Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
zärtlich. Und – o heilige Scheiße – jetzt beugt er sich zu mir herunter mit leicht geöffneten Lippen. Sie landen auf meinen. Mein Chef küsst mich, aber das ist nicht das Schlimmste, das Schlimmste ist, dass ich seinen Kuss erwidere. So verhält sich ganz sicher kein Makler des Jahres. Seine Lippen sind warm und weich und sanft. Nach dem schweren Paintball-Gefecht bei Temperaturen unter null Grad fühlt sich sein Kuss warm an und tröstlich wie eine Tasse heißer Tee. Früchtetee. Er unterbricht den Kuss und sieht mir wieder in die Augen, während ihm ein leises Stöhnen entweicht.
»Grace«, murmelt er. »Grace, ich muss immer an dich denken.«
Dann sind seine Hände in meinen Haaren und seine Lippen wieder auf meinen, und es wird stürmisch. Es ist, als wären wir in einem echten Krieg, und dies hier wäre vielleicht unsere einzige Gelegenheit für einen Kuss, bevor wir von einer Bombe ausgelöscht werden. Obwohl das auch mit dem Geschrei und den Schüssen draußen zusammenhängen könnte. Ich fühle mich wie ein Bond Girl. Das kleinste Bond Girl der Welt mit einer sehr vollen Blase. John könnte ohne Weiteres James Bond verkörpern, wenn er Schauspieler und nicht Makler wäre. Er ist groß, attraktiv und sieht im Anzug umwerfend aus.
»Grace«, keucht er in mein Ohr.
Das ist ein hundertprozentiger Filmkuss. Ich habe bisher nie einen anderen Mann geküsst als Danny, und ich bekomme langsam den Eindruck, dass Danny nicht besonders gut küsst. Mein Inneres steht unter Strom, doch dann fällt mir plötzlich ein, dass der Mann, den ich gerade küsse, John ist, Fluch meines Lebens, Blödmann des Jahres, und dieser Geistesblitz veranlasst mich, den Kuss zu unterbrechen und das Knie in Johns Genitalien zu rammen. Eigentlich ramme ich ihm beide Knie in die Genitalien aufgrund des Umstands, dass meine Leggings immer noch zwischen meinen Knöcheln hängen und ich die Knie nur gleichzeitig bewegen kann.
»Ahhh!«, brüllt er.
Er wirkt nicht mehr so vornehm, weil er sich am Boden wälzt und sich den Schritt hält. Draußen ist lautes Jubelgeschrei zu hören.
»Ich glaube, wir haben die Fahne erobert.« Ich kichere. »Wir sollten besser zu den anderen gehen«, sage ich, während ich flink meine Hose hochziehe und wieder aufstehe.
»Was zum Teufel sollte das?«, schnauzt er. Seine Augen tränen.
»Wir arbeiten in einem Team, das ist nicht gut …«
»Nein. Wir sind ein Team, Grace, du und ich. Beziehungsweise wir könnten ein wirklich gutes Team sein, wenn du etwas mehr Rücksicht auf meine Männlichkeit nehmen würdest. Gut«, sagt er und steht auf. »Wir verhalten uns folgendermaßen: Ich werde behaupten, dass mein Schnürsenkel offen war und ich kurz in die Hütte rein bin, um ihn außerhalb der Schusslinie zu binden. Und wenn du in Zukunft nett zu mir bist, werde ich darauf verzichten, den anderen zu erzählen, dass ich dich hier mit heruntergelassener Hose vorgefunden habe.«
Und damit verlässt er die Hütte.
46
Ich habe einen ausgeklügelten Plan, was Posh Boy betrifft. Dazu gehört, dass ich ihn für immer ignoriere. Das Herumknutschen hat mir den Appetit auf den Lunch nach dem Paintball verdorben. Ich hätte nicht gedacht, dass irgendetwas mir den Appetit auf Cheddar mit Mixed Pickles, Brot und Butter nehmen kann. Die Paarung von eingelegtem Gemüse und Cheddar-Käse hat mich in meinem ganzen Leben noch nie enttäuscht, bis heute, als ich nichts davon herunterbrachte. Dafür hab ich den Becher selbst gemachtes Eis zum Nachtisch geschafft, sodass ich glücklicherweise nicht Hunger leiden musste. Ich habe beim Essen für einen großen Abstand zwischen John und mir gesorgt. Jetzt, auf der Rückfahrt im Bus, sitze ich neben Wendy. Ich habe Wendy noch nichts von der Knutscherei erzählt, weil ich weiß, dass sie dann vor Begeisterung einen lauten Schrei ausstoßen wird.
»Wendy, ich muss dir was erzählen, aber du musst dir währenddessen den Mund zuhalten. Versprich mir, dass du keinen Mucks von dir gibst.«
»Warum?«
»Tu es einfach.«
Sie legt die Hand über den Mund.
»Und jetzt versprich mir, dass du weder loskreischst noch laut jubelst.«
Sie nickt.
»Das ist mein Ernst!«
Sie nickt wieder.
»Posh Boy kam während des Gefechts in meine Hütte, und wir haben uns geküsst.«
Sie keucht laut.
» KLAPPE !«
Wir sitzen eine Weile da, bis Wendy die Information verarbeitet hat.
»Das ist supercool«, raunt sie mir schließlich zu. »War es schön?«
»Nein!«, sage ich laut. »Ich habe ihm
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