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Liebe macht blind - manche bleiben es

Liebe macht blind - manche bleiben es

Titel: Liebe macht blind - manche bleiben es Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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nach, „ob es etwas gegeben habe“, aber da sind keine disziplinären Schwierigkeiten, da ist kein Lehrer, mit dem das Kind auf speziellem Kriegsfuß stünde, auch bei den Mitschülern ist es nicht so unbeliebt, dass man da einen Grund für die Schulablehnung sehen könnte.
    Was aber noch schlimmer ist: Der junge Mensch kann nicht sagen, was er denn lieber möchte als Schule! Er hat kein Berufsziel, für das eine andere Art von Ausbildung nötig wäre. Grundtenor des Jugendlichen in dieser Situation: Ich weiß nicht, was ich will, ich weiß nur, was ich nicht will!
    Das Argument, dann sei es besser, in der Schule zu bleiben, bis er wisse, was er wolle, zieht nicht. Kein Argument zieht.
    Je mehr der verwirrte, streikende Schüler mit Argumenten bombardiert wird, umso panischer und verzweifelter reagiert er.
    Rezepte zur Behandlung von Schulverweigerern gibt es nicht. Aber Ruhe bewahren und Gelassenheit zeigen, könnte ein Ratschlag sein. Und nicht so tun, als sei die elterliche Enttäuschung nun perfekt, als gehe das Leben nicht weiter, als habe man einen Versager und Tunichtgut großgezogen.
    Ein ratloser junger Mensch braucht Hilfe, und wenn wir ihm die nicht geben können, weil wir nicht verstehen, wo sein wirkliches Problem liegt, dann können wir wenigstens versuchen, ihn nicht in bockende, trotzende Isolation zu treiben.
    Wir müssen schauen, dass ihm „Hintertürln“ offen bleiben, dass der Schritt von der Schule weg, so er als falsch eingesehen wird, wieder revidiert werden kann.
    Manchmal, ich weiß es aus Erfahrung, genügt schon ein zweiwöchiger gemogelter Krankenstand, um eine Siebzehnjährige hinterher wieder grämig, aber doch, zum Schulgang zu bewegen.
    Sagen Sie nicht, das sei bloß ein „Aufschub“ und ändere die Lage nicht. Viermal aufgeschoben ist schon halb maturiert! Man wird sehr bescheiden als Mutter in diesen Zeiten!

Ablösungsprozess von der Mutter
    Eine alte Volksweisheit, die hauptsächlich in Mütterkreisen tradiert wird, heißt: „Für eine Mutter werden die Kinder nie erwachsen!“ Dem innigen Schmelz und dem gerührten Timbre nach, die in Frauenstimmen schwingen, wenn sie diese Weisheit verkünden, scheint der mütterliche Irrtum, welcher der Sachlage zugrunde liegt, ein sehr positiver zu sein.
    Aber auch wenn man dazu neigt, so eine hartnäckige Mutter-Kind-Beziehung negativer zu sehen, muss man zugeben, dass der Mütter, für die die Kinder nie erwachsen werden, viele sind.
    Ich kenne einen alten Herrn, der kann bei Regenwetter nicht ohne Schal aus dem Haus gehen.
    „Hansi, achte auf deinen Hals!“, ruft sein uraltes Mütterlein und jappelt schalwedelnd hinter ihm her. Und der Hansi nimmt hilflos ergrimmt den Schal, wickelt ihn um den Hals und ist stolz, dass er dem uralten Mütterlein vor zehn Jahren abgewöhnt hat, ölgetränkte Wattepfropfen in seine anfälligen Ohren zu stopfen.
    Auch über das Quantum Nahrung, das erwachsene Kinder zu sich nehmen sollen, meinen viele Mütter entscheiden zu müssen.
    Kaum hat sich die übergewichtige Tochter drei Kilo Speck weggehungert, fordert das Mütterlein entschieden: „Jetzt ist Schluss! Direkt hager schaust du schon aus!“ Und dann kocht das Mütterlein ein Einmachsupperl, weil die Tochter schon vor vierzig Jahren dicke Supperln gern gemocht hat, und bietet es mit der Ein-Löfferl-für-den-Papa-Methode an.
    Meine Mutter beobachtete mich gestern Abend bei schreibender Tätigkeit. Vom Nebenzimmer traf mich ihr rügender Blick alle paar Minuten. Sagen Sie nicht, ich könnte das gar nicht gemerkt haben! Ich bin eine gut erzogene Tochter, ich fühle meiner Mutter Blicke, auch wenn sie meine Kehrseite anpeilen.
    Als es Mitternacht war, kam meine Mutter zu mir ins Zimmer, legte eine Mutterhand auf meine Schulter und sprach: „Jetzt machst aber Schluss, Mauserl! Es ist Zeit zum Heidi-Gehen!“
    Da schüttelte ich die Mutterhand ab, schrieb emsig weiter, legte dann, als ich nicht mehr arbeiten konnte, eine Schallplatte auf und wankte schließlich gegen vier Uhr früh ins Bett.
    Jedes kleine Mäderl muss halt einmal anfangen, den Ablösungsprozess von der Mutter in die Wege zu leiten.

Wahnwitz um Burlis Schulaufgaben
    Folgende Geschichte entspringt nicht meiner verqueren Fantasie, sondern hat sich tatsächlich zugetragen:
    Burli kommt von der Schule heim. Die Mama nimmt ihm die Schultasche ab, schält ihn aus den Überkleidern und fragt: „Burli, was hast du auf?“
    Burli hebt ein Bein, damit die Mama den Schuh abziehen kann, und

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