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Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Titel: Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Wahrscheinlichkeitsrechnung vorhersagen konnte, wie oft im Lauf eines Glücksspielabends ungefähr eine Sechs gewürfelt würde, dann könnte sie vielleicht auch ungefähr voraussagen, wie es dem Heimatland in den nächsten hundert Jahren ergeht. Man würde die Wahrscheinlichkeitsrechnung lediglich auf menschliche Angelegenheiten ausweiten müssen. Ganz in diesem Sinn erklärte der Mathematiker Pierre-Simon Laplace (1749–1827) in seinem 1814 erschienenen Théorie Analytique des Probabilités : »Der Kollaps von Reichen, die universale Herrschaft anstrebten, könnte von einem in der Wahrscheinlichkeitsrechnung Geübten mit sehr großer Genauigkeit vorhergesagt werden.« Allerdings sollte dazugesagt werden, dass er vom Zerfall des napoleonischen Reichs
sprach, der bereits eingetreten war. Für diese »Vorhersage« bekommt die Wahrscheinlichkeitsrechnung noch keine Punkte gutgeschrieben.
    Andere Menschen erhofften sich von der Wahrscheinlichkeits – rechnung Erkenntnisse darüber, wie sie Lebensentscheidungen treffen sollten. Könnte man Zuständen einen numerischen Wert beimessen und einen anderen numerischen Wert für die Wahrscheinlichkeit ansetzen, mit der man diesen Zustand erreicht, dann könnte man diese Zahlen miteinander multiplizieren und man bekäme einen Wert für den erwarteten »Gewinn« aus einer Handlung. Diesen Wert könnte man mit dem Wert aller alternativen Handlungsmöglichkeiten in einer Situation vergleichen. Und die Handlungsoption mit dem höchsten Erwartungswert würde man dann wählen.
    Der deutsche Philosoph, Mathematiker und Logiker Gottfried Wilhelm Leibniz formulierte es anders. Leibniz ist uns heute meist als Erfinder von Differenzial- und Integralrechnung ein Begriff, doch er dachte auch lange über wichtige philosophische Fragen nach. Insbesondere strebte er einen Punkt an, an dem alle Entscheidungen aufgrund rein logischer Prinzipien gefällt würden. Dann könnte man sich all die zeitraubenden Diskussionen über das richtige Vorgehen endlich sparen.
    Im Verlauf seiner Überlegungen kam er zu dem enorm hilfreichen Schluss, dass man am besten handelt, wenn man die Größe des Rechtecks maximiert. Das ergibt mehr Sinn, wenn ich verrate, dass die Breite des Rechtecks darstellt, wie »gut« die Folge einer Handlungsoption ist. Die Höhe des Rechtecks spiegelt die Wahrscheinlichkeit wider, dass man mit dieser Handlung dieses angestrebte Ziel auch erreicht. Dann ergibt sich die Größe des Rechtecks aus »Wie gut ist die Folge einer Handlung« mal »Wie wahrscheinlich tritt diese Folge aufgrund meiner Handlung ein«. Das Ziel besteht darin, das Rechteck möglichst groß zu machen.

    Er hatte so gute Absichten. Das haben Philosophen oft. Aber was passiert, wenn man diese Theorie in die Praxis umsetzt? Angenommen, Sie sind bei einem Freund und entscheiden sich, dort zu übernachten. Wie Sie diese Entscheidung getroffen haben, soll uns jetzt nicht interessieren, aber sie hat weitreichende Konsequenzen. Da Sie sich kurzfristig entschlossen haben, haben Sie keine Zahnbürste dabei. Sie stehen im Bad und vor Ihnen hängt in einem schicken Ständer die Zahnbürste Ihres Freundes.
    Lassen Sie mich noch folgende wichtige Informationen hinzufügen. Erstens: Sie wissen, dass Ihr Freund der Typ Mensch ist, der sich nicht besonders mit dem Bild anfreunden kann, wie die Borsten seiner Zahnbürste das Zahnfleisch eines anderen massieren. Zweitens: Die Tiefkühllasagne, die Sie zu Abend gegessen haben, hat einen sehr unangenehmen Nachgeschmack im Rachen hinterlassen. Was tun?
    Nun, nach Leibniz sollten Sie versuchen, ein möglichst großes Rechteck zu bilden. Also müssen Sie als Erstes abschätzen, wie gut die Folgen Ihrer Handlungsalternativen wären. Um die Sache zu vereinfachen, nehmen wir an, es gäbe nur zwei Optionen: Zahnbürste verwenden oder nicht verwenden. Sie könnten die Zahngeschichte auch einfach vergessen, vor die Tür gehen und einer alten Dame über die Straße helfen. Aber konzentrieren wir uns auf die gerade anstehende Frage.
    Wenn Sie die Zahnbürste ungefragt ausleihen, streben Sie damit vermutlich saubere Zähne an (ein anderer Grund fürs Zähneputzen fällt mir nicht ein). Und wenn Sie die Zahnbürste nicht
verwenden, tun Sie das vermutlich aus Rücksicht auf das Wohl Ihres Freundes. Nachdem man festgestellt hat, was die jeweilige Folge einer Handlung wäre, muss man bewerten, wie »gut« diese wäre. Und an diesem Punkt wird es haarig. Wie soll ich saubere Zähne oder

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