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Liebe macht blind - manche bleiben es

Liebe macht blind - manche bleiben es

Titel: Liebe macht blind - manche bleiben es Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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ahnt er nicht.
    Darum kann ich nur jedermann raten: Spielt Karten! Kartenspielen kann das Zusammenleben ungemein erleichtern!

Schuld war nur das steife Genick
    Der Mensch, so er nicht ein echter Egozentriker ist, hat ein lebhaftes Interesse daran, seine Mitmenschen besser, näher und tiefer kennenzulernen, was ja kein Wunder ist, denn mit Menschen, die man besser kennt, kann man auch besser umgehen; und das macht einem das Leben leichter.
    Doch ganz spezielles Vergnügen bereitet es vielen Menschen, von einem Mitmenschen etwas zu wissen, was dieser Mitmensch selbst von sich nicht weiß! Artikel in intelligenten Produkten der Zeitungsbranche können ihm dabei weiterhelfen. Meinem Freund Emil, zumindest, taten sie es.
    Saß dieser Emil doch unlängst bei mir, mit mir in eine heftige Diskussion verwickelt, und beteuerte unentwegt, dass er meinen Standpunkt überhaupt nicht verstehen könne und sich wahnsinnig darüber gräme, dass dem so sei! Doch plötzlich hellte sich seine düstere Miene auf, und lächelnd sprach er: „Ist ja kein Wunder, dass wir uns nicht einigen können! Du denkst analytisch, und ich denke gesamtheitlich!“ „Was offenbart dir dieses?“, fragte ich verstört. „Deine Blickrichtung!“, trumpfte Emil auf. „Immer, wenn du nachdenkst, neigst du den Kopf nach rechts und schaust auch nach rechts!“
    „Jawohl“, sagte ich mit rechtsgeneigtem Kopf, „das kommt davon, weil …“
    „Weil der Mensch den Kopf nach rechts richtet“, unterbrach mich Emil, „wenn seine linke Hirnhälfte beschäftigt ist. Und die linke Hirnhälfte ist für das analytische Denken zuständig. Das ist wissenschaftlich erforscht, da beißt keine Maus einen Faden ab!“
    Ich schaute, nach rechts geneigten Hauptes, Freund Emil an. Er war so stolz auf sein neues Wissen und so begeistert, dass er hinter die intimsten Schliche meiner Denkapparatur gekommen war. So sagte ich einfach und voll Anerkennung in der Stimme: „Toll, Emil! Man lernt nie aus!“
    Meine gute Seele, sowohl in der rechten als auch in der linken Hälfte auf Güte und Einfühlungsvermögen trainiert, hieß mich, Freund Emil nicht darüber aufzuklären, dass mein rechtsgeneigter Kopf und der damit verbundene Rechtsblick sehr wenig mit analytischem Denken, aber sehr viel mit einem steifen Genick zu tun hat.
    Aber weiß der Himmel! Wenn das steife Genick noch ein paar Tage länger anhält, dann werde ich vielleicht noch eine analytische Denkerin!

Großes Glück und Privathölle
    Es gibt Menschen, die einander lieben, aber nicht zusammenpassen, und es gibt Menschen, die zusammenpassen, einander aber nicht lieben.
    Erstere haben eine kleine Privathölle auf Erden, zweitere haben es besser, ihnen entgeht nur das große, gemeinsame Glück.
    Manchmal allerdings – und dann wird die Sache irrwitzig – sind zwei Ehepaare, wo die Partner einander lieben, aber nicht zusammenpassen, in tiefer Freundschaft verbunden, und dann stellt sich heraus, dass der Mann von Paar 1 sehr gut mit der Frau von Paar 2 zusammenpassen würde und die Frau von Paar 1 desgleichen mit dem Mann von Paar 2.
    Wäre das Leben ein Illustriertenroman, fände nun der berühmte Partnertausch statt. Weil sich das Leben aber weigert, ein solcher zu sein, ergibt sich nichts Diesbezügliches aus den Querverbindungen.
    Was sich ergibt, ist ein großes und langes und gegenseitiges „Herzausschütten“ und ein vehementes Trösten, ein Leidensgesang im Chor und ein seelisches Wiederaufrichten, um die nächste Krise mit dem angetrauten Partner zu überstehen.
    Und über die Jahre hin entsteht dann noch eine gewisse Verbitterung zwischen Mann 1 und Mann 2 und zwischen Frau 1 und Frau 2, weil Mann 1 immer zu hören bekommt, dass Mann 2 der gleichen Ansicht sei wie seine Ehefrau und auch gemeint habe, dass sich Mann 1 völlig vertrottelt aufführe. Und dann kontert Mann 1 damit, dass Frau 2 ihm recht gegeben habe und wirklich nicht verstehe, warum ihn Frau 1 so sehr quäle.
    Und dann brüllen an zwei verschiedenen Orten, aber in gleicher Lautstärke, zwei Menschen: „Wenn er (sie) dich so gut versteht, dann lass dich doch scheiden und heirate ihn (sie)!“
    Aber der verbitterte Vorschlag kann nicht angenommen werden. Dies nicht nur, weil das Leben kein Illustriertenroman ist, sondern auch, weil es mit dem schönen Verstehen zwischen Mann 1 und Frau 2 und zwischen Mann 2 und Frau 1 bald aus wäre, hätten sie nicht mehr ihre verquerten Partnerschaften zu besprechen.
    Sich im gemeinsamen Hader zu finden

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