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Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)

Titel: Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy-Anne Holmes
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bekleckerten Mund an sein Hemd drückt. Es ist eine schöne Umarmung, nicht zu lasch oder zu kurz, sondern lang und kräftig. Ich schließe die Augen und bin dankbar dafür.
    »Sie hat einen richtigen Schock erlitten«, sagt er zu Wendy, die jetzt zu uns herauskommt.
    »Ja«, antwortet Wendy leise und streicht mir über das Haar. »Das war ein ziemlicher Aufreger für sie.«

33
    »Oh! Sie sind’s wieder, nicht? Ihr Gesicht sieht viel besser aus. Ich hab da was für Sie.«
    Es ist die junge Frau aus der Apotheke. Sie greift unter die Theke und zieht meine violette Handtasche hervor, die, die mir gestohlen wurde. Gott, es kommt mir vor, als wäre dieser Abend schon hundert Weihnachten her.
    »Das isse doch, nicht? Sie meinten doch, die ist lila.«
    Ich nehme ihr die Tasche ab und mache sie auf.
    »Tja, die haben nicht viel drin gelassen, nicht?«
    In der Tat. Alles, was sich noch darin befindet, sind ein verbeultes Döschen mit Vaseline, ein paar Papiertaschentücher und Zettel mit irgendwelchen Notizen. Wenigstens habe ich die Tasche wieder. An der hänge ich nämlich.
    »Mein Bruder war das nicht. Aber mehr erfahren Sie von mir nicht.«
    Ich halte die Handtasche an meine Nase. Zurzeit muss ich an allem schnuppern. Ich habe das Gefühl, als hätte ich eine neue Nase, die völlig anders funktioniert als die alte. So wird mir von bestimmten Gerüchen übel, beispielsweise von Leber. Andere Gerüche wiederum liebe ich – wie die von Diesel und von Bleichmittel. Die Tasche riecht nach gar nichts. Die junge Frau mustert mich sonderbar.
    »Ich hoffe, Ihr Süßer passt in Zukunft besser auf Sie auf. Er hat übrigens Ähnlichkeit mit diesem Typen aus … wie heißen die Filme noch gleich?« Sie blickt mich hoffnungsvoll an. »Oh, die kennen Sie bestimmt. Mit Vampiren oder so. Egal, der Schauspieler ist jedenfalls echt scharf. Twilight ! So heißen die Filme. Und Ihr Macker sieht ihm voll ähnlich. Das sagt bestimmt jeder, oder?«
    Ich schiebe den Schwangerschaftstest zu ihr über die Theke und krame in meiner anderen Handtasche nach meiner Geldbörse. Ihr Blick fällt darauf.
    »Schiiiet!«, sagt sie.
    In diesem Moment kommt der Apotheker aus seinem Hinterzimmer.
    »Ich hoffe, ich habe mich eben verhört, Tara«, bemerkt er heiter, aber als er mich sieht, bleibt er stehen.
    »Ach, guten Tag.«
    Er lächelt. Er sieht jede Woche Hunderte von Kunden, warum erinnert er sich ausgerechnet an mich? Das ist mir schon häufig passiert, und ich habe insgeheim den Verdacht, dass es daran liegt, dass ich so klein bin. Aber heute lege ich keinen Wert darauf, dass sich jemand an mich erinnert.
    Ich nicke dem Apotheker zu und wende mich wieder der jungen Frau an der Kasse zu.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragt der Apotheker.
    Ich nicke.
    »Sie hat heute schlechte Laune. Sie hat noch kein einziges Wort gesagt.«
    Ich halte den Kopf gesenkt, nehme zehn Pfund aus meiner Geldbörse, um den Schwangerschaftstest zu bezahlen, und strecke ihr den Schein entgegen. Warum muss ich so sonderbar sein? Warum? Ich kenne niemanden, der sich so verhält. Niemand außer mir verliert lächerlicherweise seine Sprache, wenn er unter Schock steht. Es ist verrückt, dass ich nicht einmal aus Höflichkeit antworten kann, aber es entzieht sich meiner Kontrolle. Meine Stimme ist einfach weg. Sie ist nicht mehr mit mir verbunden. Ich kann im Moment keine Worte artikulieren.
    »Haben Sie …«, beginnt der Apotheker, unterbricht sich aber, als sein Blick auf die Packung fällt, die ich kaufe.
    »Danke, dass Sie mir meine Handtasche zurückgegeben haben. Das wäre nicht nötig gewesen«, sagt die junge Frau sarkastisch, als sie mir das Wechselgeld herausgibt.
    Ich wende mich rasch um. Ich will ganz schnell nach Hause. Aber während ich loseile, spüre ich eine Hand auf meinem Arm, es ist der Apotheker.
    »Vielleicht möchten Sie nicht reden, und warum sollten Sie auch? Tara zum Beispiel könnte es nicht schaden, etwas über die hohe Kunst des Schweigens zu erlernen. Aber sie meint es nur gut. Was Sie betrifft … es könnte sich um eine Form von Mutismus handeln, der durch ein Trauma ausgelöst wurde.«
    Ich sehe ihn an. Das hat auch die Ärztin gesagt, als meine Stimme zuvor weg war. Ich weiß noch, dass sie von selektivem Mutismus sprach.
    Der Apotheker lächelt. »Meine Tochter hatte das auch, als sie noch klein war. Sie müssen nicht mit mir sprechen, aber falls Sie Hilfe benötigen, was das Testergebnis betrifft – oder falls Sie etwas gegen die innere Unruhe

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