinka gab Vollgas und raste wie eine Wilde auf der linken Fahrbahn dahin. Wer vor ihr war, den scheuchte sie mit der Lichthupe zur Seite.
»Genügt das, Herr Zipka?«
»Vollkommen!« Zipka öffnete den Kragenknopf.
In dem donnernden Sportwagen wurde die Luft warm.
»Hatten Sie auf ein Abenteuer gehofft?«
»Ganz offen: Ja!«
»Getrennte Zimmer, aber mit offener Verbindungstür …«
»Gewiß, mit allem Drum und Dran. Wenn man so eine Zeitungsannonce liest, geht doch zuerst die Phantasie mit einem durch. Aber dann trafen wir uns, und ich fragte mich: Warum tut sie das? Sie ist eine der schönsten und attraktivsten Frauen, die ich je gesehen habe, sie hat den Erfolg gepachtet, sie kann sich die Welt zu Füßen legen … Aber sie sucht per Zeitungsanzeige einen Reisebegleiter! Das paßt doch alles nicht zusammen.«
»Sie fahren also aus reiner Neugier mit?«
»Man kann es so nennen.«
»Übrigens möchte ich Ihnen mitteilen, daß ich verlobt bin«, sagte Kathinka plötzlich.
»Sieh mal einer an!« bemerkte Zipka nur. Er schien nicht sehr beeindruckt.
»Seit vier Jahren.«
»Ein Russe?«
»Wieso ein Russe?«
»Weil er so geduldig warten kann. Russen sind unschlagbar in ihrem Zeitgefühl.«
»Er ist Dozent.«
»Aha! Und seit vier Jahren redet er auf Sie ein, ohne daß er weiterkommt. Der Herr scheint keine große Überzeugungsgabe zu besitzen. – Weiß er, daß Sie mit mir zu den Flamingoherden fahren?«
»Er kennt mein Reiseziel, selbstredend.«
»Und kommt nicht sofort hinterher? Überholt uns, schneidet uns den Weg ab, zerrt mich aus dem Wagen und verprügelt mich …?«
»Das würden Sie tun, nicht wahr?«
»Aber sofort! Ich würde jeden anderen Mann an Ihrer Seite zerstückeln! Ihr Dauerverlobter muß ein komischer Heiliger sein.«
»Er ist ein Gentleman.«
»Aha! Dann werde ich nie ein Gentleman sein.«
»Wir hatten vorhin doch vereinbart, daß jeder von uns sein eigenes Leben führen kann.«
»Das stimmt. Ich bin ja auch nicht mit Ihnen verlobt.«
»Das wäre allerdings grauenhaft!«
Zipka nickte und klopfte mit dem Zeigefinger gegen die Windschutzscheibe. »Noch fünfzehn Kilometer!« sagte er plötzlich.
Kathinka starrte ihn verblüfft an. Sie wechselte sogar auf die rechte Fahrbahn hinüber. »Was ist mit fünfzehn Kilometern?«
»Da war ein Schild. Nächste Tankstelle fünfzehn Kilometer.«
»Ich habe vollgetankt.«
»Aber ich kann dort ein Taxi bekommen. Sie wollten mich doch loswerden?«
»Sie sind ein Brechmittel.«
»Ich weiß. Aber vergessen Sie nicht, daß Brechmittel auch Arznei sein können. Sie treiben alles Belastende hinaus! Hinterher fühlt man sich erleichtert. Und man beschließt, vernünftiger zu leben …«
»Sie hätten Laienprediger werden sollen«, sagte Kathinka bissig. Sie blickte kurz in den Rückspiegel. Ein blauer VW fuhr hinter ihnen her, der gerade von einer großen Limousine überholt wurde. Kathinka handelte schnell, scherte aus und gab von neuem Vollgas.
Der schwere Wagen hinter ihnen hupte und ließ protestierend die Scheinwerfer aufleuchten.
»Sie haben ihn geschnitten!« stellte Zipka sachlich fest. »Der Fahrer wird jetzt fluchen: Typisch Frau am Steuer!«
»Diese Überheblichkeit der Männer! Ihr wollt wohl alles besser können.«
»O je!« Zipka schlug die Hände zusammen. »Kommen Sie jetzt bloß nicht damit heraus, daß Sie eine Emanzipierte sind! Eine Feministin! Tun Sie mir das bitte nicht an! Dann müßte ich Sie nämlich anflehen, mich sofort abzusetzen. Ich fahre per Anhalter weiter.«
»Warum wollen Sie flüchten?«
»Ich will verhindern, daß an mir stellvertretend für alle
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