Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
Anton lächelt. »Viel Spaß damit.«
Ich schaue ihm nach, während er zum Pub zurückgeht. Anton ist wirklich ein besonderer Mensch. Es hat fast den Anschein, als hätte er gespürt, dass ich oben in meinem Bad sitze und ein Lied suche.
38
Dad hat früher gern Queen-Songs im Sainsbury’s gesungen, vor allem Don’t stop me now . Wäre mein Leben nicht gerade im freien Fall ohne Reißleine, würde ich jetzt lächeln bei der Erinnerung, wie er damals Freddie Mercury imitierte unter genau diesem Dach.
»Oh, Sie sind’s wieder?«
»Hi. Ich wollte mich wegen neulich entschuldigen.«
»Geschenkt.«
»Ich habe Ihnen das hier mitgebracht, um mich dafür zu bedanken, dass Sie mir meine Handtasche wiederbesorgt haben«, sage ich und gebe ihr die prall gefüllte Tüte, die ich in der Hand halte.
»Schiiiet!«, sagt sie und öffnet lächelnd die Tüte. »Danke auch.«
Die Tüte enthält zehn Riesenpackungen Haribo.
»Lassen Sie es sich schmecken.«
»Was war denn mit Ihnen los?«
»Oh.« Ich seufze, dann zucke ich mit den Achseln. »Ach, das Übliche. Mein Freund hat mit mir Schluss gemacht. Sie wissen schon, der Kerl, der aussieht wie der Typ aus den Twilight -Filmen.«
»Schiiiet.«
»Eigentlich hat er gar nicht mit mir Schluss gemacht. Das hat seine Mutter für ihn getan.«
»Schiiiet.«
»Und jetzt ist er nach Kanada ausgewandert.«
»Schiiiet.«
»Ja.« Ich nicke. »Und ich bin schwanger.«
»Schiiiet.«
»Ja, das ist in der Tat ein Schiiiet.«
»Lassen Sie es wegmachen«, rät sie mir.
Ich glaube, die EU hätte gegen Taras Berufsethos etwas einzuwenden.
»Ja, ich denke auch, dass ich es nicht bekommen sollte.«
»Hey, meine Freundin Daz zum Beispiel, die hat ihr Kind im Februar gekriegt. Oh Mann, es schreit den ganzen Tag. Volle Lautstärke. Echt krank.«
»Ich dachte, ich rede mal mit ihm.« Ich nicke in Richtung Hinterzimmer. »Ist er da?«
»Ja.«
Ich klopfe an die Hinterzimmertür, die rasch geöffnet wird.
»Hallo«, sage ich zu dem Apotheker und nehme eine Ferrero-Rocher-Box aus meiner Tasche, um sie ihm zu geben. »Hier ist ein kleines Dankeschön, weil Sie neulich so nett zu mir waren, als ich nicht reden konnte. Ich wollte bestimmt nicht unhöflich sein. Wie Sie schon vermuteten, verstumme ich manchmal eine Weile, wenn die Dinge nicht gut stehen. Ich bin eben nicht so normal wie andere. Sorry.«
»Das ist aber freundlich«, erwidert er und nimmt die Pralinen an sich. »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Was hat Sie denn Ihre Sprache wiederfinden lassen?«
»Oh, ich habe einen Song gehört, bei dem ich schreien musste. Danach konnte ich wieder reden.«
»Muss ja ein mitreißendes Lied gewesen sein.«
Ich lache beinahe. »Kann man so sagen. Außerdem bin ich schwanger. Ich möchte einen … Sie wissen schon … ein Dingsda. Können Sie mir helfen?«
»Sie müssen vorher zum Arzt gehen.«
»Ja? Ich dachte, ich brauche nur eine Pille zu schlucken, und es kommt zu einem … Sie wissen schon.«
»Zu einem Dingsda?«
»Ja. Tut mir leid, aber ich mag das andere Wort nicht.«
»Es gibt tatsächlich eine solche Pille, aber Sie müssen vorher zu Ihrem Gynäkologen. Er wird Sie dann in eine Klinik überweisen, wo Sie einen Termin bekommen für die Medikamenteneinnahme.«
Ich starre ihn an. Das geht mir gegen den Strich.
»Können Sie mir die Pille nicht einfach so geben?«
Er schüttelt den Kopf. »Wer ist Ihr Gynäkologe?«
»Dr. McGovern.«
»Eine reizende Frau.«
»Ich weiß.«
Ich seufze. Dr. McGovern ist fast zu reizend. Sie kennt mich, seit ich ein Baby war, und ich will nicht, dass sie erfährt, in was für einer Lage ich bin.
»Möchten Sie mein Telefon benutzen, um gleich einen Termin zu vereinbaren?«
So viele Termine. So viele Ausfälle an Arbeitsstunden. So viele Gespräche darüber.
»Nein, nein, das mache ich später. Trotzdem, vielen Dank.«
»Hier, bitte«, sagt er und drückt mir ein paar Broschüren in die Hand. Die oberste trägt den Titel »Abbruch einer Schwangerschaft«. Ich starre traurig darauf. Es gibt nicht viel, was man einer Broschüre über Schwangerschaftsabbruch abgewinnen kann.
Ich verlasse das Hinterzimmer, und Tara zischt laut, um auf sich aufmerksam zu machen.
»Sie haben einen Verfolger«, raunt sie mir zu.
»Schon möglich«, antworte ich mit einem lässigen Achselzucken. »Das würde mich nicht wundern bei meinem Glück.«
»Er ist da drüben hinter dem Ständer mit den Geschirrtüchern, er beobachtet Sie. Er ist mir schon
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