Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
Widerworte hören.« Sie lacht. »Als ob ich welche bekommen würde.«
Sie geht die Treppe hoch.
»Vor zehn Jahren hatten wir das schon einmal. Damals habe ich mit Engelszungen auf dich eingeredet, damit du mich reinlässt. Inzwischen ist aus dir eine erfolgreiche Maklerin geworden. Ich hatte die kleine Gracie von damals, die den Mund nicht aufbekam, ganz vergessen. Ich meine, wenn du redest, dann kommt meistens eine Menge Stuss heraus, aber trotzdem vermisse ich das. Wir werden dich schon wieder zum Reden bringen, das verspreche ich dir.«
Ich setze mich wieder auf die Couch und kuschle mich in die Decke. Die Papiertüte aus der Apotheke fällt auf den Boden.
»Was haben wir denn da?«, sagt Wendy, während sie sich die Tüte schnappt und einen Blick hineinwirft. »Oh.« Sie hört sofort auf herumzuzappeln, sieht mich an und seufzt lächelnd. »Ja, ich habe mich schon gewundert, dass du einfach so auf die Straße gekotzt hast. Denkst du, dass du schwanger bist? Grace, wir sollten es besser sofort hinter uns bringen und den Test machen. Die Ungewissheit ist nämlich schlimmer. Mach schon.« Sie streckt mir den Test entgegen. »Geh schon und pinkel auf das Stäbchen.«
Wer könnte so einem verführerischen Angebot widerstehen? Ich nicht. Ich habe es stundenlang vor mir hergeschoben, aber nun muss ich tatsächlich auf die Toilette. Ich gehe ins Bad, schließe die Tür und packe das Plastikstäbchen aus. Es ähnelt ein bisschen einem Kazoo. Allerdings sollte man die beiden nicht miteinander verwechseln, denke ich, während ich versuche, auf das Stäbchen zu pinkeln.
Danach lege ich es auf die Fensterbank neben den toten Kaktus und kehre zu Wendy ins Wohnzimmer zurück.
»Ich nehme an, dass wir uns die komplette erste Staffel reinziehen«, sagt sie mit Blick auf die DVD -Box. »Und falls wir Hunger kriegen, besorge ich uns drüben im Pub Würstchen mit Kartoffelbrei.«
Ich kann mir nichts vorstellen, was ich weniger gern täte, als Würstchen zu essen, außer vielleicht schwanger zu sein.
»Ich glaube nicht, dass du schwanger bist«, beginnt Wendy zu spekulieren. »Du hast die Pille danach geschluckt. Die wirkt normalerweise. Ich kenne mich damit aus. Du bist wahrscheinlich nur überfällig wegen Danny ›Ich-bin-zu-schwach-um-selbst-mit-meiner-Freundin-zu-reden-darum-schicke-ich-meine-Mami-vor‹-Saunders. Ich könnte ihn umbringen. Jesus, erst dieser Tiefschlag, und dann bleibt auch noch deine Regel aus. Aber denk daran, wie oft wir, seit wir uns kennen, schon einen Schwangerschaftstest gemacht haben. Und er war jedes Mal negativ. Man gibt zehn Pfund aus, und kurz darauf kriegt man seine Tage. Das ist wie eine Verschwörung.«
Sie hat Recht. Wir haben diesen Test beide schon gemacht. Ich weiß nicht, wie oft wir schon in einem Klo über ein Kazoo gebeugt gestanden und darauf gewartet haben, dass die zwei pinkfarbenen Striche erscheinen. Aber dieses Mal weiß ich, dass ich schwanger bin. Ich fühle es. Ich weiß, dass ich ein Baby in mir trage. Okay, noch ist es kein Baby, eher eine Bohne. Eine winzige Bohne. Eine Babybohne.
Ich gehe unglaublich langsam zurück ins Bad. Ich werfe nicht direkt einen Blick auf den Teststreifen, sondern putze das Waschbecken. Dann werfe ich Dannys Zahnbürste weg. Ich mache auch den Spiegel sauber und schnappe mir den Abfalleimer, um ihn draußen zu leeren. Kurz erstarre ich, den Treteimer in der Hand. Vielleicht bin ich ja doch nicht schwanger. Wendy könnte Recht haben. Wir hatten das schon öfter. Es könnte wieder so sein. Es könnte nur ein pinkfarbener Strich zu sehen sein wie beim letzten Mal. Ich stelle den Eimer ab, schließe die Augen und taste mich vor zu dem Fensterbrett, auf dem der Schwangerschaftstest liegt und wartet.
Als ich mit dem Fuß gegen die Badewanne stoße, weiß ich, dass das Kazoo nun in meinem Blickfeld ist. Ich bleibe stehen, atme tief durch und öffne dann die Augen. Zwei unverkennbar pinkfarbene Striche starren zu mir zurück.
Ich bin schwanger.
Scheiße.
35
Wendy war immer für mich da. Immer. Na ja, jedenfalls seit unserem elften Lebensjahr. Wir sind auf das Kensal Rise Community College gegangen. Aufgrund der Tatsache, dass mein Vater ein Turniertänzer war und ihrer ein Schauspieler, waren wir dazu bestimmt, beste Freundinnen zu werden. Als wir noch die Schule besuchten, hat Wendys Vater eine Reihe von Werbespots für Homebase gedreht. Darin trug er immer ein jakobinisches Kostüm mit einer kurzen Pluderhose über Strumpfhosen und einem
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