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Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Titel: Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy-Anne Holmes
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Minuten später zurückkehrt, steuert er direkt meinen Schreibtisch an. Ich biege den Rücken durch wie ein moralischer Sieger und wappne mich gegen den feindlichen Angriff, aber sein Gesicht wirkt besorgter als alles andere.
    »Grace …«
    »Möchten Sie einen Tee?«, frage ich höflich distanziert.
    »Nein, nein, ich habe Kaffee.«
    Ich wende mich wieder meinem Monitor zu. Ich habe ihm Tee angeboten! Warum habe ich das getan? Das war viel zu nett von mir. Tu das nie wieder, Flowers. Denk an deine Eier.
    »Grace«, sagt er wieder, »Sie brauchen mir nicht zu erklären, was passiert ist, aber möchten Sie sich nicht vielleicht einen Tag freinehmen?«
    Es dauert einen Moment, bis ich kapiere, wovon er redet, dann fällt mir der Halloween-Look wieder ein, den ich heute trage.
    »Nein, natürlich möchte ich mir nicht freinehmen.«
    Meine Antwort klingt scharf, und als ich sie im Geiste wiederhole, erinnert mich das daran, wie meine Mutter mit mir spricht. Prompt bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Ich bin nicht gut im Gemeinsein. Ich muss besser darin werden, wenn Posh Boy wissen soll, wer hier der Boss ist. Eier, Grace, Eier.
    Er steht immer noch vor mir mit diesem besorgten Blick, während er versucht, mir nicht ins Gesicht zu sehen. Ich werde weich. Er ist viel feinfühliger als die anderen Kerle, die hier arbeiten. Die würden nämlich sagen »Hey, Kartoffelkopf, hast du Gracie gesehen?« Ich muss mich entschuldigen für meinen patzigen Ton. Sonst wird mein Gewissen mir den ganzen Tag keine Ruhe lassen. Ich werde mich dieses eine Mal entschuldigen, und dann werde ich mich wieder verhalten, als hätte ich die größten Eier in ganz Großbritannien.
    »Tut mir leid, ich wollte nicht schnippisch klingen. Ich bin gestern Abend überfallen worden.«
    »Himmel, Grace, Sie armes Ding.« Seine Stimme klingt freundlich. Scheiße vornehm, aber sehr freundlich.
    »Schon gut, ich bin okay.«
    »Wo ist das passiert?«
    »Auf der Harrow Road. Man hat mir nur die Handtasche gestohlen.«
    »Aber … nur? Sind Sie nicht misshandelt worden?«
    »Nein, einer von denen hat meinen Kopf gegen die Autotür geknallt.«
    »Mieses Pack.«
    »Hm.«
    »Wo denn auf der Harrow Road?«
    »Auf dem dunklen Stück gegenüber dem Friedhof. Ich habe dort angehalten, weil ich noch rasch in die Apotheke wollte.«
    »Wie schrecklich.«
    »Es geht mir gut. Mein Gesicht sieht schlimmer aus, als es sich anfühlt«, lüge ich.
    »Es ist immer noch ein bezauberndes Gesicht«, erwidert er und lächelt. »Und in einem Monat wird es sicher schon so gut verheilt sein, dass Sie an unserem Paintball-Teambuilding-Event teilnehmen können.«
    »Bitte was?«
    »Ein Paintball-Teambuilding-Event.«
    »Paintball? Teambuilding?«, wiederhole ich angewidert.
    Er nickt.
    »Sie erwarten doch nicht ernsthaft, dass Wendy und ich durchs Gelände rennen und uns von einer Horde Wahnsinniger mit Farbe beschießen lassen?«
    »Ihnen wird nichts geschehen«, erwidert er und schickt sich an, zu seinem Schreibtisch zurückzukehren. Aber dann zögert er und dreht sich wieder um. Mit einem seltsam schüchternen kleinen Lächeln und fast lautlos sagt er: »Ich werde Sie beschützen.« Als wäre es ein Geheimnis.
    John Dingsbums flirtet mit mir. Bah! Mir wird schlecht.
    »Da kommt Ihre Familie«, sagt er mit einem Nicken in Richtung Tür.
    Ich habe nicht auf die Tür geachtet! Er hat mich mit seinem Bezauberndes-Gesicht-Geschwafel völlig rausgebracht. Zum Glück sind das meine Leute, die gerade hereinkommen, sonst wäre mir vielleicht ein neuer Kunde durch die Lappen gegangen.
    Gott, der Typ nervt.

19
    Der zweitbeste Tag meines Lebens war der, an dem ich meinen ersten Verkaufsabschluss bei MAKE A MOVE gemacht habe. Um die Mittagszeit war ich schon beschwipst vom Sekt. Ich war hibbelig und aufgekratzt und habe ohne Unterlass geplappert. Aber nicht nur ich war glücklich, alle Beteiligten waren begeistert. Schleimi natürlich, weil sich die Immobilienpreise zu jener Zeit in schwindelerregenden Höhen bewegten und er ein ordentliches Sümmchen einstrich für meine Bemühungen. Aber es waren die Gesichter der Menschen, die ihre Wohnungen verkauften, und die der Menschen, die diese erwarben, die für mich die größte Belohnung waren.
    Bei meinem ersten Verkaufserfolg handelte es sich um eine Wohnung mit drei Schlafzimmern und Garten in der Nähe der Ladbroke Grove. Die Eigentümer waren zwei Akademiker Anfang sechzig, deren Kinder in der Wohnung aufgewachsen waren und die aber nun

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