Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
entschuldigend.
Ich lächle.
»Gut, wann hatten Sie ungeschützten Sexualverkehr?«
Reizend! Ich muss mit einem Fremden über mein Sexualleben reden. Danny, dafür schuldest du mir was.
»Heute Morgen.«
»Gut. Sie haben richtig gehandelt. Das Medikament kann zwar bis zu zweiundsiebzig Stunden danach eingenommen werden, aber die Wirkung lässt nach, je länger man damit wartet.«
Ich nicke.
»Gut, wissen Sie, wann Ihre letzte Periode war?«
Nett! Jetzt sind wir bei dem Thema aller Themen. Alles Gute zu meinem Geburtstag.
»Äh … vor circa zwei Wochen.«
»Gut, dann sind Sie also jetzt in Ihrer fruchtbaren Phase. Das kriegen wir wieder hin.«
Er stellt mir noch mehr peinliche Fragen, bevor er mich bittet, im Verkaufsraum auf mein Medikament zu warten. Dies hier entpuppt sich allmählich als ein ziemlich lausiger Geburtstag, denke ich, während ich an die Theke zurückgehe, wo die junge Frau sich gerade über eine Packung Haribo hermacht. Sie bietet mir davon an. Ich lehne ab und tue so, als würde ich die Vitamintabletten in der Auslage betrachten, damit sie nicht noch auf die Idee kommt, mich zu fragen, in welcher Stellung wir es gemacht haben.
»Bitte schön«, sagt sie schließlich. »Das macht siebenundzwanzig Tacken.«
Danny!
»Super, danke.« Ich hole meine Geldbörse heraus. »Oh«, sage ich, als ich hineinsehe. Meine ec-Karte ist nicht da. Ich krame in meiner Handtasche. Nichts. Wo ist sie? Wann habe ich sie zuletzt benutzt? Ich hatte sie definitiv noch gestern Abend, als ich unterwegs war. Verdammt! Ich habe sie im Pub liegen lassen. Ich habe damit die Rechnung bezahlt und sie an der Bar vergessen. Das passiert mir ständig. Ich krame weiter nach Bargeld.
»Ich habe nur fünf Pfund und knapp dreißig Pence«, sage ich zu der jungen Frau.
»Sorry, dann kann ich es Ihnen nicht geben. Sie werden wohl wiederkommen müssen.«
Na, großartig, einfach großartig, denke ich, während ich gehe. Irgendein Schnösel schnappt mir den Job weg, und mein Freund schwängert mich versehentlich. Großartig.
»Ich hasse Männer«, murmle ich.
Ein Mitarbeiter, der gerade eine Dosenpyramide baut, sieht mich an und zieht den Kopf ein. Ich muss es wohl lauter gesagt haben, als ich dachte.
9
Nachdem ich samstags nach der Arbeit bei Sainsbury’s war, fahre ich immer direkt zu meinem Vater.
Mein Dad liegt auf dem Kensal Green Cemetery begraben, gegenüber von Sainsbury’s. Der Friedhof wurde vor über hundertfünfzig Jahren errichtet, weil die Viktorianer damals wie die Fliegen starben und der Platz für Gräber knapp wurde. Es ist eine wunderschöne letzte Ruhestätte. Die Viktorianer legten Wert auf große, alte Statuen und prächtige Grabsteine, um die Toten zu ehren und sie in den Himmel zu verabschieden. Ich wünschte, wir hätten für Dad etwas Kunstvolleres ausgesucht als den einfachen Granitstein, der auf seinem Grab steht, aber ich erinnere mich, dass meine Mutter und ich damals nicht gerade in kreativer Stimmung waren. Immerhin haben wir die richtigen Worte für die Inschrift gewählt: Er sprang so hoch und landete ganz sanft. Das ist eine Textzeile aus Dads Lieblingssong. Sein Grab befindet sich in einer zauberhaften Ecke des Friedhofs, weit abgelegen unter einer Weißbirke, seinem Lieblingsbaum. Genau wie ich genoss er es früher, hinten in unserem Garten auf der Hollywoodschaukel zu sitzen und dem Rascheln der Weißbirke zu lauschen.
»Sie flüstert mir schmutzige Sachen ins Ohr«, sagte er früher immer.
»Luder«, nannte meine Mutter die Weißbirke. Damals hatte sie noch Sinn für Humor.
Mein Dad starb vor zehn Jahren. Das ist eine der Tatsachen, die überhaupt keinen Sinn machen, da es sich immer noch so anfühlt, als wäre es erst gestern gewesen. Ich war an jenem Tag sehr früh aufgestanden, um für meine Abschlussprüfung zu lernen. Bei zugezogenen Vorhängen saß ich an meinem Schreibtisch im Lampenschein, als mein Dad leise an meine Tür klopfte.
»Wie fühlst du dich, amazing Grace?«
»Ich werde durchfallen!«, jammerte ich. Ich war schon richtig hysterisch vor lauter Prüfungsangst.
»Gracie Flowers, mein kleines Mädchen«, sagte Dad.
Er betrat das Zimmer, setzte sich auf mein Bett und sang mir etwas vor. Er sang ganz leise, und seine Stimme beruhigte mich. Selbst heute noch, wenn ich im Stress bin, schließe ich manchmal die Augen und höre ihn singen. Ich habe auch sein Bild noch deutlich vor mir. Er trug ein hellblaues Hemd und die Levi’s-Jeans, die er immer trug, wenn er
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