Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
Jahren werde ich …
In drei Jahren werde ich …
In vier Jahren werde ich …
In fünf Jahren werde ich …
»Was werde ich?«, flüstere ich. »Was werde ich erreicht haben?« Und zum ersten Mal seit langer Zeit weiß ich es nicht.
Es klopft an der Badtür.
»Grace, Babe, ich muss mal.« Es ist Danny, und er klingt verzweifelt.
»Ich komme«, rufe ich, aber ich rühre mich nicht vom Fleck, ich starre weiter auf die leeren Zeilen, die ich ausfüllen muss.
»Grace.« Danny hämmert wieder an die Tür. »Wir können es nicht dem Zufall überlassen, ob ich es schaffe, es noch länger zu halten.«
Er hört sich an, als würde er leiden. Ich muss ihn hereinlassen. Ich stecke den Deckel wieder auf den Filzstift und werfe einen letzten Blick auf meinen leeren Fünfjahresplan, bevor ich die Tür aufschließe.
18
Es gibt zwei Dinge in meinem Leben, auf die ich stolz bin. Das Erste ist, dass ich nie Schulden gemacht habe. Obwohl, wenn ich das klarstellen darf, es sein kann, dass ich eine Zeche schuldig geblieben bin, weil ich schlichtweg vergessen habe zu bezahlen wie neulich am Wochenende, oder dass ich mir von Wendy einen Zehner leihe und erst ein paar Tage später zurückzahle. Aber ich hatte nie Schulden bei der Bank und musste nie Überziehungszinsen oder Kreditgebühren bezahlen. Das ist eine Eigenschaft, die ich sicher nicht von meiner Mutter habe.
Das Zweite, auf das ich stolz bin, ist etwas, das mir sehr am Herzen liegt, weil ich viele Kurzstrecken mit dem Auto mache. Ich habe noch nie im Halteverbot geparkt. Wirklich nie. Ich halte nicht einmal kurz in der zweiten Reihe, um schnell in einen Laden zu flitzen und Milch zu kaufen. Das hängt mit meiner Überzeugung zusammen, dass auf den Straßen das reinste Chaos herrschen würde, wenn jeder von uns anfinge, die Verkehrsregeln locker zu nehmen.
Aber mit dieser Überzeugung hat man es nicht leicht in London. So wie heute zum Beispiel. Irgendein Idiot hat seinen Porsche Boxster mit eingeschalteter Warnblinkanlage auf der rechten Spur direkt vor unserem Büro abgestellt. Das hatte zur Folge, dass ich eine Lücke im Verkehr abpassen musste, um das Hindernis zu überholen und zu meinem Firmenparkplatz um die Ecke zu kommen. Dieser bescheuerte Porschefahrer hat dafür gesorgt, dass ich zu spät zur Arbeit kam. Na ja, nicht zu spät, aber nicht so früh, wie ich gern da gewesen wäre. Ich bin nämlich gern die Erste im Büro, besonders montagmorgens. Das gibt mir die Möglichkeit, mir in aller Ruhe einen Tee zu kochen und mich gedanklich auf die Woche einzustimmen. Es hat außerdem den Vorteil, für potenzielle Kunden, die auf dem Weg zur Arbeit eins unserer Werbeplakate sehen und vor neun anrufen, erreichbar zu sein. Und wir alle kennen ja das Motto: Wer als Erster mit dem Kunden spricht, behält ihn.
Ich hole meinen Büroschlüssel heraus und stecke ihn in das Schloss, nur um festzustellen, dass die Tür bereits offen ist. Das ist bisher noch nie vorgekommen. Ich betrete das Büro. Er ist es. John Posh Boy Dingsbums, und er ist bereits am Telefon. Er sieht heute sogar noch besser aus als am Samstag. Tatsächlich sieht er aus wie von der Sonne geküsst. Wahrscheinlich besitzt er eine Jacht. Hol die Leinen ein, Jeremy, hurra! Ein Badmintonschläger lehnt seitlich an seinem Schreibtisch. Badminton. Was für ein Blödmann.
»Fünf Zimmer, meinten Sie eben«, sagt er nun.
Er hat gerade erst angefangen und schon ein Fünf-Zimmer-Objekt an Land gezogen. Fünf Zimmer heißt richtig viel Kohle. Am liebsten würde ich den Hörer an mich reißen, aber das tue ich nicht. Stattdessen gehe ich an meinen Schreibtisch, wähle die Nummer von TRANSPORT FOR LONDON und verlange die Abteilung für Parkverstöße.
»Hallo«, sage ich zu der Mitarbeiterin, die sich daraufhin meldet. »Auf der Chamberlayne Road Höhe Mostyn Gardens steht ein Porsche Boxster im absoluten Halteverbot. Ja, ich weiß. Ein Vollidiot. Der hat so ein Auto gar nicht verdient.«
Sie stimmt mir zu und bedankt sich für den Anruf. Dann gehe ich in die Küche, um den Wasserkocher anzustellen. Als ich zurückkehre, ist Posh Boy nicht mehr am Telefon. Er klatscht hektisch immer wieder mit der flachen Hand auf die Unterlagen auf seinem Schreibtisch, als würde er etwas suchen. Schließlich schüttelt er sein Jackett, hört es klimpern, murmelt leise »Dem Himmel sei Dank« (weil er so vornehm ist), zieht einen Schlüsselbund heraus, rennt aus dem Büro und steigt draußen in den Porsche. Als er ein paar
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