Liebe läßt alle Blumen blühen
rief Kathinka und sah sich um. Es war ihr peinlich, wie kindisch sich Zipka benahm.
»Ich höre den ehernen Marschtritt der römischen Legionen auf dem Pflaster von Arles …«
»Also gut, Sie sollen Ihren Willen haben: auch eine Stunde Aufenthalt in Arles.«
»Oder Tarascon. Die ganze Stadt duftet nach Obst und Wein! Welch ein Land! Und da rasen wir durch, als hätte sich das Gas verklemmt oder wir hätten keine Bremse …«
»Also gut, auch noch ein Halt in Tarascon genehmigt.«
»Und das alles an einem Tag?«
»Ja.«
»Wieviele Stunden hat bei Ihnen der morgige Tag?«
Sie hob die Schultern, blickte sich um, achtete aber nicht auf den alten VW, der am Rande des Marktplatzes stand. Dann sagte sie wie nebenbei: »Aber jetzt werden Sie erst einmal auf die Suche gehen müssen.«
»Auf die Suche? Nach was?« Zipka knöpfte sein Hemd weiter auf. Es war ein warmer Abend.
»Nach einem Bett. Ich habe, da ich ja allein fahren wollte, natürlich nur ein Einzelzimmer bestellt. Es sollte mich wundern, wenn in dem kleinen Hotel noch ein Zimmer frei wäre.«
Kathinka Braun brauchte sich nicht zu wundern – es war natürlich kein Zimmer mehr frei. Das Hotel ›Chez Doubs‹, am Rande des Städtchens in einem blühenden Garten gelegen wie ein kleines Zauberschloß, besaß nur neun Zimmer – und die waren belegt. Das letzte war vor einer Stunde an ein holländisches Ehepaar vergeben worden. Der Patron bedauerte unendlich, rief ein paar kleinere Herbergen an, aber überall waren die Zimmer – es war mittlerweile fast neun Uhr abends geworden – vermietet.
»Die Saison beginnt, Monsieur«, erklärte der kleine, dicke, freundliche Hotelier bedauernd. »Vielleicht können Sie privat unterkommen. Welch ein Malheur! Wenn ich das nur zwei Stunden früher gewußt hätte! Man hätte das Einzelzimmer gegen ein Doppelzimmer tauschen können …«
»Das wäre hervorragend gewesen!« versetzte Zipka schnell, bevor Kathinka einen Einwand anbringen konnte. »Könnte man in das Einzelzimmer nicht vielleicht ein zusätzliches Bett …«
»Nein!« Kathinka schüttelte energisch den Kopf. »Wie kommen Sie denn darauf?«
»Das Zimmer wäre tatsächlich zu klein; es gäbe Schwierigkeiten, Monsieur.« Der Patron kratzte sich am Kopf. »Man müßte den Schrank verrücken, und da käme man in Konflikt mit dem Waschbecken. Das Fenster kann man ja auch nicht zustellen – Probleme, Monsieur!«
»Ich finde schon was«, meinte Zipka. »Irgendwo muß es doch eine Möglichkeit geben, sich auszustrecken.«
Während Kathinka mit Hilfe eines Hausdieners den Wagen auslud und die Koffer ins Hotel bringen ließ, wusch sich Zipka in der Toilette Hände und Gesicht und übernahm dann von Kathinka den Autoschlüssel.
»Es tut mir leid«, sagte Kathinka, aber es klang nicht sehr glaubwürdig. »Viel Glück! Morgen früh um sieben geht's weiter. Seien Sie bitte pünktlich.«
Nach einer Stunde war Ludwig Zipka zurück. Kathinka Braun saß im Restaurant und aß ein Stück zartrosa gebratene Lammkeule, als Zipka sich ungeniert an ihren Tisch setzte und schnupperte. »Knoblauch!« sagte er gedehnt. »Sie schrecken aber auch vor nichts zurück.«
»Ich liebe Knoblauch.«
»Und wie ist die Liebe mit Knoblauch?«
»Ich verstehe Sie nicht.«
»Küssen Sie nur Männer mit Gasmasken?«
»Ihre blödsinnigen Bemerkungen können Sie sich ersparen! Männer, die mich küssen, sind gleichfalls knoblauchbegeistert!«
»Man lernt nie aus.« Zipka winkte der Bedienung. Die schwarzhaarige Kellnerin blinzelte ihm zu und lächelte verheißungsvoll.
»Eine Knoblauchsuppe!« bestellte Zipka. »Danach auch bitte Lammrücken, mit Knoblauch gespickt, dazu Salat mit Roquefort-Knoblauch-Dressing und zum Dessert …«
»Es gibt keinen Pudding, kein Sorbet und auch kein Crêpes mit Knoblauch«, zischte Kathinka dazwischen.
»Aber es gibt in Frankreich einen herrlichen Knoblauchkäse! Davon, Mademoiselle, hätte ich gern ein großes Stück als Dessert!«
»Ihre Art wird immer widerlicher«, stieß Kathinka hervor, als die hüftenschwingende Bedienerin gegangen war. »Wenn Sie bei der Kellnerin übernachten wollen, dann klären Sie das bitte nicht in meiner Gegenwart. Es ist geschmacklos.«
»Schlafen. Ach ja!« Zipka goß sich aus der auf dem Tisch stehenden Karaffe Rotwein ein. »Baume-les-Dames ist wirklich überbesetzt. Man sollte es nicht glauben, ich habe nirgendwo ein Nachtquartier bekommen. Und dabei bin ich zum Klinkenputzer geworden! Wie ein Bauchladenhändler
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